Girokonto für Bezirksverband der Partei "Die Heimat"
VG Gießen v. 3.11.2025 - 8 K 2257/23.GI
Der Sachverhalt:
Im September 2023 lehnte die Sparkasse Wetzlar den Antrag des Bezirksverbands der Partei "Die Heimat" auf Eröffnung eines Girokontos ab. Zur Begründung führte die Sparkasse Wetzlar aus, dass sie nach dem Sparkassenrecht nur zur Eröffnung von Konten für natürliche Personen unter Beachtung des Regionalitätsgrundsatzes verpflichtet sei. Ferner bestritt sie die Existenz und Rechtsfähigkeit des klägerischen Bezirksverbands. Zudem begründete sie die Antragsablehnung mit wichtigen Gründen des Einzelfalls, da sich aus einem Verfassungsschutzbericht ergebe, dass die Partei "Die Heimat" (dort unter dem Namen NPD) als verfassungsfeindlich einzustufen sei.
Hiergegen suchte der Bezirksverband um gerichtlichen Rechtsschutz nach. Er trug vor, dass die Einstufung der Partei als verfassungsfeindlich irrelevant sei, da es sich dabei nicht um ein zulässiges Differenzierungskriterium bezüglich eines Anspruchs auf Kontoeröffnung handele. Zudem habe die Sparkasse Wetzlar auch für Kreisverbände, Stadtverbände und Ortsvereine anderer Parteien Girokonten eröffnet und verhalte sich widersprüchlich, da auch die Fraktion der Partei "Die Heimat" der Stadtverordnetenversammlung der Stadt Leun ein Girokonto bei der Sparkasse Wetzlar habe.
Das VG hat dem Klagebegehren stattgegeben und hat die Sparkasse Wetzlar verpflichtet, für den Bezirksverband ein Girokonto auf Guthabenbasis zu eröffnen und zu führen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Kammer hat die Berufung zugelassen.
Die Gründe:
Der Anspruch des klägerischen Bezirksverbands gegen die Sparkasse Wetzlar auf Eröffnung eines Girokontos ist als öffentlich-rechtlich und nicht als privatrechtlich zu qualifizieren, weil die beklagte Sparkasse als Anstalt des öffentlichen Rechts im Bereich staatlicher Daseinsvorsorge tätig wird und deshalb als Teil der vollziehenden Gewalt einer unmittelbaren Grundrechtsbindung - und damit auch dem Gleichbehandlungsgrundsatz - unterliegt. Da die Sparkasse Wetzlar bereits für Gruppierungen anderer politischer Parteien Girokonten eröffnet und so eine entsprechende Verwaltungspraxis etabliert hat, ist sie als Anstalt des öffentlichen Rechts und unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes verpflichtet, auch dem klägerischen Bezirksverband ein Girokonto einzurichten und zu führen. Die Eröffnung und Führung eines Girokontos ist nicht nur für natürliche Personen Teil des öffentlichen Auftrags der Sparkassen.
Die Sparkasse Wetzlar kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Partei "Die Heimat" die Nachfolgeorganisation der NPD ist und verfassungsfeindliche Ziele verfolgt. Das BVerfG hat die NPD nicht verboten, obwohl diese Partei mit ihren Zielen die Grundprinzipien missachte, die für den freiheitlichen demokratischen Verfassungsstaat unverzichtbar seien. Für solche als verfassungsfeindlich bezeichnete Parteien kommt als Sanktionsmöglichkeit der Ausschluss von der staatlichen Finanzierung in Betracht. Ansonsten bleibt es aber nach der Rechtsprechung des BVerfG bei dem Grundsatz, dass ein darüber hinausgehendes Einschreiten der Exekutive, welches den Bestand einer politischen Partei betrifft, nach derzeitiger Rechtslage ausgeschlossen ist. Dies gilt auch, wenn diese Partei der freiheitlichen demokratischen Grundordnung feindlich gegenübertritt.
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VG Gießen PM vom 3.11.2025
Im September 2023 lehnte die Sparkasse Wetzlar den Antrag des Bezirksverbands der Partei "Die Heimat" auf Eröffnung eines Girokontos ab. Zur Begründung führte die Sparkasse Wetzlar aus, dass sie nach dem Sparkassenrecht nur zur Eröffnung von Konten für natürliche Personen unter Beachtung des Regionalitätsgrundsatzes verpflichtet sei. Ferner bestritt sie die Existenz und Rechtsfähigkeit des klägerischen Bezirksverbands. Zudem begründete sie die Antragsablehnung mit wichtigen Gründen des Einzelfalls, da sich aus einem Verfassungsschutzbericht ergebe, dass die Partei "Die Heimat" (dort unter dem Namen NPD) als verfassungsfeindlich einzustufen sei.
Hiergegen suchte der Bezirksverband um gerichtlichen Rechtsschutz nach. Er trug vor, dass die Einstufung der Partei als verfassungsfeindlich irrelevant sei, da es sich dabei nicht um ein zulässiges Differenzierungskriterium bezüglich eines Anspruchs auf Kontoeröffnung handele. Zudem habe die Sparkasse Wetzlar auch für Kreisverbände, Stadtverbände und Ortsvereine anderer Parteien Girokonten eröffnet und verhalte sich widersprüchlich, da auch die Fraktion der Partei "Die Heimat" der Stadtverordnetenversammlung der Stadt Leun ein Girokonto bei der Sparkasse Wetzlar habe.
Das VG hat dem Klagebegehren stattgegeben und hat die Sparkasse Wetzlar verpflichtet, für den Bezirksverband ein Girokonto auf Guthabenbasis zu eröffnen und zu führen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Kammer hat die Berufung zugelassen.
Die Gründe:
Der Anspruch des klägerischen Bezirksverbands gegen die Sparkasse Wetzlar auf Eröffnung eines Girokontos ist als öffentlich-rechtlich und nicht als privatrechtlich zu qualifizieren, weil die beklagte Sparkasse als Anstalt des öffentlichen Rechts im Bereich staatlicher Daseinsvorsorge tätig wird und deshalb als Teil der vollziehenden Gewalt einer unmittelbaren Grundrechtsbindung - und damit auch dem Gleichbehandlungsgrundsatz - unterliegt. Da die Sparkasse Wetzlar bereits für Gruppierungen anderer politischer Parteien Girokonten eröffnet und so eine entsprechende Verwaltungspraxis etabliert hat, ist sie als Anstalt des öffentlichen Rechts und unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes verpflichtet, auch dem klägerischen Bezirksverband ein Girokonto einzurichten und zu führen. Die Eröffnung und Führung eines Girokontos ist nicht nur für natürliche Personen Teil des öffentlichen Auftrags der Sparkassen.
Die Sparkasse Wetzlar kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Partei "Die Heimat" die Nachfolgeorganisation der NPD ist und verfassungsfeindliche Ziele verfolgt. Das BVerfG hat die NPD nicht verboten, obwohl diese Partei mit ihren Zielen die Grundprinzipien missachte, die für den freiheitlichen demokratischen Verfassungsstaat unverzichtbar seien. Für solche als verfassungsfeindlich bezeichnete Parteien kommt als Sanktionsmöglichkeit der Ausschluss von der staatlichen Finanzierung in Betracht. Ansonsten bleibt es aber nach der Rechtsprechung des BVerfG bei dem Grundsatz, dass ein darüber hinausgehendes Einschreiten der Exekutive, welches den Bestand einer politischen Partei betrifft, nach derzeitiger Rechtslage ausgeschlossen ist. Dies gilt auch, wenn diese Partei der freiheitlichen demokratischen Grundordnung feindlich gegenübertritt.
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