16.03.2018

Marke mit Wortbestandteil Mafia ist nichtig

Die Marke "La Mafia se sienta a la mesa" verstößt gegen die öffentliche Ordnung; sie verweist auf eine kriminelle Organisation, gibt ein insgesamt positives Abbild dieser Organisation und verharmlost ihre schwerwiegenden Verstöße gegen die Grundwerte der Union. Die Marke ist geeignet, nicht nur bei den Opfern dieser kriminellen Organisation, sondern bei jeder Person im Unionsgebiet, die mit dieser Marke konfrontiert wird und über eine durchschnittliche Empfindlichkeits- und Toleranzschwelle verfügt, Anstoß zu erregen oder diese zu beleidigen.

EuG 15.3.2018, T-1/17
Der Sachverhalt:
Im Jahr 2006 stellte die spanische Gesellschaft La Honorable Hermandad (deren Rechtsnachfolgerin La Mafia Franchises ist) beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) einen Antrag auf Eintragung einer Unionsmarke u.a. für Verpflegungsdienstleistungen. Die Marke zeigt einen weißen Schriftzug ("La Mafia se sienta a la mesa") auf quadratischem schwarzem Grund sowie die Abbildung einer roten Rose schräg hinter dem Wort "Mafia".

Im Jahr 2015 stellte Italien beim EUIPO einen Antrag auf Nichtigerklärung dieser Marke, den es damit begründete, dass sie gegen die öffentliche Ordnung und gegen die guten Sitten verstoße. Das EUIPO gab dem Antrag statt. Die Marke "La Mafia se sienta a la mesa" fördere die unter dem Namen "Mafia" bekannte kriminelle Organisation offenkundig. Die Wortbestandteile dieser Marke brächten insgesamt eine Botschaft von Geselligkeit zum Ausdruck und verharmlosten den Wortbestandteil "Mafia", womit sie dem hiervon vermittelten Ernst nicht gerecht würden. La Mafia Franchises stellte daraufhin Antrag auf Aufhebung der Entscheidung.

Das EuG wies die Klage ab. Gegen die Entscheidung kann innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung ein auf Rechtsfragen beschränktes Rechtsmittel beim EuGH eingelegt werden.

Die Gründe:
Der Wortbestandteil "La Mafia" in der Marke ist dominierend und wird weltweit als Hinweis auf eine kriminelle Organisation verstanden, die u.a. auf Einschüchterung, körperliche Gewalt und Mord zurückgreift, um ihre kriminellen Ziele wie Drogenhandel, Waffenhandel, Geldwäsche oder Korruption zu erreichen. Derartige kriminelle Tätigkeiten verstoßen gegen die Grundrechte der EU, insbesondere gegen die Werte der Achtung der Menschenwürde und der Freiheit, die unteilbar sind und die das geistig-religiöse und sittliche Erbe der Union bilden. Angesichts ihrer grenzüberschreitenden Dimension stellen die kriminellen Tätigkeiten der Mafia eine ernsthafte Bedrohung für die Sicherheit im gesamten Unionsgebiet dar. Der Wortbestandteil "La Mafia" lässt die Verkehrskreise also offenkundig an den Namen einer kriminellen Organisation denken, die für besonders schwerwiegende Verstöße gegen die öffentliche Ordnung verantwortlich ist.

Der Umstand, dass La Mafia Franchises mit der Anmeldung der Marke "La Mafia se sienta a la mesa" darauf abgezielt haben will, die Kino-Saga "Der Pate" in Erinnerung zu rufen, nicht aber Anstoß zu erregen oder zu beleidigen, hat keinen Einfluss auf die negative Wahrnehmung dieser Marke durch die Verkehrskreise. Auch die von der Marke der spanischen Gesellschaft erworbene Bekanntheit und das thematisch angelegte Konzept der Restaurants, die bzw. das mit den Filmen der Saga "Der Pate" in Zusammenhang steht, sind für die Beurteilung, ob die angegriffene Marke gegen die öffentliche Ordnung verstößt, unerheblich. Die Verknüpfung des Wortbestandteils "La Mafia" mit dem Satz "se sienta a la mesa" (was im Spanischen "setzt sich zu Tisch" bedeutet) einerseits und mit einer roten Rose andererseits ist zudem geeignet, ein insgesamt positives Bild der Tätigkeiten der Mafia zu vermitteln und die kriminellen Tätigkeiten dieser Organisation zu verharmlosen.

Nach alldem verweist die streitgegenständliche Marke somit auf eine kriminelle Organisation, gibt ein insgesamt positives Abbild dieser Organisation und verharmlost die schwerwiegenden Verstöße dieser Organisation gegen die Grundwerte der Union. Die Marke ist folglich geeignet, nicht nur bei den Opfern dieser kriminellen Organisation und ihren Familien, sondern bei jeder Person im Unionsgebiet, die mit dieser Marke konfrontiert wird und über eine durchschnittliche Empfindlichkeits- und Toleranzschwelle verfügt, Anstoß zu erregen oder diese zu beleidigen. Deshalb ist sie für nichtig zu erklären.

Linkhinweis:

Für den auf den Webseiten des EuGH veröffentlichten Volltext der Entscheidung klicken Sie bitte hier.

EuG PM Nr. 33 vom 15.3.2018
Zurück