Immaterieller Schadensersatz wegen Datenschutzverstößen von Meta: 5.000 € Entschädigung für Facebook-Nutzer
LG Leipzig v. 4.7.2025 - 05 O 2351/23
Der Sachverhalt:
Meta, Betreiberin der sozialen Netzwerke Instagram und Facebook, hat Business Tools entwickelt, die von zahlreichen Betreibern auf ihren Webseiten und Apps eingebunden werden und die Daten der Nutzer von Instagram und Facebook an Meta senden. Jeder Nutzer ist für Meta zu jeder Zeit individuell erkennbar, sobald er sich auf den Dritt-Webseiten bewegt oder eine App benutzt hat, auch wenn er sich nicht über den Account von Instagram und Facebook angemeldet hat. Die Daten sendet Meta Ireland ausnahmslos weltweit in Drittstaaten, insbesondere in die USA. Dort wertet sie die Daten in für den Nutzer unbekanntem Maß aus.
Das LG sprach dem Nutzer eine Entschädigung von 5.000 € zu.
Die Gründe:
Der Anspruch auf Ersatz des immateriellen Schadens ergibt sich ausschließlich aus Art. 82 der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), damit aus Europarecht und nicht (wie in anderen Gerichtsentscheidungen in vergleichbaren Fällen) aus nationalem Recht bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen. Die Entscheidung stützt sich auf Feststellungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in einem Verfahren gegen Meta, in dem es ebenfalls um die Zulässigkeit der Business Tools ging. Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist besonders umfangreich: Sie betrifft potenziell unbegrenzte Datenmengen und hat nahezu die vollständige Überwachung des Online-Verhaltens des Nutzers zur Folge. Dies führt nach dem EuGH zu einem Gefühl, dass das gesamte Privatleben kontinuierlich überwacht wird.
Die Höhe des europarechtsautonom auszulegenden Schmerzensgeldes nach Art. 82 DSGVO muss über die in der nationalen Rechtsprechungspraxis etablierten Schmerzensgeldbeträge hinausgehen. Bei der Schadensschätzung wurde an den Wert der personenbezogenen Daten zu Zwecken personalisierter Werbung für Meta angeknüpft. Nach dem Bundeskartellamt (Beschl. v. 2.5.2022, Az. B 6-27/21) verfügt Meta im Bereich der sozialen Medien über eines der führenden Werbeangebote. Im Jahr 2021 erzielte Meta bereits 115 Mrd. USD Werbeeinnahmen bei einem Gesamtumsatz von 118 Mrd. USD, sodass die Werbeeinnahmen 97 % vom Umsatz ausmachen. Der finanzielle Wert eines einzigen Nutzerprofils, in dem sämtliche Daten über die Person gespeichert sind, ist auf datenverarbeitenden Märkten enorm. Dass der hohe Wert von Daten auch der Wahrnehmung in der Gesellschaft entspricht, wird durch diverse Studien bestätigt.
Auf eine informatorische Anhörung des Klägers - so wie die meisten anderen Gerichte bislang - hat das Gericht verzichtet. Bei einer Anhörung des Klägers wären keine weiteren Erkenntnisse zu erwarten gewesen, der über die Mitteilung des im Allgemeinen eher diffusen Gefühls des Datenverlusts und der Verunsicherung hinausgehen. Denn es ist ja gerade das Problem der Klagepartei und auch des Gerichts, festzustellen, was konkret Meta mit den Daten macht und noch vorhat. Das Gericht stellt deshalb für eine Mindestentschädigung von 5.000 € auf die allgemeine Betroffenheit des aufmerksamen und verständigen »Durchschnitts«-Betroffenen im Sinne der DSGVO ab.
Die Kammer ist sich der Folgen ihrer Entscheidung bewusst. Auch wenn sie dazu führen könnte, dass viele Facebook-Nutzer Klage erheben, ohne einen individuellen Schaden explizit darzulegen, widerspricht dies nicht den gesetzgeberischen Zielen der DSGVO, gerade auch mittels Private Enforcement den Datenschutz vor Zivilgerichten und damit jenseits rein behördlicher Maßnahmen effektiv durchzusetzen.
