08.03.2021

Keine Spürbarkeit nach § 3a UWG bei Verstoß gegen TextilKennzVO durch Materialangabe "Acryl" statt "Polyacryl"

Das Angebot von Textilien unter der Materialangabe "Acryl" verstößt gegen die Marktverhaltensregeln der TextilKennzVO, wenn es sich bei dem verwendeten Material tatsächlich um Polyacryl handelt. Der Verstoß ist jedoch nicht geeignet, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar im Sinnen von § 3a UWG zu beeinträchtigen. Der angesprochene Verkehr wird keine Veranlassung zu der Annahme haben, es handele sich bei "Acryl" um eine andere Faser als "Polyacryl". Er wird vielmehr umgangssprachlich den Begriff "Acryl" als Abkürzung für "Polyacryl" verwenden.

OLG Frankfurt a.M. v. 14.1.2021 - 6 U 256/19
Der Sachverhalt:
Die Parteien streiten um wettbewerbsrechtliche Unterlassungs- und Abmahnkostenersatzansprüche bzgl. der Materialangabe "Acryl".

Die Klägerin vertreibt Bekleidung und Accessoires, die die Beklagte herstellt. Ursprung des Streits ist der Vorwurf eines Verstoßes gegen die TextilKennzVO dadurch, dass die Beklagte bei einigen Kleidungsstücken statt der zulässigen Materialangabe "Polyacryl" die Angabe "Acryl" verwendet habe.

Nachdem die Klägerin von einer Dritten wegen der Verwendung der Materialangabe "Acryl" abgemahnt worden war, klagte die Klägerin auf Änderung der Materialbezeichnung. Das LG hat die Beklagte entsprechend verurteilt.

Das OLG hat die Klage hingegen abgewiesen. Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Die Gründe:
Zwar hat die Beklagte durch das Angebot von Textilien unter der Materialbezeichnung "Acryl" gegen Art. 5 Abs. 1, 15 Abs. 3, 16 Abs. 1 und 3 TextilKennzVO verstoßen.

Der Verstoß gegen die Marktverhaltensregel der TextilKennzVO ist jedoch nicht geeignet, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen.

Besteht der Verstoß gegen eine Marktverhaltensregelung darin, dass dem Verbraucher eine wesentliche Information vorenthalten wird, ist dieser Verstoß nur dann spürbar nach § 3a UWG, wenn er die ihm vorenthaltene wesentliche Information je nach den Umständen benötigt, um eine informierte Entscheidung zu treffen, und deren Vorenthalten geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

Der angesprochene Verkehr, zu dem auch die Mitglieder des erkennenden Senates gehören, wird keine Veranlassung zu der Annahme haben, es handele sich bei "Acryl" um eine andere Faser als "Polyacryl". Der Verkehr wird vielmehr umgangssprachlich den Begriff "Acryl" als Abkürzung für Polyacryl verwenden. Dies schon deshalb, weil dem Verkehr keine andere Acrylfaser bekannt ist.

Das Vorenthalten dieser Information ist daher nicht geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er bei Angabe des Begriffs "Polyacryl" nicht getroffen hätte.
Justiz Hessen online
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