06.09.2013

Kartellrecht: Zur Preismissbrauchskontrolle von Wasserpreisen

Der Kartellsenat des OLG Stuttgart hat über ein Kartellverfahren zur Preismissbrauchskontrolle von Wasserpreisen der Energie Calw GmbH als Wasserversorgungsunternehmen entschieden. Dabei hat er eine Verfügung des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft (ehemals Wirtschaftsministerium) Baden-Württemberg als Landeskartellbehörde von Februar 2011 (erneut) aufgehoben, die in einem Missbrauchsverfahren nach §§ 19, 32 ff. GWB gegen die Energie Calw GmbH ergangen war.

OLG Stuttgart 5.9.2013, 201 Kart 1/12
Der Sachverhalt:
Die Entscheidung betrifft ein Kartellverfahren zur Preismissbrauchskontrolle von Wasserpreisen. Hintergrund ist eine Verfügung des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft (ehemals Wirtschaftsministerium) Baden-Württemberg als Landeskartellbehörde von Februar 2011, die in einem Missbrauchsverfahren nach §§ 19, 32 ff. des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) gegen die Beschwerdeführerin, die Energie Calw GmbH, als Wasserversorgungsunternehmen ergangen war.

Mit der aufgehobenen Verfügung sollte die Beschwerdeführerin verpflichtet werden, für die Zeit vom 1.1.2008 bis 31.12.2009 bei allen Tarif-Wasserkunden bei der Berechnung der Wasserentgelte - statt der verlangten 2,79 €/Kubikmeter - einen Nettopreis von nicht mehr als 1,82 €/Kubikmeter anzusetzen; im Fall bereits erfolgter Endabrechnung sollte bis zum 31.5.2011 allen Wasserkunden die Differenz erstattet werden.

Der Kartellsenat des OLG hob die Verfügung auf, da die Landeskartellbehörde bei ihrer Kosten- und Kalkulationsprüfung zu Unrecht die Kalkulationsregeln für Strom- und Gasnetze zugrunde gelegt habe. Der Gesetzgeber habe bewusst von vergleichbaren Regelungen im Bereich der Wasserversorgung abgesehen. Auf die Rechtsbeschwerde der Landeskartellbehörde hob der BGH diese erste Entscheidung des OLG auf und entschied, dass eine Preiskontrolle nach den spartenfremden Verordnungen für die Strom- und Gasnetze zulässig ist, falls Unsicherheiten durch Zuschläge ausgeglichen werden. Ein Preismissbrauch sei erst anzunehmen, wenn der tatsächliche Preis den ermittelten Wettbewerbspreis weit übersteige, wobei ein Erheblichkeitszuschlag vorzunehmen sei.

Das OLG hob die Verfügung der Landeskartellbehörde von Februar 2011 nun erneut auf.

Die Gründe:
Im zweiten Rechtsgang war insbes. zu prüfen, ob die Landeskartellbehörde in der angefochtenen Verfügung von Februar 2011 in Anlehnung an die Verordnungen für Strom- und Gaspreise eine richtige Kalkulation mit angemessenen Zuschlägen vorgenommen hat. Im Ergebnis ist die Kalkulation, die der Wasserversorger als Monopolunternehmen gem. § 19 Abs. 4 Nr. 2 GWB vorzunehmen hat ("Als-Ob-Wettbewerb"), zumindest teilweise zu beanstanden.

In etlichen Kalkulationsansätzen ist der Landeskartellbehörde methodisch und sachlich zu folgen, bei einzelnen Positionen sind jedoch die Bewertungen des Wasserversorgers zu berücksichtigen, weshalb der Landeskartellbehörde mit der heutigen Entscheidung aufgegeben wurde, auf der Grundlage der vom Senat aufgestellten Einzelbewertungsansätze eine neue Verfügung zu treffen. Diese Ansätze betreffen insbes. Werbungskosten, Zuschlüsselung von Personalaufwendungen einschließlich Abfindungen, kalkulatorische Kosten, Behandlung des Anlagevermögens sowie Kosten der Wasserbeschaffung.

OLG Stuttgart PM vom 5.9.2013
Zurück