Irreführende Werbung durch angebotene Kompensation von CO2-Emissionen bei Flugbuchungen
OLG Düsseldorf v. 4.12.2025 - I-20 U 38/25
Der Sachverhalt:
Die beklagte Eurowings GmbH bot Kunden als Zusatzleistung zu ihrer Flugbuchung an, CO2-Emissionen durch Kompensationsmaßnahmen auszugleichen. Hierzu konnte auf der Internetseite der Beklagten im letzten Buchungsschritt unter "Weitere Optionen" das folgende Zusatzangebot für 9 € ausgewählt werden:
"Fliegen Sie nachhaltiger
Zusammen machen wir Fliegen nachhaltiger. Sie können jetzt die CO2-Emissionen Ihres Fluges durch den Beitrag zu hochwertigen Klimaschutzprojekten kompensieren."
Unter "Mehr erfahren" gelangten die Kunden zu folgender Information:
"Unser Nachhaltigkeitsversprechen
Wenn Sie die CO2-Emissionen Ihres Eurowings-Fluges kompensieren, unterstützen Sie zertifizierte Klimaschutzprojekte mit den höchsten Qualitätsstandards - in Deutschland und in aller Welt. Die Zukunft des CO2-neutralen Fliegens ist nur einen Klick entfernt."
Darüber hinaus bot die Beklagte an, mit einem zusätzlichen Betrag "Sustainable Aviation Fuel" zu unterstützen, mit der Erklärung:
"Sustainable Aviation Fuel (SAF) ist nachhaltiges Kerosin und die erste richtige Alternative zu fossilem Flugkraftstoff. Im Vergleich zu fossilen Kraftstoffen reduziert SAF die CO2-Emissionen um mindestens 80 %."
Der klagende Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände - Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. nimmt die Beklagte wegen irreführender Werbung auf Unterlassung und Erstattung von Abmahnkosten in Anspruch. Verbraucher würden die angebotene Kompensation von CO2-Emissionen dahingehend verstehen, dass der Flug klimaneutral erfolge. Es sei nicht allgemein bekannt - und werde von Eurowings auch nicht erläutert -, dass neben CO2 in erheblichem Umfang weitere klimaschädliche Gase ausgestoßen würden. Darüber hinaus sei der Begriff "nachhaltig" im Zusammenhang mit "Sustainable Aviation Fuel" in Bezug auf das Klima als "emissionsfrei" zu verstehen und damit ebenfalls irreführend. Die Beklagte vertritt demgegenüber die Auffassung, es sei deutlich, dass nur der CO2-Ausstoß kompensiert werde und der Flug dadurch nicht völlig klimaneutral sei.
Das LG wies die Klage ab. Die Werbung sei nicht irreführend; es sei klar ersichtlich, dass nur CO2-Emissionen kompensiert würden. Die Beklagte werbe nicht mit einer "Klimaneutralität" und beziehe keine anderen Treibhausgase als CO2 in die angegriffene Werbung ein. Hinsichtlich der Informationen zu "Sustainable Aviation Fuel" weise die Beklagte zutreffend darauf hin, dass es sich um eine Alternative zu herkömmlichen Flugkraftstoffen handele. Der Kläger behaupte schon nicht, dass die Aussage, der CO2-Ausstoß werde um 80 % reduziert, falsch sei.
Auf die Berufung des Klägers änderte das OLG das Urteil des LG teilweise ab und gab der Klage hinsichtlich der dargestellten Werbung mit CO2-Kompensationen statt. Die Revision zum BGH wurde nicht zugelassen, weil die angegriffene Werbung infolge zukünftiger Rechtsänderungen ab September 2026 in jedem Falle unzulässig wäre. Hiergegen kann Die Beklagte Nichtzulassungsbeschwerde zum BGH binnen eines Monats erheben.
Die Gründe:
Die Angaben der Beklagten sind zwar objektiv richtig, führen aber bei einem erheblichen Teil der Verbraucher zu der Fehlvorstellung, klimaneutral zu reisen. Die Existenz der weiteren klimaschädlichen Emissionen, die in nicht unerheblichem Umfange anfallen, ist nicht allgemein bekannt. Vielmehr werden die Begriffe "CO2-neutral" und "klimaneutral" im allgemeinen Sprachgebrauch synonym verwendet. Verbraucher verstehen die Werbung folglich dahingehend, dass sämtliche klimaschädlichen Emissionen der gebuchten Flugreise - nicht nur CO2 - kompensiert würden. Das Ziel der Werbung, den Verbrauchern durch die Kompensation ein ruhiges Gewissen zu verschaffen, wird durch die übrigen, nicht kompensierten klimaschädlichen Emissionen tatsächlich nicht erzielt.
Der Beklagten ist auch ein Hinweis zumutbar, dass nur ein Teil der klimaschädlichen Emissionen kompensiert wird. Aufgrund der großen Bedeutung umweltbezogener Angaben ist die Relevanz dieser irreführenden Werbung offensichtlich.
Nicht irreführend ist hingegen die angegriffene Werbung mit "Sustainable Aviation Fuel". Die Beklagte hat zutreffend und eindeutig konkretisiert, dass der CO2-Ausstoß durch "Sustainable Aviation Fuel" im Vergleich zu fossilen Kraftstoffen um mindestens 80 % reduziert wird, damit aber nicht vollständig emissionsfrei ist. Darüber hinaus beinhaltet der von der Beklagten verwendete Begriff "nachhaltig" eher ein Werturteil als eine tatsächliche Beschaffenheitsangabe und ist nicht mit "klimaneutral" gleichzusetzen.
