23.05.2013

Insolvenz: Zur Glaubhaftmachung des Vorliegens eines Eröffnungsgrundes nach Ausgleich der Forderung

Der Gläubiger muss das Vorliegen eines Eröffnungsgrundes auch dann glaubhaft machen, wenn er nach Ausgleich seiner Forderung im Eröffnungsverfahren seinen Antrag weiterverfolgen will, weil in einem Zeitraum von zwei Jahren vor der Antragstellung bereits ein Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners anhängig war.

BGH 11.4.2013, XI ZB 256/11
Der Sachverhalt:
Die Gläubigerin, eine gesetzliche Krankenversicherung, stellte am 26.5.2011 einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners, der einen Kfz-Reparaturbetrieb unterhält. Grundlage des Antrags waren durch Vollstreckbarkeitserklärung bescheinigte rückständige Gesamtsozialversicherungsbeiträge aus dem Zeitraum 1.1.2010 bis 30.4.2011 i.H.v. insgesamt rd. 5.500 € einschließlich Säumniszuschlägen, Gebühren und Kosten.

Am 1.6.2011 beglich der Schuldner die offenen Forderungen der Antragstellerin. Daraufhin erklärte diese mit Schriftsatz vom 16.6.2011, dass sie im Hinblick auf ein beim Insolvenzgericht im Jahre 2010 anhängig gewesenes Insolvenzeröffnungsverfahren über das Vermögen des Schuldners ihren Antrag nicht für erledigt erkläre oder zurücknehme.

Das AG - Insolvenzgericht - wies den Eröffnungsantrag der Gläubigerin als unzulässig ab. Die dagegen gerichtete Beschwerde blieb vor dem LG ohne Erfolg. Auf die Rechtsbeschwerde der Gläubigerin hob der BGH die Beschlüsse von LG und AG auf und verwies die Sache zur erneuten Entscheidung an das AG zurück.

Die Gründe:
Mit der vom LG gegebenen Begründung kann der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners nicht zurückgewiesen werden.

Zutreffend ist die Annahme des LG, der Gläubiger müsse das Vorliegen eines Eröffnungsgrundes auch im Falle einer Fortführung des Verfahrens nach der am 1.1.2011 gem. Art. 24 Abs. 2 des Haushaltsbegleitgesetzes 2011 in Kraft getretenen Bestimmung des § 14 Abs. 1 S. 2 InsO glaubhaft machen. Gem. § 14 Abs. 1 S. 2 InsO wird der Antrag eines Gläubigers auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners nicht allein dadurch unzulässig, dass die Forderung des Gläubigers erfüllt wird, wenn in einem Zeitraum von zwei Jahren vor der Antragstellung bereits ein Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners gestellt worden war.

Diese Bestimmung ist als Ausnahme einer trotz Erfüllung der den Antrag stützenden Forderung fortbestehenden Antragsbefugnis und eines hierdurch veränderten Rechtsschutzinteresses zu verstehen, der das Erfordernis der Glaubhaftmachung eines Insolvenzgrundes gem. § 14 Abs. 1 S. 1 InsO unberührt lässt. Dies hat zur Folge, dass im Einzelfall zu prüfen ist, ob die mit Antragstellung erfolgte Glaubhaftmachung eines Insolvenzgrundes auch nach Erfüllung der den Antrag stützenden Forderung fortwirkt oder der Gläubiger den Insolvenzgrund erneut glaubhaft machen muss.

Die auch im Fall des § 14 Abs. 1 S. 2 InsO erforderliche Glaubhaftmachung eines Insolvenzgrundes kann nicht auf eine (nicht erfüllte) sekundäre Darlegungslast des Schuldners für seine Behauptung gestützt werden, der zunächst glaubhaft gemacht gewesene Eröffnungsgrund bestehe nicht. Im Zulassungsverfahren kann es auf entsprechende Darlegungen des Schuldners nicht ankommen, weil das Insolvenzgericht zunächst nur die Zulässigkeit des Eröffnungsantrags prüft. Erst nach Zulassung des Antrags erfolgt eine Anhörung des Schuldners mit einer etwaigen Gegenglaubhaftmachung zu dem zulässigkeitsbegründenden Vorbringen nach § 14 Abs. 2 InsO. Eine sekundäre Darlegungslast des Schuldners kann deshalb nicht angenommen werden.

Unzutreffend ist demgegenüber die Auffassung des LG, die aufgrund der Nichtabführung der Sozialversicherungsbeiträge über einen Zeitraum von 16 Monaten bestehende Indizwirkung für die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners sei entfallen, weil der Schuldner die Gesamtforderung am 1.6.2011 in einer Summe vollständig ausgeglichen und die Gläubigerin weitere Zahlungsrückstände nicht vorgetragen habe. Die - wie glaubhaft gemacht - einmal nach außen in Erscheinung getretene Zahlungsunfähigkeit kann nur dadurch beseitigt worden sein, dass der Schuldner seine Zahlungen insgesamt wieder aufgenommen hat. Hierzu hat das LG, das auf Grundlage seiner Auffassung bislang von einer Anhörung des Schuldners gem. § 14 Abs. 2 InsO abgesehen hat, nichts festgestellt.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung ist auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
  • Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.
BGH online
Zurück