28.06.2013

Keine entschädigungslose Anbringung von Funkanlagen der Feuerwehr auf gewerblich genutzten Funktürmen

Betreiber gewerblich errichteter und genutzter Antennenträger können nicht verpflichtet werden, auf einem von ihnen betriebenen Funkturm die Anbringung einer Funkanlage zur Alarmierung von Rettungsdienst und Feuerwehr ohne Entschädigung zu dulden. Eine entschädigungslose Inanspruchnahme ihres Eigentums und ihrer beruflichen Leistung griffe unverhältnismäßig in die verfassungsrechtlich geschützte Berufsfreiheit und das Eigentum ein.

BVerwG 26.6.2013, 6 C 1.12
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine Gesellschaft im Konzern der Deutschen Telekom AG. Sie errichtet und betreibt Antennenträger, an denen sie Anbietern von Mobilfunk, Rundfunk- und Fernsehsendern sowie öffentlichen Einrichtungen wie der Polizei Plätze zur Anbringung und Nutzung von Funkanlagen gegen Entgelt überlässt. Der beklagte Kreis Warendorf schloss im Jahre 2000 mit der Klägerin einen Vertrag, nach dem er auf deren Funkturm in Sendenhorst eine Gleichwellenfunkanlage für den Feuerschutz und den Rettungsdienst des Kreises gegen Zahlung eines Entgelts von jährlich 3.000 DM errichten und nutzen durfte.

Im Jahre 2006 kündigte der beklagte Kreis den Vertrag und verpflichtete die Klägerin durch Bescheid, den Betrieb der Gleichwellenfunkanlage entschädigungslos zu dulden. Er stützte sich dabei auf eine Vorschrift des nordrhein-westfälischen Feuerschutzgesetzes, nach der Eigentümer und Besitzer von Gebäuden und Grundstücken verpflichtet sind, die Brandschau und die Anbringung von Feuermelde- und Alarmeinrichtungen sowie von Hinweisschildern zur Gefahrenbekämpfung ohne Entschädigung zu dulden (§ 28 Abs. 1 FSHG).

VG und OVG wiesen die gegen den Bescheid gerichtete Klage ab. Auf die Revision der Klägerin hob das BVerwG die Urteile auf und gab der Klage statt.

Die Gründe:
Bei der gebotenen verfassungskonformen Auslegung erfasst die hier herangezogene Vorschrift des § 28 Abs. 1 FSHG nicht Eigentümer und Besitzer gewerblich errichteter und betriebener Antennenträger. Eine entschädigungslose Inanspruchnahme ihres Eigentums und ihrer beruflichen Leistung griffe unverhältnismäßig in die verfassungsrechtlich geschützte Berufsfreiheit und das Eigentum ein.

Regelmäßig wird dem Eigentümer und Besitzer aufgrund des FSHG lediglich eine zusätzliche, von ihm bislang nicht aktualisierte und als wirtschaftlich unergiebig betrachtete Nutzung (zum Beispiel des Daches seines Hauses für die Anbringung einer Feuersirene) aufgezwungen. Bei gewerblichen Betreibern von Antennenträgern wird hingegen gerade auf die Nutzung zugegriffen, die der Betreiber bei der Errichtung seiner Anlage im Auge hatte, in die er zielgerichtet investiert hat und die er als Basis seiner geschäftlichen Aktivität verwendet. Seine Eigentümerbefugnisse werden hierdurch in ihrem Kern betroffen. Der staatliche Zugriff wäre nur zumutbar, wenn er einen Ausgleich erhielte, den das Gesetz hier gerade nicht vorsieht.

Darüber hinaus darf der Staat die Bürger für Aufgaben, die im öffentlichen Interesse liegen, regelmäßig nur dann beruflich in Anspruch nehmen, wenn er eine angemessene Entschädigung für die Inanspruchnahme leistet. Eine Inanspruchnahme kann zwar ausnahmsweise entschädigungslos zulässig sein, wenn ein hinreichender Verantwortungszusammenhang zwischen dem Zugriffsobjekt bzw. dem Eigentümer auf der einen und dem verfolgten Gemeinwohlziel auf der anderen Seite besteht. Der Betreiber eines gewerblichen Funkturms trägt aber keine besondere, herausgehobene Verantwortung für den Brand- und Katastrophenschutz, die eine Abkehr von dem Prinzip rechtfertigen würde, dass die öffentliche Aufgabe des Brandschutzes aus Steuermitteln zu finanzieren ist.

Linkhinweis:

Auf den Webseiten des BVerwG finden Sie die Pressemitteilung hier.

BVerwG PM Nr. 39 vom 26.6.2013
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