24.02.2015

Grundstückkauf: Zur Wirkung der Anfechtung der Zahlungen einer Kaufpreisforderung durch einen Dritten

Ein Grundstücksverkäufer, dessen Kaufpreisforderung durch Zahlungen eines Dritten erfüllt worden ist, welche der Insolvenzverwalter über des Vermögen des Dritten nach Verfahrenseröffnung angefochten hat, kann dem Grundstückskäufer erst dann eine Frist zur Erfüllung der wieder aufgelebten Kaufpreisforderung setzen und den Rücktritt vom Vertrag androhen, wenn der insolvenzrechtliche Rückgewähranspruch erfüllt ist.

BGH 8.1.2015, IX ZR 300/13
Der Sachverhalt:
Die Kläger nehmen die beklagte Gesellschaft polnischen Rechts auf Bewilligung der Löschung einer Auflassungsvormerkung in Anspruch. Mit notariellem Vertrag vom 8.6.2010 verkaufte der Nebenintervenient zu 1) als Insolvenzverwalter über das Vermögen der e-AG in B belegene Grundstücke an die Beklagte. Von dem vereinbarten Kaufpreis i.H.v. 685.000 € waren bereits 100.000 € erbracht, der Restbetrag sollte bis zum 8.8.2010 auf ein Anderkonto des Notars gezahlt werden. Zur Sicherung des Eigentumsverschaffungsanspruchs bewilligte der Verkäufer eine Auflassungsvormerkung zugunsten der Beklagten, die am 28.6.2010 in das Grundbuch eingetragen wurde.

Nach wiederholten Mahnungen durch den Nebenintervenienten zu 1) wurden ab dem 19.11.2010 mehrere Teilzahlungen i.H.v. insgesamt rd. 730.000 € auf den Kaufpreis geleistet, von denen 320.000 € von der A-GmbH, einer Tochtergesellschaft der Beklagten, gezahlt wurden. Über das Vermögen der A-GmbH, der die Beklagte den Besitz an den Grundstücken überlassen hatte, eröffnete das Insolvenzgericht am 1.9.2011 das Insolvenzverfahren und bestellte den Nebenintervenienten zu 2) zu deren Insolvenzverwalter. Mit notariellem Vertrag vom 28.9.2011 verkaufte der Nebenintervenient zu 1), für den eine vollmachtlose Vertreterin auftrat, die Grundstücke für 700.000 € an die Kläger und bewilligte zur Sicherung ihres Eigentumsverschaffungsanspruchs eine Auflassungsvormerkung. Diese wurde am 2.11.2011 in das Grundbuch eingetragen.

Am 4.10.2011 erklärte der Nebenintervenient zu 2) gegenüber dem Nebenintervenienten zu 1) die Anfechtung der von der A-GmbH geleisteten Zahlungen, wobei er sich in erster Linie auf eine Anfechtung wegen Unentgeltlichkeit gem. § 134 InsO stützte. Der Nebenintervenient zu 1) schrieb daraufhin am gleichen Tag an die Beklagte, im Hinblick auf die Anfechtung durch den Nebenintervenienten zu 2) sei keine Erfüllungswirkung eingetreten. Für den Fall, dass die Beklagte nicht bis zum 11.10.2011 den offenen Betrag von rd. 330.000 € zahle, trete er von dem Grundstückskaufvertrag zurück. Entsprechend dieser Ankündigung erklärte er mit Schreiben vom 11.10.2011 den Rücktritt von dem mit der Beklagten geschlossenen notariellen Vertrag. Alsdann genehmigte er am 12.10.2011 den mit den Klägern geschlossenen Kaufvertrag. In der Folgezeit überließ der Nebenintervenient zu 2) den Klägern die Grundstücke.

Das LG gab der Klage statt und verurteilte die Beklagte zur Bewilligung der Löschung der zu ihren Gunsten im Grundbuch eingetragenen Vormerkung. Das OLG wies die Klage ab. Die Revision der Kläger hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Die Voraussetzungen eines Anspruchs aus § 894 BGB sind nicht erfüllt. Das Grundbuch ist nicht unrichtig.