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LG Leipzig PM vom 4.7.2025
Meta, Betreiberin der sozialen Netzwerke Instagram und Facebook, hat Business Tools entwickelt, die von zahlreichen Betreibern auf ihren Webseiten und Apps eingebunden werden und die Daten der Nutzer von Instagram und Facebook an Meta senden. Jeder Nutzer ist für Meta zu jeder Zeit individuell erkennbar, sobald er sich auf den Dritt-Webseiten bewegt oder eine App benutzt hat, auch wenn er sich nicht über den Account von Instagram und Facebook angemeldet hat. Die Daten sendet Meta Ireland ausnahmslos weltweit in Drittstaaten, insbesondere in die USA. Dort wertet sie die Daten in für den Nutzer unbekanntem Maß aus.
Das LG sprach dem Nutzer eine Entschädigung von 5.000 € zu.
Die Gründe:
Der Anspruch auf Ersatz des immateriellen Schadens ergibt sich ausschließlich aus Art. 82 der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), damit aus Europarecht und nicht (wie in anderen Gerichtsentscheidungen in vergleichbaren Fällen) aus nationalem Recht bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen. Die Entscheidung stützt sich auf Feststellungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in einem Verfahren gegen Meta, in dem es ebenfalls um die Zulässigkeit der Business Tools ging. Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist besonders umfangreich: Sie betrifft potenziell unbegrenzte Datenmengen und hat nahezu die vollständige Überwachung des Online-Verhaltens des Nutzers zur Folge. Dies führt nach dem EuGH zu einem Gefühl, dass das gesamte Privatleben kontinuierlich überwacht wird.
Die Höhe des europarechtsautonom auszulegenden Schmerzensgeldes nach Art. 82 DSGVO muss über die in der nationalen Rechtsprechungspraxis etablierten Schmerzensgeldbeträge hinausgehen. Bei der Schadensschätzung wurde an den Wert der personenbezogenen Daten zu Zwecken personalisierter Werbung für Meta angeknüpft. Nach dem Bundeskartellamt (Beschl. v. 2.5.2022, Az. B 6-27/21) verfügt Meta im Bereich der sozialen Medien über eines der führenden Werbeangebote. Im Jahr 2021 erzielte Meta bereits 115 Mrd. USD Werbeeinnahmen bei einem Gesamtumsatz von 118 Mrd. USD, sodass die Werbeeinnahmen 97 % vom Umsatz ausmachen. Der finanzielle Wert eines einzigen Nutzerprofils, in dem sämtliche Daten über die Person gespeichert sind, ist auf datenverarbeitenden Märkten enorm. Dass der hohe Wert von Daten auch der Wahrnehmung in der Gesellschaft entspricht, wird durch diverse Studien bestätigt.
Auf eine informatorische Anhörung des Klägers - so wie die meisten anderen Gerichte bislang - hat das Gericht verzichtet. Bei einer Anhörung des Klägers wären keine weiteren Erkenntnisse zu erwarten gewesen, der über die Mitteilung des im Allgemeinen eher diffusen Gefühls des Datenverlusts und der Verunsicherung hinausgehen. Denn es ist ja gerade das Problem der Klagepartei und auch des Gerichts, festzustellen, was konkret Meta mit den Daten macht und noch vorhat. Das Gericht stellt deshalb für eine Mindestentschädigung von 5.000 € auf die allgemeine Betroffenheit des aufmerksamen und verständigen »Durchschnitts«-Betroffenen im Sinne der DSGVO ab.
Die Kammer ist sich der Folgen ihrer Entscheidung bewusst. Auch wenn sie dazu führen könnte, dass viele Facebook-Nutzer Klage erheben, ohne einen individuellen Schaden explizit darzulegen, widerspricht dies nicht den gesetzgeberischen Zielen der DSGVO, gerade auch mittels Private Enforcement den Datenschutz vor Zivilgerichten und damit jenseits rein behördlicher Maßnahmen effektiv durchzusetzen.
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