27.07.2022

Kabinett beschließt Hinweisgeberschutzgesetz

Das Bundeskabinett hat am 27.7.2022 den vom BMJ vorgelegten Entwurf eines Gesetzes für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen sowie zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1937 zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden (Hinweisgeberschutzrichtlinie), beschlossen.

Anwendungsbereich
Der persönliche Anwendungsbereich des HinSchG soll entsprechend den Richtlinienvorgaben weit gefasst werden und umfasst alle Personen, die im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit Informationen über Verstöße erlangt haben. Dies können neben Arbeitnehmern und Beamten etwa auch Selbstständige, Anteilseigner oder Mitarbeiter von Lieferanten sein.

Meldestellen
Kernstück des Hinweisgeberschutzsystems sind die internen und externen Meldestellen, die hinweisgebenden Personen für eine Meldung von Verstößen zur Verfügung stehen. Beschäftigungsgeber müssen interne Meldestellen einrichten, an die sich Beschäftigte wenden können. Die Pflicht zur Einrichtung interner Meldestellen betrifft sowohl die Privatwirtschaft als auch den gesamten öffentlichen Sektor, sofern bei der jeweiligen Stelle in der Regel mindestens 50 Personen beschäftigt sind. Unternehmen mit bis zu 249 Beschäftigten sollen für die Einrichtung interner Meldestellen bis zum 17.12.2023 Zeit haben. Auch können sie mit anderen Unternehmen zusammen eine gemeinsame Meldestelle betreiben. Eine zentrale externe Meldestelle soll beim Bundesamt für Justiz (BfJ) eingerichtet werden. Daneben sollen die bestehenden Meldesysteme bei der BaFin sowie beim Bundeskartellamt als weitere externe Meldestellen mit Sonderzuständigkeiten weitergeführt werden.

Offenlegung
Dass sich hinweisgebende Personen mit ihren Informationen an die Öffentlichkeit wenden dürfen, ist den Richtlinienvorgaben folgend nur unter engen Voraussetzungen vorgesehen. Dies gilt etwa bei der Gefahr irreversibler Schäden oder in Fällen, in denen die externe Meldestelle nicht die notwendigen Maßnahmen ergriffen hat.

Vertraulichkeitsgebot
Wesentlich für die Akzeptanz des Hinweisgeberschutzsystems ist ein wirksamer Schutz der Identität der hinweisgebenden und sämtlicher von einer Meldung betroffenen Personen. Die Identität darf dabei grundsätzlich nur den jeweils für die Bearbeitung einer Meldung zuständigen Personen bekannt sein. Informationen über die Identität einer hinweisgebenden Person oder einer Person, die Gegenstand einer Meldung ist, sollen nur in Ausnahmefällen herausgegeben werden dürfen, etwa in Strafverfahren auf Verlangen der Strafverfolgungsbehörden.

Anonyme Meldungen
Um der Gefahr einer Überlastung des neuen Hinweisgeberschutzsystems vorzubeugen, können die zur Einrichtung von Meldestellen Verpflichteten frei darüber entscheiden, ob sie Systeme vorsehen, die die Abgabe und Bearbeitung anonymer Meldungen unter Gewährleistung der Anonymität ermöglichen, oder ob sie hierauf verzichten. Allerdings sollten interne und externe Meldestellen - soweit nicht bereits eine spezialgesetzliche Regelung existiert - immer auch anonym eingehende Meldungen bearbeiten. Dadurch darf aber die vorrangige Bearbeitung nichtanonymer Meldungen nicht gefährdet werden. Auch anonyme Hinweisgeber fallen unter die Schutzbestimmungen des HinSchG, wenn ihre zunächst verdeckte Identität bekannt wird.

Schutz vor Repressalien
Der Entwurf des HinSchG sieht entsprechend den Richtlinienvorgaben verschiedene Schutzmaßnahmen für hinweisgebende Personen vor. Zentrales Element ist das Verbot von Repressalien. Hierzu werden alle ungerechtfertigten Nachteile wie etwa Kündigung, Abmahnung, Versagung einer Beförderung, geänderte Aufgabenübertragung, Disziplinarmaßnahmen, Diskriminierung, Rufschädigung oder Mobbing gezählt, die eine hinweisgebende Person infolge einer Meldung oder Offenlegung erleidet. Um die Durchsetzbarkeit von Ansprüchen wegen Repressalien gegen den Schädiger zu verbessern, enthält der Entwurf in Umsetzung der Richtlinie eine Beweislastumkehr zugunsten der geschützten Person.

Schadensersatzansprüche
Der Entwurf des HinSchG enthält zwei spezielle Schadensersatzvorschriften: Zum einen ist der hinweisgebenden Person bei einem Verstoß gegen das Repressalienverbot der daraus entstehende Schaden zu ersetzen. Zum anderen ist im Falle einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Falschmeldung die hinweisgebende Person zur Erstattung des dadurch eingetretenen Schadens verpflichtet.

Sanktionen
Verstöße gegen die wesentlichen Vorgaben des HinSchG sollen als Ordnungswidrigkeiten mit einer Geldbuße geahndet werden können. Dies gilt z.B. für das Behindern von Meldungen oder das Ergreifen von Repressalien, aber auch das wissentliche Offenlegen unrichtiger Informationen.

Der heute vom Bundeskabinett beschlossene Regierungsentwurf wird nun dem Bundesrat zur Stellungnahme zugeleitet und nach einer Gegenäußerung der Bundesregierung an den Deutschen Bundestag weitergeleitet und dort beraten.

Mehr zum Thema:

Für den auf den Webseiten des BMJ veröffentlichten Regierungsentwurf klicken Sie bitte hier.

Aufsätze:
Der neue Entwurf des Hinweisgeberschutzgesetzes - Gelungene Umsetzung der EU-Whistleblower-Richtlinie?
Reufels/Osmakova, ArbRB 2022, 147

Gratis abrufbar im Rahmen eines Tests des Beratermoduls Arbeitsrecht.


Mehr Mut zur Anonymität wagen
Fabian Tietz, ZWH 2022, 164

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BMJ PM vom 27.7.2022
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