Informantin bekannt: Kein Zeugnisverweigerungsrecht für Journalistin
OLG Bremen 25.9.2024 - 2 W 46/24
Der Sachverhalt:
Die Klägerin hatte von der Beklagten die Unterlassung von Äußerungen verlangt, die Anlass zu dem Artikel "Prozess gegen Drogen-Ärztin" in der Bild-Zeitung vom 22.2.2021 gegeben haben sollen. Zum Beweis der Behauptung, dass die Beklagte die inkriminierten Äußerungen getätigt habe, bezog sich die Klägerin auf das Zeugnis der Verfasserin des Artikels. Die Zeugin hat sich allerdings in ihrer Vernehmung vor dem LG während der mündlichen Verhandlung am 25.4.2024 auf ein Zeugnisverweigerungsrecht nach Maßgabe des § 383 Abs. 1 Ziffer 5 ZPO berufen.
Auf die Rüge der Klägerin, dass der Zeugin ein Zeugnisverweigerungsrecht nicht zustehe, hat das LG mit Zwischenurteil das Bestehen eines Zeugnisverweigerungsrechts bejaht. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Klägerin war vor dem OLG erfolgreich.
Die Gründe:
Der Zeugin steht in Bezug auf die hier in Rede stehenden Beweisfragen kein Zeugnisverweigerungsrecht aus § 383 Abs.1 Ziffer 5 ZPO zu.
Danach sind zur Verweigerung des Zeugnisses Personen berechtigt, die bei der Vorbereitung, Herstellung oder Verbreitung von periodischen Druckwerken oder Rundfunksendungen berufsmäßig mitwirken oder mitgewirkt haben, über die Person des Verfassers, Einsenders oder Gewährsmanns von Beiträgen und Unterlagen sowie über die ihnen im Hinblick auf ihre Tätigkeit gemachten Mitteilungen, soweit es sich um Beiträge, Unterlagen und Mitteilungen für den redaktionellen Teil handelt. Die Ausnahme von der allgemeinen Zeugnispflicht ist allerdings kein persönliches Privileg der Presseangehörigen. Die Privilegierung dient insbesondere nicht dazu, Journalisten grundsätzlich von der Mitwirkung an der gerichtlichen Aufklärung von behaupteten Rechtsverletzungen freizustellen.
Dementsprechend ist das Vertrauensverhältnis zwischen Presse und Informanten nur im Rahmen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 383 Abs. 1 Ziffer 5 ZPO geschützt, nicht aber ein umfassendes Recht zur Geheimhaltung von Tatsachen eingeräumt worden, die zur Rechtsverfolgung der von einer Presseveröffentlichung potentiell nachteilig betroffener Personen erheblich sind. Das Zeugnisverweigerungsrecht des § 383 Abs. 1 Ziffer 5 ZPO ist daher regelmäßig nicht auf eine Pressevertreterin anzuwenden, die ihre Beziehung zu bestimmten Informanten, über die sie als Zeugin bekunden soll, namentlich und inhaltlich bereits offengelegt hat, sofern das Vertrauensverhältnis zu dem Informanten durch die Zeugenaussage nicht weiter als bereits geschehen beeinträchtigt wird. Hat die Pressevertreterin sich selbst als Autorin eines Artikels bezeichnet, in dem ein Gewährsmann namentlich mit wörtlichen Zitaten benannt wird, wird das geschützte Vertrauensverhältnis zu dem Informanten durch eine Zeugenaussage regelmäßig nicht weiter beeinträchtigt.
Der vorliegende Sachverhalt war dadurch gekennzeichnet, dass die Beklagte in dem streitgegenständlichen Zeitungsartikel namentlich genannt und mit zwei Äußerungen wörtlich - in Anführungszeichen gesetzt - zitiert wurde. Damit war die Beklagte als vermeintlicher Gewährsmann entgegen der von der Zeugin vertretenen Auffassung für die beteiligten Verkehrskreise ohne weiteres identifizierbar, zumal der Artikel auch ein Bild der Beklagten mit entsprechender Namensnennung enthielt. Auch wenn sich die Beklagte tatsächlich nicht so wie in dem Artikel zitiert oder angedeutet geäußert oder sie eine entsprechende Äußerung jedenfalls nicht gegenüber der Zeugin abgegeben haben sollte, wären nachteilige Auswirkungen für die Pressefreiheit ohne das Zugeständnis eines Zeugnisverweigerungsrechtes vorliegend nicht zu befürchten.
