02.07.2025

Heilmittelwerbegesetz: Versandhandelsapotheke darf keine 10 €-Gutscheine ausloben

Die Auslobung von 10 €-Gutscheinen bei der Einlösung von e-Rezepten, deren Guthaben - jedenfalls teilweise - auch für den Kauf nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel verwendet werden kann, verstößt gegen das Heilmittelwerbegesetz. Auch die Werbung für das gesamte Warensortiment einer Apotheke produktbezogen i.S.d. HWG sein.

OLG Frankfurt a.M. v. 15.5.2025, 6 U 347/24
Der Sachverhalt:
Die Klägerin betreibt eine auf gesundheitsbezogene Leistungen ausgerichtete Internet-Plattform. Über ihr Angebot können u.a. Bestellungen von - auch verschreibungspflichtigen - Arzneimitteln aufgegeben werden. Die in den Niederlanden ansässige Beklagte bietet einen Versandhandel mit Arzneimitteln an und ist auch für den Vertrieb rezeptpflichtiger Arzneimittel zugelassen. Sie hatte die Inanspruchnahme ihrer Leistungen mit zwei Gutscheinaktionen beworben. In einer dieser Aktionen wurde ein 10 €-Gutschein ausgelobt bei Einlösung eines e-Kassenrezepts. Die Verrechnung sollte zunächst mit der gesetzlichen Zuzahlung und bei einem verbleibenden Restbetrag mit nicht verschreibungspflichtigen Produkten erfolgen. In einer weiteren Aktion wurde ein 10 €-App-Gutschein für die erste Bestellung nicht verschreibungspflichtiger Artikel über ihre App ausgelobt.

Das Landgericht hatte den auf Unterlassung der Gutscheinaktionen gerichteten Anträgen der Klägerin stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten blieb vor dem OLG erfolglos. Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Die Gründe:
Die Beklagte verstößt mit den beiden Werbeaktionen gegen das Heilmittelwerbegesetz (i.F.: HWG).

Gem. § 7 HWG ist beim Verkauf von Arzneimitteln u.a. das Anbieten und Ankündigen von nicht nur geringwertigen Werbegaben unzulässig. Im vorliegenden Fall konnte von einer derartigen unzulässigen produktbezogenen Werbung ausgegangen werden. So kann auch die Werbung für das gesamte Warensortiment einer Apotheke produktbezogen i.S.d. HWG sein. Es gibt schließlich keinen Grund, den vom Gesetzgeber im Bereich der Heilmittelwerbung als grundsätzlich unerwünscht angesehenen Anreiz einer Wertreklame gerade dann hinzunehmen, wenn diese Form der Reklame für eine besonders große Zahl von Heilmitteln eingesetzt wird.

Ein solches Verständnis ist auch unionsrechtskonform. Denn grundsätzlich erfasst das Verbot der Werbung für Arzneimittel die Frage, "ob" ein Arzneimittel gekauft wird. Nur die Entscheidung des "wie", d.h. in welcher Apotheke, ist nicht vom Werbeverbot erfasst. Der Gutscheinbetrag kann in beiden Fällen für den vergünstigten Bezug nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel genutzt werden. Die Werbung fördert damit den Verbrauch nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel.

Die Gutscheine stellen sog. Werbegaben dar. Solche liegen vor, wenn es sich aus der Sicht des Empfängers um ein Geschenk handelt. Ihr Wert von 10 € übersteigt im vorliegenden Fall auch den Betrag einer "geringwertigen Kleinigkeit", der bei Publikumswerbung mit 1 € angesetzt wird. Soweit im Handelsverkehr etablierte Sofortrabatte von diesem Verbot ausgenommen werden, liegt hier kein derartiger Sofortrabatt vor.

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OLG Frankfurt a.M. - Pressemitteilung v. 2.7.2025