Irreführung durch falsche Behauptung rechtlicher Vorteile des Online-Handels mit Edelmetallen
OLG Karlsruhe v. 19.9.2025 - 14 U 72/25
Der Sachverhalt:
Der Kläger, ein qualifizierter Wirtschaftsverband nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG, dem 210 Münzhändler angehören, verlangt vom Beklagten die Unterlassung einer bestimmten Werbeaussage im Zusammenhang mit Bestellungen über 2.000 € Kaufpreis. Der Beklagte handelt u.a. mit Gold- und Silbermünzen. Der Kläger wendet sich gegen eine Online-Werbung des Beklagten auf dessen Homepage im Zusammenhang mit dem Angebot einer Goldmünze "1 Unze Gold Krügerrand" für 3.168,40 €. Darin heißt es u.a. "Bestellungen über 2.000 € sind bei uns nicht meldepflichtig. Bei uns können Sie auch größere Bestellungen über 2.000 € ganz einfach und diskret online abwickeln. Im Gegensatz zu Barkäufen im stationären Handel unterliegen Online-Bestellungen nämlich nicht der gesetzlichen Meldepflicht."
Der Kläger mahnte den Beklagten wegen dieser Werbung erfolglos ab. Der Verfügungsbeklagte verweigerte die Abgabe einer Unterlassungserklärung, da er seine Werbung für zulässig hält. Der Kläger ist der Ansicht, es handele sich um eine unzulässige Werbung mit Selbstverständlichkeiten i.S.d. Bestimmungen gem. Anhang Ziff. 10 zu § 3 Abs. 3 UWG und zugleich um eine irreführende Werbung gem. § 5 UWG. Der Beklagte erwecke den unzutreffenden Eindruck, Bestellungen im Wert von über 2.000 € seien allein in seinem Handelsgeschäft nicht meldepflichtig. Tatsächlich liege keine Besonderheit seines Angebots vor, da weder im Online- noch im stationären Handel eine generelle Meldepflicht für Edelmetallgeschäfte im Wert von über 2.000 € bestehe.
Das LG wies den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurück. Auf die Berufung des Klägers gab das OLG dem Antrag statt.
Die Gründe:
Der Kläger hat einen gegenüber dem Beklagten bestehenden Unterlassungsanspruch nach §§ 8 Abs. 1 Satz 1, 3 Abs. 1, 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 UWG glaubhaft gemacht.
Gem. § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG kann, wer eine nach § 3 UWG unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Gem. § 5 Abs. 1 UWG handelt derjenige unlauter i.S.v. § 3 Abs. 1 UWG, der eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die dazu geeignet ist, den Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Gem. § 5 Abs. 2 Nr. 1 UWG ist eine geschäftliche Handlung irreführend, wenn sie unwahre Angaben oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben u.a. über die wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung wie Vorteile oder Risiken enthält.
Die streitgegenständliche Internetwerbung stellt eine geschäftliche Handlung des Verfügungsbeklagten i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG dar, weil sie bei der gebotenen objektiven Betrachtung dem Ziel des Absatzes von Edelmetallen dient. Die streitgegenständliche Werbung stellt einen wettbewerblich relevanten Verstoß gegen das Irreführungsverbot des § 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 UWG dar. Die Werbung des Verfügungsbeklagten ist objektiv unwahr. Die angegriffene Werbung stellt eine unwahre Tatsachenbehauptung dar, weil sie bei einem maßgeblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise den Eindruck erweckt, eine Barzahlung i.H.v. mindestens 2.000 € in einem Ladengeschäft ziehe zwangsläufig eine Meldepflicht des Edelmetallhändlers gegenüber den Finanzbehörden nach sich, was ein Nachteil gegenüber dem Online-Handel darstelle.
Bei der Ermittlung des Sinngehalts einer wettbewerbsrechtlich beanstandeten Werbeaussage ist nicht allein die beanstandete Werbeaussage isoliert zu betrachten; vielmehr ist es geboten, auch die weiteren Aussagen innerhalb derselben Werbung zur Ermittlung des Aussagegehalts der beanstandeten Äußerung heranzuziehen und den Gesamteindruck der Werbeaussage, den sie bei den angesprochenen Verkehrskreisen hervorruft, zu beurteilen. Werden - wie hier - rechtliche Vorteile des Online-Handels mit Edelmetallen gegenüber dem Handel in einem Ladengeschäft im Falle der Barzahlung bei Geschäften über mindestens 2.000 € behauptet, die es tatsächlich nicht gibt, handelt es sich um eine irreführende geschäftliche Handlung i.S.d. § 5 UWG.
