10.07.2019

Kürzung garantierter Renditen für Betreiber von Strom- und Gasnetzen ist rechtmäßig

Die Senkung der staatlich garantierten Renditen für Netzbetreiber durch die Bundesnetzagentur in der dritten Regulierungsperiode ist rechtmäßig. Der BGH hat damit seine zu früheren Regulierungsperioden ergangene Rechtsprechung bekräftigt, wonach der Bundesnetzagentur bei der Bestimmung des Zinssatzes, insbesondere bei der Wahl der dafür herangezogenen Methoden, in einzelnen Beziehungen ein Beurteilungsspielraum zusteht.

BGH v. 9.7.2019 - EnVR 41/18 u.a.
Der Sachverhalt:
In Deutschland müssen die Lieferanten von Gas und Elektrizität an die Betreiber der von ihnen genutzten Netze ein Entgelt zahlen. Der Gesamtbetrag dieser Entgelte darf allerdings eine bestimmte Obergrenze nicht überschreiten. Diese Erlösobergrenze setzen die Bundesnetzagentur und die Landesregulierungsbehörden für jeden in ihren Zuständigkeitsbereich fallenden Netzbetreiber jeweils für einen bestimmten Zeitraum - die sog. Regulierungsperiode - im Voraus fest.

Bei der Berechnung der Obergrenze ist u.a. eine angemessene Verzinsung des vom Netzbetreiber eingesetzten Eigenkapitals zu gewährleisten. Den maßgeblichen Zinssatz legt die Bundesnetzagentur für jede Regulierungsperiode gesondert fest. Für die erste Regulierungsperiode lag er bei 9,29% für Neuanlagen und bei 7,56% für Altanlagen, für die zweite Regulierungsperiode bei 9,05% bzw. 7,14%. Für die dritte Regulierungsperiode (Gas: 2018 bis 2022; Strom: 2019 bis 2023) hat die Bundesnetzagentur den Zinssatz auf 6,91% für Neuanlagen und 5,12% für Altanlagen festgelegt. Dagegen haben zahlreiche Netzbetreiber Beschwerde erhoben.

Das OLG Düsseldorf hat den Beschluss der Bundesnetzagentur aufgehoben. Es war der Ansicht, dass die Vorgehensweise der Bundesnetzagentur im Ansatz zwar rechtmäßig gewesen sei. Allerdings habe die Bundesnetzagentur einen für die Bestimmung des Zinssatzes maßgeblichen Faktor - die sog. Marktrisikoprämie - methodisch fehlerhaft allein aus historischen Daten abgeleitet, ohne die Sondersituation des gegenwärtigen Marktumfelds zu berücksichtigen und eine um alternative Ansätze ergänzte Würdigung und Plausibilitätskontrolle durchzuführen. Prägend für dieses Marktumfeld sei insbesondere eine hohe Volatilität der Aktienmärkte, ein historisch niedriges Zinsniveau und eine ungewöhnlich hohe Differenz zwischen den Zinssätzen für Interbankengeschäfte und Staatsanleihen.

Auf Rechtsbeschwerden beider Parteien hat der BGH das Rechtsmittel der Netzbetreiberin, die eine ihr noch günstigere Beurteilung angestrebt hatte, zurückgewiesen. Auf die Rechtsbeschwerde der Bundesnetzagentur hat er die Entscheidung des OLG Düsseldorf aufgehoben und die Festlegung der Bundesnetzagentur bestätigt. Die Rechtssache, wurde in zwei getrennten Verfahren (jeweils eines für Gas und für Elektrizität) geführt.

Gründe:
Wie von der Vorinstanz bereits festgestellt, war die von der Bundesnetzagentur gewählte Methode bei Anlegung des Maßstabs im Ausgangspunkt rechtlich nicht zu beanstanden. Allerdings war die Bundesnetzagentur aus Rechtsgründen nicht verpflichtet, diese Methode im Hinblick auf historische Besonderheiten am Kapitalmarkt zu modifizieren oder den ermittelten Zinssatz einer ergänzenden Plausibilitätsprüfung zu unterziehen.

Zwar hält die Einschätzung des OLG, dass die für den in Rede stehenden Zeitraum maßgebliche Situation sich als historisch einmalig darstellt, der rechtlichen Überprüfung für sich gesehen stand. Allerdings ergeben sich aus den vom OLG getroffenen Feststellungen keine Anhaltspunkte dafür, dass die von der Bundesnetzagentur gewählte Methode als solche nicht geeignet ist, diesen Besonderheiten angemessen Rechnung zu tragen, und deshalb eine zusätzliche Plausibilisierung geboten ist.

Damit hat der BGH seine zu früheren Regulierungsperioden ergangene Rechtsprechung bekräftigt, wonach der Bundesnetzagentur bei der Bestimmung des Zinssatzes, insbesondere bei der Wahl der dafür herangezogenen Methoden, in einzelnen Beziehungen ein Beurteilungsspielraum zusteht.

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BGH PM Nr. 94 vom 10.7.2019
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