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Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen
Die Klägerin hatte von der Beklagten die Unterlassung von Äußerungen verlangt, die Anlass zu dem Artikel "Prozess gegen Drogen-Ärztin" in der Bild-Zeitung vom 22.2.2021 gegeben haben sollen. Zum Beweis der Behauptung, dass die Beklagte die inkriminierten Äußerungen getätigt habe, bezog sich die Klägerin auf das Zeugnis der Verfasserin des Artikels. Die Zeugin hat sich allerdings in ihrer Vernehmung vor dem LG während der mündlichen Verhandlung am 25.4.2024 auf ein Zeugnisverweigerungsrecht nach Maßgabe des § 383 Abs. 1 Ziffer 5 ZPO berufen.
Auf die Rüge der Klägerin, dass der Zeugin ein Zeugnisverweigerungsrecht nicht zustehe, hat das LG mit Zwischenurteil das Bestehen eines Zeugnisverweigerungsrechts bejaht. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Klägerin war vor dem OLG erfolgreich.
Die Gründe:
Der Zeugin steht in Bezug auf die hier in Rede stehenden Beweisfragen kein Zeugnisverweigerungsrecht aus § 383 Abs.1 Ziffer 5 ZPO zu.
Danach sind zur Verweigerung des Zeugnisses Personen berechtigt, die bei der Vorbereitung, Herstellung oder Verbreitung von periodischen Druckwerken oder Rundfunksendungen berufsmäßig mitwirken oder mitgewirkt haben, über die Person des Verfassers, Einsenders oder Gewährsmanns von Beiträgen und Unterlagen sowie über die ihnen im Hinblick auf ihre Tätigkeit gemachten Mitteilungen, soweit es sich um Beiträge, Unterlagen und Mitteilungen für den redaktionellen Teil handelt. Die Ausnahme von der allgemeinen Zeugnispflicht ist allerdings kein persönliches Privileg der Presseangehörigen. Die Privilegierung dient insbesondere nicht dazu, Journalisten grundsätzlich von der Mitwirkung an der gerichtlichen Aufklärung von behaupteten Rechtsverletzungen freizustellen.
Dementsprechend ist das Vertrauensverhältnis zwischen Presse und Informanten nur im Rahmen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 383 Abs. 1 Ziffer 5 ZPO geschützt, nicht aber ein umfassendes Recht zur Geheimhaltung von Tatsachen eingeräumt worden, die zur Rechtsverfolgung der von einer Presseveröffentlichung potentiell nachteilig betroffener Personen erheblich sind. Das Zeugnisverweigerungsrecht des § 383 Abs. 1 Ziffer 5 ZPO ist daher regelmäßig nicht auf eine Pressevertreterin anzuwenden, die ihre Beziehung zu bestimmten Informanten, über die sie als Zeugin bekunden soll, namentlich und inhaltlich bereits offengelegt hat, sofern das Vertrauensverhältnis zu dem Informanten durch die Zeugenaussage nicht weiter als bereits geschehen beeinträchtigt wird. Hat die Pressevertreterin sich selbst als Autorin eines Artikels bezeichnet, in dem ein Gewährsmann namentlich mit wörtlichen Zitaten benannt wird, wird das geschützte Vertrauensverhältnis zu dem Informanten durch eine Zeugenaussage regelmäßig nicht weiter beeinträchtigt.
Der vorliegende Sachverhalt war dadurch gekennzeichnet, dass die Beklagte in dem streitgegenständlichen Zeitungsartikel namentlich genannt und mit zwei Äußerungen wörtlich - in Anführungszeichen gesetzt - zitiert wurde. Damit war die Beklagte als vermeintlicher Gewährsmann entgegen der von der Zeugin vertretenen Auffassung für die beteiligten Verkehrskreise ohne weiteres identifizierbar, zumal der Artikel auch ein Bild der Beklagten mit entsprechender Namensnennung enthielt. Auch wenn sich die Beklagte tatsächlich nicht so wie in dem Artikel zitiert oder angedeutet geäußert oder sie eine entsprechende Äußerung jedenfalls nicht gegenüber der Zeugin abgegeben haben sollte, wären nachteilige Auswirkungen für die Pressefreiheit ohne das Zugeständnis eines Zeugnisverweigerungsrechtes vorliegend nicht zu befürchten.
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