19.09.2013

Kalkulatorische Gewerbesteuer nach § 8 GasNEV keine Betriebssteuer i.S.d. § 11 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ARegV

Die kalkulatorische Gewerbesteuer nach § 8 GasNEV ist keine Betriebssteuer i.S.d. § 11 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ARegV. Sie zählt daher nicht zu den dauerhaft nicht beeinflussbaren Kostenanteilen, deren Änderung nach § 4 Abs. 3 S. 1 ARegV zu einer Anpassung der Erlösobergrenze führt.

BGH 9.7 2013, EnVR 37/11
Der Sachverhalt:
Die Betroffene betreibt ein Gasverteilernetz. Mit Bescheid vom 18.11.2008 legte die Landesregulierungsbehörde die einzelnen Erlösobergrenzen für die Jahre 2009 bis 2012 niedriger als von der Betroffenen begehrt fest. Dabei erkannte sie u.a. im Rahmen der Ermittlung der dauerhaft nicht beeinflussbaren Kostenanteile nach § 11 Abs. 2 S. 1 ARegV die von der Betroffenen angesetzte kalkulatorische Gewerbesteuer nicht als Betriebssteuer i.S.d. Nr. 3 dieser Bestimmung an.

Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde der Betroffenen hob das OLG den Bescheid der Landesregulierungsbehörde auf und verpflichtete diese, die Erlösobergrenzen unter Berücksichtigung seiner Rechtsauffassung, zu den Betriebssteuern i.S.d. § 11 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ARegV sei auch die Gewerbesteuer zu rechnen, neu zu bestimmen. Die weitergehende Beschwerde der Betroffenen wies das OLG zurück.

Auf die Rechtsbeschwerden der Landesregulierungsbehörde und der Bundesnetzagentur hob der BGH den Beschluss des OLG auf und wies die Beschwerde der Betroffenen gegen den Bescheid der Landesregulierungsbehörde insgesamt zurück.

Die Gründe:
Bei der Ermittlung von Erlösobergrenzen sind nach § 21a Abs. 4 S. 1 EnWG die durch den jeweiligen Netzbetreiber beeinflussbaren und die von ihm nicht beeinflussbaren Kostenanteile zu unterscheiden. Nach dem Willen des Gesetzgebers umfasst der nicht beeinflussbare Kostenanteil nach § 21a Abs. 4 S. 2 EnWG solche Kosten der Netzbetreiber, auf deren Höhe sie nicht einwirken können und die deshalb keinen Effizienzvorgaben unterliegen; dieser Kostenanteil an dem Gesamtentgelt muss daher auf Grundlage der tatsächlichen Kosten nach § 21 Abs. 2 EnWG ermittelt werden. § 21a Abs. 4 S. 2 EnWG, § 11 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ARegV ordnen Betriebssteuern ausdrücklich als nicht beeinflussbare Kostenanteile ein. Darunter fallen nach dem Willen des Verordnungsgebers alle Steuern, die in der Steuerbilanz abzugsfähige Betriebsausgaben sind. Nach diesen Maßgaben ist die kalkulatorische Gewerbesteuer nach § 8 GasNEV keine Betriebssteuer i.S.d. § 11 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ARegV.

Im Rahmen der für die Bestimmung des Ausgangsniveaus der Erlösobergrenzen der ersten Regulierungsperiode nach § 6 Abs. 2 ARegV maßgebenden Ergebnisses der Kostenprüfung der letzten Genehmigung nach § 23a EnWG wie auch im Rahmen der Kostenprüfung nach § 6 Abs. 1 ARegV ist die Gewerbesteuer lediglich als kalkulatorische Kostenposition nach § 8 GasNEV in Ansatz zu bringen, während eine Berücksichtigung der tatsächlich angefallenen Gewerbesteuer nach § 5 Abs. 1 GasNEV ausgeschlossen ist. Durch den Ansatz kalkulatorischer Kosten sollen die unter simulierten Wettbewerbsbedingungen sich bildenden Netzentgelte ermittelt werden. Für den Ansatz der Gewerbesteuer hat nichts anderes zu gelten als für tatsächlich anfallende Kosten oder Kostenbestandteile, die sich ihrem Umfang nach im Wettbewerb nicht einstellen würden und aus diesem Grund gemäß § 21 Abs. 2 Satz 2 EnWG bei der Entgeltbildung nicht berücksichtigt werden dürfen.

Nach § 8 S. 1 GasNEV stellt die Eigenkapitalverzinsung nach § 7 GasNEV die Bemessungsgrundlage, d.h. den Gewerbeertrag, für die kalkulatorische Gewerbesteuer dar. Hierdurch wird auf eine rein fiktive Bemessungsgrundlage, die kalkulatorisch ermittelte Eigenkapitalverzinsung nach § 7 GasNEV, abgestellt. Ausgangspunkt sind somit nicht die der steuerlichen und handelsrechtlichen Gewinnermittlung zugrundeliegenden Größen. Die kalkulatorische Gewerbesteuer ist vielmehr Teil der kalkulatorischen Kostenrechnung, die die Entgeltbildung unter funktionierenden Wettbewerbsbedingungen simulieren soll. Danach begegnet es bereits Zweifeln, ob die kalkulatorische Gewerbesteuer unter das Tatbestandsmerkmal der Betriebssteuer i.S.d. § 11 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ARegV zu fassen ist. Nach dem Wortsinn dürften darunter nur "echte" betrieblich veranlasste Steuern fallen, nicht dagegen lediglich kalkulatorische Kostenansätze.

Gegen eine Einbeziehung der kalkulatorischen Gewerbesteuer unter die Betriebssteuern i.S.d. § 11 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ARegV spricht aber vor allem eine systematische Auslegung dieser Vorschrift. Die Rechtsbeschwerde weist zwar zutreffend darauf hin, dass in dem Katalog des § 11 Abs. 2 S. 1 ARegV kalkulatorisch ermittelte Kosten und Erlöse enthalten sind, wie etwa aus genehmigten Investitionsmaßnahmen nach Nummer 6, aus Mehrkosten für die Errichtung, den Betrieb und die Änderung von Erdkabeln nach Nr. 7, aus pauschalierten Investitionszuschlägen nach Nr. 12 und aus der Auflösung von Netzanschlusskostenbeiträgen und Baukostenzuschüssen nach Nr. 13. Daraus ist aber eher im Umkehrschluss zu folgern, dass andere kalkulatorisch ermittelte Kosten nicht in den Anwendungsbereich des § 11 Abs. 2 ARegV fallen sollen, weil dort i.Ü. nur aufwandsgleiche Kostenanteile i.S.d. § 5 GasNEV genannt werden, zu denen die kalkulatorische Gewerbesteuer nicht gehört.

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