Nach § 894 BGB kann - wenn der Inhalt des Grundbuchs in Ansehung eines Rechts an dem Grundstück oder einer Verfügungsbeschränkung mit der wirklichen Rechtslage nicht im Einklang steht - derjenige, dessen Recht durch die Eintragung einer nicht bestehenden Belastung oder Beschränkung beeinträchtigt ist, die Zustimmung zu der Berichtigung des Grundbuchs von demjenigen verlangen, dessen Recht durch die Berichtigung betroffen wird. Die zugunsten der Beklagten eingetragene Auflassungsvormerkung wäre danach wirkungslos und das Grundbuch unrichtig, wenn der Nebenintervenient zu 1) durch seinen am 11.10.2011 erklärten Rücktritt den Erfüllungsanspruch der Beklagten zu Fall gebracht hätte. Ein wirksamer Rücktritt des Nebenintervenienten zu 1) von dem am 8.6.2010 beurkundeten Kaufvertrag mit der Beklagten, der zur Folge hätte, dass diese aus dem Vertrag keine Erfüllungspflichten mehr herleiten könnte damit auch der durch die Auflassungsvormerkung gesicherte Anspruch entfallen wäre, ist jedoch nicht erfolgt.

Im Streitfall hat der Nebenintervenient zu 1) der Beklagten die Frist zur Erfüllung der Kaufpreisforderung am 4.10.2011 gesetzt, nachdem der Nebenintervenient zu 2) ihm gegenüber die Teilerfüllung der Kaufpreisforderung durch die A-GmbH als unentgeltliche Leistungen i.S.d. § 134 Abs. 1 InsO angefochten hatte. Die Kaufpreisforderung des Nebenintervenienten zu 1) war zu diesem Zeitpunkt erfüllt. Vorliegend hatten die Zahlungen der Beklagten und die Drittzahlungen der A-GmbH und einer weiteren Gesellschaft die Forderung zum Erlöschen gebracht (§ 267 Abs. 1, § 362 Abs. 1 BGB). Eine die Fristsetzung des Nebenintervenienten zu 1) rechtfertigende neuerliche Fälligkeit des Kaufpreisanspruchs, aufgrund deren die Voraussetzungen für einen Rücktritt des Nebenintervenienten zu 1) nach § 323 Abs. 1 BGB gegeben sein könnten, ist durch die Anfechtung der von der A-GmbH auf die Kaufpreisforderung geleisteten Drittzahlungen nicht eingetreten.

Gem. § 144 Abs. 1 InsO lebt die Forderung des Empfängers einer anfechtbaren Leistung wieder auf, wenn dieser das Erlangte an den anfechtenden Insolvenzverwalter zurückgewährt. Diese Vorschrift gilt unabhängig von dem geltend gemachten Anfechtungsgrund. Voraussetzung für das Wiederaufleben der Forderung ist die tatsächliche Rückgewähr des Empfangenen. Dass der Insolvenzverwalter den Rückgewähranspruch geltend macht, genügt nicht. Anzuwenden ist die Vorschrift auch im anfechtungsrechtlichen Drei-Personen-Verhältnis. § 12 AnfG enthält keine andere Rechtsfolge. Auch dort lebt die Forderung zu Gunsten des Anfechtungsgegners erst mit der Rückgewähr der anfechtbar empfangenen Leistung wieder auf.

Nach diesen Grundsätzen ist eine neuerliche Fälligkeit der Kaufpreisforderung des Nebenintervenienten zu 1) gegen die Beklagte nicht eingetreten. Das OLG hat keine Feststellungen zur Erfüllung des Rückgewähranspruchs des Nebenintervenienten zu 2) durch den Nebenintervenienten zu 1) getroffen. Im Rechtsstreit ist eine tatsächliche Erfüllung dieses Anspruchs nicht einmal behauptet worden. Damit fehlen die Voraussetzungen für das (teilweise) Wiederaufleben der Kaufpreisforderung des Nebenintervenienten zu 1). Auf die Frage, ob das OLG die Voraussetzungen für eine Anfechtung von Drittzahlungen nach § 134 Abs. 1 InsO zutreffend beurteilt hat, kommt es nicht an.

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