05.06.2025

Löschung von Negativbewertungen im Internet als unzulässige Rechtsdienstleistung

Das Angebot eines nicht als Rechtsanwaltsgesellschaft und Rechtsdienstleisterin zugelassenen Unternehmens, negative Bewertungen löschen zu lassen, ist eine unzulässige Rechtsdienstleistung, wenn das Unternehmen zwar nur mit einem Standardschreiben einen fehlenden Anknüpfungspunkt für die Bewertung/en gegenüber den Portalbetreibern behauptet, objektiv aber den Eindruck einer Einzelfallprüfung erweckt.

OLG Frankfurt a.M. v. 7.11.2024 - 6 U 90/24
Der Sachverhalt:
Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass ein vom Beklagten vorgerichtlich geltend gemachter wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch unbegründet ist.

Die Klägerin ist weder eine Rechtsanwaltsgesellschaft noch als Rechtsdienstleisterin zugelassen. Sie warb auf ihrer Internetseite damit, negative Bewertungen im Internet löschen zu lassen. Der Beklagte, ein Rechtsanwalt, der Mandanten auch zu Reputationsmaßnahmen im Internet berät, sieht hierin eine unbefugte Rechtsdienstleistung.

Er mahnte die Klägerin erfolglos wegen Verstoßes gegen § 3 i.V.m. § 2 Abs. 1 RDG i.V.m. § 3a UWG ab. Dabei forderte er die Klägerin auf, es ab sofort zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr Dienstleistungen bezüglich der Beanstandung oder Löschung von Bewertungen anzubieten, zu bewerben und/oder durchzuführen.

Die Klägerin beantragte erstinstanzlich, festzustellen, dass dem Beklagten gegenüber der Klägerin kein Anspruch zusteht, wonach es die Klägerin zu unterlassen habe, im geschäftlichen Verkehr Dienstleistungen bezüglich der Beanstandung oder Löschung von Bewertungen anzubieten.

Das LG wies die Klage ab. Auch die Berufung vor dem OLG hatte keinen Erfolg. Die Revision wurde nicht zugelassen.

Die Gründe:
Das LG ist zu Recht davon ausgegangen, dass die negative Feststellungsklage unbegründet ist. Dem Beklagten steht der mit dem vorgerichtlichen Abmahnschreiben geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu. Der Beklagte ist als Mitbewerber der Klägerin bei der Entfernung von Negativbewertungen im Internet aktivlegitimiert (§ 8 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 2 Nr. 4 UWG).

Der vom Beklagten vorgerichtlich geltend gemachte Unterlassungsanspruch folgt aus § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG i.V.m. §§ 3, 3a UWG, § 2 Abs. 1, § 3 RDG. Die Klägerin hat mit dem streitgegenständlichen Dienstleistungsangebot der Entfernung von Bewertungen eine unzulässige geschäftliche Handlung in Form eines Rechtsbruchs begangen (§§ 3, 3a UWG). Die entscheidungserheblichen Vorschriften des Rechtsdienstleistungsgesetzes sind Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 3a UWG.

Die Klägerin hat mit dem vom Beklagten beanstandeten Dienstleistungsangebot gegen § 3 i.V.m. § 2 Abs. 1 RDG verstoßen. Die Klägerin ist unstreitig nicht zur Erbringung von Rechtsanwalts- oder Rechtsdienstleistungen berechtigt. Zwar mag sie zu Gunsten von Kunden tatsächlich keine Rechtsdienstleistung erbracht haben (bzw. erbringen). Eine solche hat sie aber angeboten, beworben und aus objektiver Sicht jedenfalls eines erheblichen Teils des angesprochenen Adressatenkreises auch vorgenommen.

Die Klägerin hat (entsprechend ihrem Vortrag) nur negative Bewertungen ohne jede rechtliche Prüfung an Portalbetreiber weitergeleitet, mit dem Hinweis, es fehle an einem konkreten "Anknüpfungspunkt". Diese Beanstandung verstehen Portalbetreiber nach zutreffender Auffassung der Klägerin dahin, dass sich kein Kontakt des Bewertenden zum Bewerteten feststellen lasse, der nach den Bedingungen der Portalbetreiber grundsätzlich Grundlage einer Bewertung sein muss.

Die hohe Löschungsquote der Klägerin beruht insoweit nicht auf einer einzelfallbezogenen Rechtsprüfung und Beanstandung, sondern auf dem Umstand, dass die Portalbetreiber die Beanstandung zu überprüfen und dem Bewertenden Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben haben. Bleibt eine solche innerhalb einer nach den Umständen angemessenen Frist aus, ist von der Berechtigung der Beanstandung auszugehen und der beanstandete Eintrag zu löschen. Den Aufwand einer substantiierten Stellungnahme (ggf. nebst Beleg für einen geschäftlichen Kontakt) sparen sich augenscheinlich viele Bewertende.

Ein Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1 UWG besteht grundsätzlich schon beim Erbieten zur Rechtsdienstleistung ohne entsprechende Erlaubnis. Ein solches Verhalten begründet die Gefahr, der Angebotsempfänger werde sich an einen nicht ausreichend qualifizierten Rechtsdienstleister wenden.

Es liegt nicht nur ein Verstoß gegen das Irreführungsverbot des § 5 UWG vor, sondern (auch) ein Verstoß gegen § 2 Abs. 1, § 3 RDG. Die Sache liegt nicht anders als bei einer zwar in Aussicht gestellten, tatsächlich aber nicht erbrachten anwaltlichen Tätigkeit. Auch in dem Fall wird objektiv aus Mandantensicht eine Anwaltsleistung erbracht. Bei abweichender Bewertung könnte risikolos mit einer Rechtsanwalts- oder Rechtsdienstleistung geworben werden, wenn eine solche nur der Sache nach nicht erbracht wird.

Verstöße gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz stellen ein unlauteres Verhalten im Sinne von § 3a UWG dar. Sie sind in aller Regel schon im Hinblick auf den Rang der verletzten Interessen und wegen der Nachahmungsgefahr geeignet, die Interessen der Marktteilnehmer spürbar zu beeinträchtigen.

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Link zum Volltext der Entscheidung des OLG Frankfurt a.M.

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