10.09.2019

Kein Schadensersatzanspruch wegen manipulierter Abschalteinrichtung gegen Importeurin von Skoda-Neufahrzeugen

Das Wissen der Volkswagen AG kann der Importeurin von Neufahrzeugen der Marke Skoda, die mit dem Dieselmotor EA 189 ausgestattet sind, nicht ohne weiteres zugerechnet werden. Schadensersatzansprüche eines Käufers wegen sittenwidriger Schädigung oder Täuschung durch die Importeurin bestehen daher nicht.

OLG Frankfurt a.M. v. 4.9.2019 - 13 U 136/18
Der Sachverhalt:
Der Kläger verlangt Schadensersatz wegen des Erwerbs eines PKW Skoda Yeti 2.0 TDI, der mit dem Dieselmotor Typ EA 189 ausgestattet ist. Der Kläger behauptet, es sei eine unzulässige Motorsteuerungssoftware zur Regulierung der Stickoxidwerte eingebaut worden. Die Beklagte ist die deutsche Importeurin für Neufahrzeuge der Marke Skoda. Alleinige Gesellschafterin der Beklagten ist die Porsche Siebte Vermögensverwaltung GmbH, deren einzige Gesellschafterin die VW AG ist. Zwischen den Gesellschaften bestehen jeweils Beherrschung- und Gewinnabführungsverträge.

Das LG wies die Klage ab. Die Berufung des Klägers hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig; der Kläger kann mit der Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH die Zulassung der Revision begehren.

Die Gründe:
Der Kläger hat weder eine sittenwidrige Schädigung noch eine Täuschung durch die Beklagte, die lediglich Importeurin des streitgegenständlichen PKWs ist, dargelegt. Die Beklagte muss sich nicht das behauptete Wissen der VW AG hinsichtlich der Ausstattung des Dieselmotor EA 189 mit einer manipulierten Software zurechnen lassen. Das Wissen eines Gesellschafters wird einer juristischen Person grundsätzlich nicht zugerechnet. Der Gesellschafter ist weder Repräsentant noch an der unternehmensinternen Willensbildung beteiligt. So steht der Gesellschaft bereits regelmäßig kein Auskunftsanspruch gegen ihre Gesellschafter zu, so dass sie an deren Wissen auch nicht partizipieren kann.

Lediglich wenn die Gesellschaft auf Weisung des Gesellschafters gehandelt hat, muss sie sich auch deren Wissen zurechnen lassen. Hier ist jedoch weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die VW AG oder aber die Porsche Siebte Vermögensverwaltung GmbH im Zusammenhang mit der manipulierten Software eine konkrete Weisung an die Organe der Beklagten erteilt haben.

Der Umstand, dass die beteiligten Gesellschaften in einem Konzern verbunden sind, reicht für sich genommen für eine Wissenszurechnung ebenfalls nicht aus. Entscheidend ist, ob und wieweit ein Konzernunternehmen im Sinne einer sog. Wissensorganisationspflicht Zugriff auf die in einem anderen Konzernunternehmen vorhandenen Informationen hat, den es vorwerfbar nicht nutzt. Eine solche Verantwortung kann sich etwa aus den Pflichten der Konzernobergesellschaft in Bezug auf den Konzern ergeben, so dass ihr das Wissen von Tochtergesellschaften zuzurechnen ist. Hier liegt der Fall jedoch umgekehrt. Der beklagten Tochtergesellschaft soll Wissen der Konzernobergesellschaft zugerechnet werden. Eine Tochtergesellschaft, so auch die Beklagte hier, ist jedoch regelmäßig nicht für die Wissensorganisation im Konzern verantwortlich.
OLG Frankfurt a.M. PM Nr. 51 vom 9.9.2019
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