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Landesrecht BW
Der Kläger, ein qualifizierter Wirtschaftsverband nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG, dem 210 Münzhändler angehören, verlangt vom Beklagten die Unterlassung einer bestimmten Werbeaussage im Zusammenhang mit Bestellungen über 2.000 € Kaufpreis. Der Beklagte handelt u.a. mit Gold- und Silbermünzen. Der Kläger wendet sich gegen eine Online-Werbung des Beklagten auf dessen Homepage im Zusammenhang mit dem Angebot einer Goldmünze "1 Unze Gold Krügerrand" für 3.168,40 €. Darin heißt es u.a. "Bestellungen über 2.000 € sind bei uns nicht meldepflichtig. Bei uns können Sie auch größere Bestellungen über 2.000 € ganz einfach und diskret online abwickeln. Im Gegensatz zu Barkäufen im stationären Handel unterliegen Online-Bestellungen nämlich nicht der gesetzlichen Meldepflicht."
Der Kläger mahnte den Beklagten wegen dieser Werbung erfolglos ab. Der Verfügungsbeklagte verweigerte die Abgabe einer Unterlassungserklärung, da er seine Werbung für zulässig hält. Der Kläger ist der Ansicht, es handele sich um eine unzulässige Werbung mit Selbstverständlichkeiten i.S.d. Bestimmungen gem. Anhang Ziff. 10 zu § 3 Abs. 3 UWG und zugleich um eine irreführende Werbung gem. § 5 UWG. Der Beklagte erwecke den unzutreffenden Eindruck, Bestellungen im Wert von über 2.000 € seien allein in seinem Handelsgeschäft nicht meldepflichtig. Tatsächlich liege keine Besonderheit seines Angebots vor, da weder im Online- noch im stationären Handel eine generelle Meldepflicht für Edelmetallgeschäfte im Wert von über 2.000 € bestehe.
Das LG wies den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurück. Auf die Berufung des Klägers gab das OLG dem Antrag statt.
Die Gründe:
Der Kläger hat einen gegenüber dem Beklagten bestehenden Unterlassungsanspruch nach §§ 8 Abs. 1 Satz 1, 3 Abs. 1, 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 UWG glaubhaft gemacht.
Gem. § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG kann, wer eine nach § 3 UWG unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Gem. § 5 Abs. 1 UWG handelt derjenige unlauter i.S.v. § 3 Abs. 1 UWG, der eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die dazu geeignet ist, den Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Gem. § 5 Abs. 2 Nr. 1 UWG ist eine geschäftliche Handlung irreführend, wenn sie unwahre Angaben oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben u.a. über die wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung wie Vorteile oder Risiken enthält.
Die streitgegenständliche Internetwerbung stellt eine geschäftliche Handlung des Verfügungsbeklagten i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG dar, weil sie bei der gebotenen objektiven Betrachtung dem Ziel des Absatzes von Edelmetallen dient. Die streitgegenständliche Werbung stellt einen wettbewerblich relevanten Verstoß gegen das Irreführungsverbot des § 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 UWG dar. Die Werbung des Verfügungsbeklagten ist objektiv unwahr. Die angegriffene Werbung stellt eine unwahre Tatsachenbehauptung dar, weil sie bei einem maßgeblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise den Eindruck erweckt, eine Barzahlung i.H.v. mindestens 2.000 € in einem Ladengeschäft ziehe zwangsläufig eine Meldepflicht des Edelmetallhändlers gegenüber den Finanzbehörden nach sich, was ein Nachteil gegenüber dem Online-Handel darstelle.
Bei der Ermittlung des Sinngehalts einer wettbewerbsrechtlich beanstandeten Werbeaussage ist nicht allein die beanstandete Werbeaussage isoliert zu betrachten; vielmehr ist es geboten, auch die weiteren Aussagen innerhalb derselben Werbung zur Ermittlung des Aussagegehalts der beanstandeten Äußerung heranzuziehen und den Gesamteindruck der Werbeaussage, den sie bei den angesprochenen Verkehrskreisen hervorruft, zu beurteilen. Werden - wie hier - rechtliche Vorteile des Online-Handels mit Edelmetallen gegenüber dem Handel in einem Ladengeschäft im Falle der Barzahlung bei Geschäften über mindestens 2.000 € behauptet, die es tatsächlich nicht gibt, handelt es sich um eine irreführende geschäftliche Handlung i.S.d. § 5 UWG.
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