23.09.2025

Informationspflichten bei Online-Marktplatz auf dem Ticket-Zweitmarkt

Je mehr die Gestaltung eines Online-Marktplatzes von dessen Betreiber verantwortet wird, je mehr sich also ein solcher Marktplatz von einem bloßen Kleinanzeigen-Erscheinungsbild abhebt, desto größer wird die Menge an Umständen in der inhaltlichen und Layout-Gestaltung, für die der Betreiber im Falle von Lauterkeitsverstößen haftbar gemacht werden kann.

LG Karlsruhe v. 11.9.2025 - 13 O 78/24 KfH
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist ein Verbraucherschutzverein. Die Beklagte betreibt einen Online-Marktplatz auf dem Ticket-Zweitmarkt. Die Beklagte ist nicht selbst Käuferin oder Verkäuferin von dort gehandelten Eintrittskarten. Streitgegenständlich war die Darstellung auf der Seite der Beklagten von Ticketangeboten zu Konzerten des Künstlers Apache 207 und der Band Iron Maiden.

Der Kläger war der Ansicht, bei dem fraglichem Konzert von Apache 207 seien alle Tickets personalisiert. Ohne diese Personalisierung oder bei einer falschen Angabe auf dem Ticket drohe bei stichprobenartigen Kontrollen die Zurückweisung des Käufers am Einlass. Während des gesamten Bestellvorgangs habe sich kein Hinweis auf dieses Risiko gefunden. Vielmehr sei der Hinweis "Can resell if plans change" zu finden gewesen. Der Kläger hielt den Umstand der Personalisierung der Tickets für eine wesentliche Information i.S.v. § 5a Abs. 1 UWG.

Außerdem behauptete der Kläger, der Veranstalter des Iron-Maiden-Konzerts lasse einen Zutritt für Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren nur in Begleitung eines Erziehungsberechtigten/Erziehungsbeauftragten (Muttizettel) zu. Im Verlauf des Kaufs eines solchen Tickets auf der Plattform der Beklagten werde der Verbraucher an keiner Stelle darauf hingewiesen, dass Jugendlichen unter 16 Jahren der Zutritt untersagt sei.

Das LG hat der Unterlassungsklage weitestgehend stattgegeben.

Die Gründe:
Die Beklagte handelt im Umfang ihrer Verurteilung unlauter.

Die Personalisierung eines Veranstaltungstickets stellt eine wesentliche Information i.S.v. §§ 5a Abs. 1, 5b Abs. 1 Nr. 1 UWG sowie ein wesentliches Merkmal der Dienstleistung i.S.v. § 5 Abs. 2 Nr. 1 UWG dar. Die Nutzung eines personalisierten Tickets als nicht berechtigte, im Ticket eingetragene Person begründet für den Nutzer, also den Käufer über die Webseite der Beklagten, das Risiko einer Abweisung am Eingang. Dieses Risiko mag sich in eher seltenen Fällen verwirklichen. Tritt es allerdings ein, handelt es sich um einen beachtlichen Nachteil und Schaden für den Käufer, der für das Ticket einen inzwischen oftmals dreistelligen Eurobetrag gezahlt und weitere Aufwendungen getätigt hat, um die Veranstaltung aufzusuchen.

Unerheblich war der Einwand der Beklagten, sie sei nicht Normadressatin der genannten Vorschriften des UWG. Richtig war zwar, dass es sich bei den Ticketangeboten auf der Webseite www.viagogo.de nicht um Angebote der Beklagten, sondern um solche der Ticket-Verkäufer handelte. Die Unlauterkeit folgte indes nicht aus dem Ticketangebot als solchem, sondern aus den auf der Webseite von der Beklagten selbst gegebenen bzw. gerade nicht gegebenen Informationen.
Je mehr die Gestaltung eines Online-Marktplatzes von dessen Betreiber verantwortet wird, je mehr sich also ein solcher Marktplatz von einem bloßen Kleinanzeigen-Erscheinungsbild abhebt, desto größer wird die Menge an Umständen in der inhaltlichen und Layout-Gestaltung, für die der Betreiber im Falle von Lauterkeitsverstößen haftbar gemacht werden kann.

Die Beklagte hat es weiterhin zu unterlassen, einen "Originalpreis" je Ticket anzugeben, ohne darauf hinzuweisen, dass es sich dabei um einen Preis handelt, den der Verkäufer angegeben hat. Kerngehalt dieses Verbots ist es, dass die Beklagte einerseits (zu Recht) für sich in Anspruch nimmt, die Angaben der Verkäufer nicht selbst überprüfen zu müssen, andererseits aber durch die Verwendung des Begriffs "Originalpreis" ohne Bezugnahme auf den Umstand, dass dessen Höhe vom Verkäufer ungeprüft übernommen wurde, unzutreffend suggeriert, dass dieser Preis in jedem Fall dem tatsächlich vom Veranstalter festgelegten Preis entspreche. Dies ist unlauter i.S.v. §§ 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 UWG und stellt i.S.v. § 3a UWG einen Verstoß gegen die Marktverhaltensregel des § 312l Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 246d § 1 Nr. 7 EGBGB dar.

Unbegründet war die Klage hingegen, soweit der Kläger von der Beklagten verlangt hatte, über eine etwaige Altersbeschränkung zu informieren. Ein Verstoß gegen § 5a Abs. 1 UWG lag nicht vor, da es sich hierbei im konkreten, hier zur Entscheidung stehenden Einzelfall nicht um eine wesentliche Information i.S.d. Vorschrift handelte.

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