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OLG Düsseldorf PM Nr. 47 vom 5.12.2025
Die beklagte Eurowings GmbH bot Kunden als Zusatzleistung zu ihrer Flugbuchung an, CO2-Emissionen durch Kompensationsmaßnahmen auszugleichen. Hierzu konnte auf der Internetseite der Beklagten im letzten Buchungsschritt unter "Weitere Optionen" das folgende Zusatzangebot für 9 € ausgewählt werden:
"Fliegen Sie nachhaltiger
Zusammen machen wir Fliegen nachhaltiger. Sie können jetzt die CO2-Emissionen Ihres Fluges durch den Beitrag zu hochwertigen Klimaschutzprojekten kompensieren."
Unter "Mehr erfahren" gelangten die Kunden zu folgender Information:
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Darüber hinaus bot die Beklagte an, mit einem zusätzlichen Betrag "Sustainable Aviation Fuel" zu unterstützen, mit der Erklärung:
"Sustainable Aviation Fuel (SAF) ist nachhaltiges Kerosin und die erste richtige Alternative zu fossilem Flugkraftstoff. Im Vergleich zu fossilen Kraftstoffen reduziert SAF die CO2-Emissionen um mindestens 80 %."
Der klagende Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände - Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. nimmt die Beklagte wegen irreführender Werbung auf Unterlassung und Erstattung von Abmahnkosten in Anspruch. Verbraucher würden die angebotene Kompensation von CO2-Emissionen dahingehend verstehen, dass der Flug klimaneutral erfolge. Es sei nicht allgemein bekannt - und werde von Eurowings auch nicht erläutert -, dass neben CO2 in erheblichem Umfang weitere klimaschädliche Gase ausgestoßen würden. Darüber hinaus sei der Begriff "nachhaltig" im Zusammenhang mit "Sustainable Aviation Fuel" in Bezug auf das Klima als "emissionsfrei" zu verstehen und damit ebenfalls irreführend. Die Beklagte vertritt demgegenüber die Auffassung, es sei deutlich, dass nur der CO2-Ausstoß kompensiert werde und der Flug dadurch nicht völlig klimaneutral sei.
Das LG wies die Klage ab. Die Werbung sei nicht irreführend; es sei klar ersichtlich, dass nur CO2-Emissionen kompensiert würden. Die Beklagte werbe nicht mit einer "Klimaneutralität" und beziehe keine anderen Treibhausgase als CO2 in die angegriffene Werbung ein. Hinsichtlich der Informationen zu "Sustainable Aviation Fuel" weise die Beklagte zutreffend darauf hin, dass es sich um eine Alternative zu herkömmlichen Flugkraftstoffen handele. Der Kläger behaupte schon nicht, dass die Aussage, der CO2-Ausstoß werde um 80 % reduziert, falsch sei.
Auf die Berufung des Klägers änderte das OLG das Urteil des LG teilweise ab und gab der Klage hinsichtlich der dargestellten Werbung mit CO2-Kompensationen statt. Die Revision zum BGH wurde nicht zugelassen, weil die angegriffene Werbung infolge zukünftiger Rechtsänderungen ab September 2026 in jedem Falle unzulässig wäre. Hiergegen kann Die Beklagte Nichtzulassungsbeschwerde zum BGH binnen eines Monats erheben.
Die Gründe:
Die Angaben der Beklagten sind zwar objektiv richtig, führen aber bei einem erheblichen Teil der Verbraucher zu der Fehlvorstellung, klimaneutral zu reisen. Die Existenz der weiteren klimaschädlichen Emissionen, die in nicht unerheblichem Umfange anfallen, ist nicht allgemein bekannt. Vielmehr werden die Begriffe "CO2-neutral" und "klimaneutral" im allgemeinen Sprachgebrauch synonym verwendet. Verbraucher verstehen die Werbung folglich dahingehend, dass sämtliche klimaschädlichen Emissionen der gebuchten Flugreise - nicht nur CO2 - kompensiert würden. Das Ziel der Werbung, den Verbrauchern durch die Kompensation ein ruhiges Gewissen zu verschaffen, wird durch die übrigen, nicht kompensierten klimaschädlichen Emissionen tatsächlich nicht erzielt.
Der Beklagten ist auch ein Hinweis zumutbar, dass nur ein Teil der klimaschädlichen Emissionen kompensiert wird. Aufgrund der großen Bedeutung umweltbezogener Angaben ist die Relevanz dieser irreführenden Werbung offensichtlich.
Nicht irreführend ist hingegen die angegriffene Werbung mit "Sustainable Aviation Fuel". Die Beklagte hat zutreffend und eindeutig konkretisiert, dass der CO2-Ausstoß durch "Sustainable Aviation Fuel" im Vergleich zu fossilen Kraftstoffen um mindestens 80 % reduziert wird, damit aber nicht vollständig emissionsfrei ist. Darüber hinaus beinhaltet der von der Beklagten verwendete Begriff "nachhaltig" eher ein Werturteil als eine tatsächliche Beschaffenheitsangabe und ist nicht mit "klimaneutral" gleichzusetzen.
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