05.09.2019

Mehrere gleichlautende Abmahnungen an verschiedene Empfänger können eine einheitliche Angelegenheit darstellen

Lässt sich der Rechtsinhaber gegenüber unterschiedlichen, rechtlich oder wirtschaftlich nicht verbundenen Unternehmen oder Personen in engem zeitlichen Zusammenhang getrennte, im Wesentlich gleichlautende Abmahnungen wegen des rechtswidrigen Vertriebs von Vervielfältigungsstücken derselben Werke aussprechen, die aus derselben Quelle stammen, so können diese Abmahnungen eine Angelegenheit i.S.d. § 15 Abs. 2 RVG darstellen.

BGH v. 6.6.2019 - I ZR 150/18
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte an den Filmwerken "Der Novembermann", "Als der Fremde kam" und "Meine fremde Tochter", an denen der im Juni 2016 verstorbene Schauspieler Götz George mitgewirkt hatte. Sie hatte der Beklagten das Recht zum Vertrieb dieser Werke auf DVD eingeräumt, welche sie später wieder kündigte. Die Beklagte vertrieb DVDs mit diesen Filmen gleichwohl weiter.

Die Klägerin ließ daraufhin die Beklagte anwaltlich abmahnen und forderte die Abgabe einer Unterlassungserklärung sowie die durch die Abmahnung entstandenen Rechtsanwaltskosten i.H.v. 1.465,06 €. Wegen des Vertriebs von DVDs ließ die Klägerin zehn weitere gleichlautende Abmahnungen an verschiedene Unternehmen zustellen, denen sie ebenfalls das Recht zum Vertrieb kündigte und diese weiterhin DVDs vertrieben.

Das AG hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Beklagte zur Zahlung von Abmahnkosten i.H.v. 341,56 € verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Mit ihrer Revision blieb die Klägerin vor dem BGH erfolglos.

Die Gründe:
Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Abmahnkosten ist auf 341,56 € beschränkt.

Der Anspruch der Klägerin folgt dem Grunde nach aus § 97a Abs. 3 Satz 1 UrhG. Nach dieser Vorschrift kann der Ersatz der für eine Abmahnung erforderlichen Aufwendungen verlangt werden, soweit die Abmahnung berechtigt ist und den Anforderungen des § 97a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 UrhG entspricht. Die von der Klägerin ausgesprochene Abmahnung war i.S.d. § 97a Abs. 3 Satz 1 UrhG berechtigt, da der mit ihr geltend gemachte Unterlassungsanspruch bestand. Nach § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG kann derjenige, der das Urheberrecht widerrechtlich verletzt, von dem Verletzten bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Dies ist hier der durch den weiteren Vertrieb der DVDs der Fall.

Die gegenüber der Beklagten erfolgte Abmahnung stellte jedoch mit den zehn weiteren ausgesprochenen Abmahnungen nur eine Angelegenheit rechtsanwaltlicher Tätigkeit dar, so dass die Klägerin die Gebühr in dieser Angelegenheit nur einmal fordern konnte. Eine weisungsgemäß erbrachte anwaltliche Leistung ist in der Regel dieselbe Angelegenheit, wenn zwischen ihnen ein innerer Zusammenhang besteht und sie sowohl inhaltlich als auch in der Zielsetzung so weitgehend übereinstimmen, dass von einem einheitlichen Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit gesprochen werden kann. Eine Angelegenheit kann zudem durchaus mehrere Gegenstände umfassen. Für einen einheitlichen Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit reicht es grundsätzlich aus, wenn die verschiedenen Gegenstände in dem Sinn einheitlich vom Anwalt bearbeitet werden können, dass die verfahrensrechtlich zusammengefasst oder in einem einheitlichen Verfahren geltend gemacht werden können.

Linkhinweis:
Für den auf den Webseiten des Bundesgerichtshofs veröffentlichten Volltext des Urteils klicken Sie bitte hier.
BGH online
Zurück