01.07.2013

Maßnahmenpaket gegen unseriöse Geschäftspraktiken

Der Bundestag hat in 2. und 3. Lesung das Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken verabschiedet. Das Maßnahmenpaket enthält Regeln zum Vorgehen gegen unseriöse Geschäftsmethoden beim Inkasso, gegen überzogene urheberrechtliche Abmahnungen, gegen unlautere Telefonwerbung sowie missbräuchliches Verhalten von Unternehmen im Wettbewerb.

Urheberrecht
Abmahnungen - gebührenpflichtige Schreiben eines Rechtsanwalts - sind ein u.a. im Urheber- und Wettbewerbsrecht etabliertes und legitimes Instrument. Zwar hilft es, kostspielige Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden. Es soll aber nicht für anwaltliche Geschäftsmodelle herhalten, bei denen die massenhafte Abmahnung von Internetnutzern wegen Urheberrechtsverstößen zur Gewinnoptimierung betrieben wird. Eine 2008 eingeführte Begrenzung der Gebühren erfüllte ihren Zweck nicht. Sie erzeugte Rechtsunsicherheit bei den Betroffenen, die oft das mit der Abmahnung vorgelegte "Vergleichsangebot" annahmen.

Es vermehrten sich die Beschwerden über anwaltliche, komplett auf Textbausteinen basierende und ohne individuelle Überprüfung ausgesprochene "Massenabmahnungen" mit Forderungen von durchschnittlich 700 €. Nach den statistischen Erhebungen des Vereins gegen den Abmahnwahn e.V. im Jahr 2011 sind über 218 000 Abmahnungen mit einem Gesamtforderungsvolumen von über 165 Mio. € versandt worden bei einer durchschnittlichen Zahlerquote von knapp 40%.

Infolgedessen wird im Urheberrechtsgesetz nunmehr zielgenau geregelt, dass die Erstattung der Anwaltskosten bei bestimmten Urheberrechtsstreitsachen mit klar bestimmbaren Tatbestandsmerkmalen auf Gebühren nach einem Gegenstandswert von 1.000 € begrenzt wird. So sind die Gebühren für die erste Abmahnung bei privat handelnden Nutzern stark begrenzt (jetzt 155,30 € nach Regelgebühr). Nur in besonderen Ausnahmefällen kann von diesem Wert abgewichen werden. Dazu bedarf es einer Darlegung, weshalb der Gegenstandswert nach den besonderen Umständen des Einzelfalles unbillig wäre. Die Darlegungs- und Beweislast für diese besonderen Umstände trägt derjenige, der von diesem Wert abweichen möchte. Bei höheren Forderungen wäre dies der Abmahnende.

Außerdem werden besondere inhaltliche Anforderungen für Abmahnungen festgelegt, die die Transparenz erhöhen sollen. Für den Empfänger der Abmahnung soll immer klar und eindeutig erkennbar sein, wessen Rechte er wodurch verletzt haben soll, wie sich geltend gemachte Zahlungsansprüche zusammensetzen und welche Zahlungen im Einzelnen von ihm verlangt werden. Zudem wird - ebenso wie für wettbewerbsrechtliche Abmahnungen - durch Einführung eines Gegenanspruchs die Position des Abgemahnten gegenüber einem unberechtigt oder unwirksam Abmahnenden gestärkt.

Schließlich können Klagen gegen Verbraucher wegen Urheberrechtsverletzungen nicht mehr unbegrenzt am Handlungsort erhoben werden. Gerade bei Klagen wegen Rechtsverletzungen im Internet heißt das, dass sich der Kläger künftig nicht mehr das Gericht mit der für ihn günstigsten Rechtsprechung aussuchen kann. Der Verbraucher kann sich in Zukunft darauf verlassen, dass er wegen Urheberrechtsverletzungen an seinem Wohnsitz verklagt wird.

Inkasso
Von nun an sieht jeder Schuldner sofort, für wen das Inkassounternehmen arbeitet, worauf die geltend gemachte Forderung beruht und wie sich die Inkassokosten berechnen. Durch eine gesetzliche Regelung der Erstattungsfähigkeit von Inkassokosten der Inkassounternehmen sollen davor geschützt werden, überzogene Inkassokosten zu zahlen. Derzeit gibt es keine klare Regelung, bis zu welcher Höhe Inkassokosten geltend gemacht werden können. Künftig sind Inkassokosten nur noch bis zu dem Betrag erstattungsfähig, den ein Rechtsanwalt für eine entsprechende Tätigkeit höchstens verlangen kann. Eine Verordnungsermächtigung ermöglicht, zusätzlich Höchstsätze für bestimmte Inkassotätigkeiten wie das erste Mahnschreiben oder das Mengeninkasso festzusetzen.

Die Inkassobranche unterliegt künftig einer strengeren Aufsicht. Damit unseriöse Unternehmen schneller vom Markt verschwinden, sollen die Widerrufsmöglichkeiten für die Registrierung erweitert werden. Aufsichtsmaßnahmen unterhalb des Widerrufs der Registrierung, wie etwa die Möglichkeit, den Betrieb vorübergehend ganz oder teilweise zu untersagen, verbessern die Handlungsmöglichkeiten der Aufsichtsbehörden. Betriebe ohne Registrierung können geschlossen werden. Neue Bußgeldtatbestände und die Anhebung des Höchstsatzes von 5.000 auf 50.000 € stärken die Sanktionsmöglichkeiten gegen unseriöse Unternehmen im In- und Ausland.

Telefonwerbung
Für automatische Anrufmaschinen bestand bislang eine Gesetzeslücke, die nun geschlossen werden wird. Telefonwerbung kann künftig nicht nur mit einer Geldbuße geahndet werden, wenn eine natürliche Person den Anruf tätigt. Eine Abrede über Gewinnspieldienste ist künftig allgemein nur wirksam, wenn sie in Textform abgeschlossen wird. Zudem wird die Bußgeldobergrenze bei dem bereits bestehenden Bußgeldtatbestand im Fall unerlaubter, ohne den Einsatz einer automatischen Anrufmaschine erfolgender Werbeanrufe deutlich erhöht.

Unlauterer Wettbewerb
Missstände bei Abmahnungen im Wettbewerbsrecht werden begrenzt. Durch die in dem Entwurf enthaltenen Regelungen werden finanzielle Anreize für Abmahnungen deutlich verringert und die Position des Abgemahnten gegenüber einem missbräuchlich Abmahnenden gestärkt. Dadurch soll die Zahl der Abmahnungen abnehmen, die weniger im Interesse eines lauteren Wettbewerbs als zur Gebührenerzielung ausgesprochen werden.

Zudem wird überprüft, ob im Wettbewerbsrecht und in weiteren Rechtsgebieten, dem Presse- und Äußerungsrecht, dem Recht des gewerblichen Rechtsschutzes sowie dem Urheberrecht, ein Bedürfnis für eine weitergehende Abschaffung des sog. "fliegenden Gerichtsstands" besteht.

Linkhinweis:

  • Für die auf den Webseiten des BMJ veröffentlichte Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses v. 26.6.2013 klicken Sie bitte hier (pdf-Dokument).
  • Für das Plenarprotokoll v. 27.6.2013 (Tagesordnungspunkt 20, Seite IX) klicken Sie bitte hier (pdf-Dokument).
BMJ PM v. 28.6.2013
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