05.08.2013

Mehrkosten aus Deckungskäufen sind nicht als Verzögerungsschäden ersatzfähig

Mehrkosten aus einem eigenen Deckungskaufs des Käufers können nicht als Verzögerungsschaden gem. § 280 Abs. 1, 2, § 286 BGB geltend gemacht werden. Es handelt sich dabei um einen an die Stelle der Leistung tretenden Schaden, den der Gläubiger nur unter den Voraussetzungen von § 280 Abs. 1, 3, § 281 BGB und somit nicht neben der Vertragserfüllung beanspruchen kann.

BGH 3.7.2013, VIII ZR 169/12
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist seit Februar 2012 Insolvenzverwalter über das Vermögen einer Spedition. Die Beklagte vertreibt Heizöl, Kraft- und Schmierstoffe. Im Oktober 2007 hatte die Spedition bei der Beklagten 2 Mio. Liter Biodiesel zu einem festen Preis gekauft. Die Lieferungen sollten zwischen April 2008 und September 2008 erfolgen. In den ersten drei Monaten 2008 lieferte die Beklagte insgesamt 355.495 Liter. Im Juni 2008 teilte sie der Spedition mit, dass ihre Lieferantin in Insolvenz gefallen sei und die Lieferungen an sie eingestellt habe. Es sei ihr nur noch möglich, Biodiesel zu Tagespreisen einzukaufen. Zu einer weiteren Belieferung der Spedition war die Beklagte nicht bereit.

Die Spedition deckte sich infolgedessen zwischen Mai und September 2008 mit Diesellieferungen unterschiedlicher Lieferanten ein. Da sich die Biodieselpreise seit Oktober 2007 erhöht hatten, musste sie für diese Lieferungen 475.085 € mehr zahlen, als sie bei Belieferung durch die Beklagte aufgrund des Kaufvertrages hätte aufwenden müssen. In einem Vorprozess wurde die Beklagte verurteilt, an die Spedition die noch ausstehende Menge Biodiesel Zug um Zug gegen Zahlung des Restbetrages zu liefern. Die Beklagte nahm daraufhin die Lieferungen wieder auf.

Die Spedition nahm die Beklagte sodann auf Zahlung von 475.085 € in Anspruch. LG und OLG gaben der Klage weitestgehend statt. Auf die Revision der Beklagten hob der BGH die Entscheidungen auf und wies die Klage ab.

Gründe:
Dem Kläger stand kein Anspruch aus § 280 Abs. 1, 2, § 286 BGB auf Erstattung der durch die Deckungskäufe entstandenen Mehrkosten zu.

Bei diesen Kosten handelte es sich nicht um einen Verzögerungsschaden, sondern um einen nur nach § 280 Abs. 1, 3, § 281 BGB ersatzfähigen Schaden statt der Leistung. Ein Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung stand dem Kläger aber nicht (mehr) zu, denn er hatte die Beklagte im Vorprozess mit Erfolg auf Erfüllung des Kaufvertrages in Anspruch genommen, und diese hatte daraufhin die Lieferungen wieder aufgenommen.

Die Frage, ob der Käufer neben der Erfüllung die Mehrkosten eines eigenen Deckungsgeschäfts als Verzögerungsschaden beanspruchen kann, ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung noch nicht entschieden. Im Schrifttum werden unterschiedliche Auffassungen dazu vertreten, ob der Käufer die Kosten des eigenen Deckungskaufs als Verzögerungsschaden geltend machen kann. Nach der im Schrifttum ganz überwiegend vertretenen Ansicht können die Mehrkosten eines Deckungsgeschäfts grundsätzlich nur einen Schaden statt der Leistung darstellen und daher nur unter den Voraussetzungen von § 280 Abs. 1 und 3, § 281 BGB geltend gemacht werden.

Teilweise wird darauf abgestellt, dass zur Abgrenzung zwischen dem Schadensersatz statt der Leistung und dem Schadensersatz "neben der Leistung" zu fragen sei, ob eine Nacherfüllung den eingetretenen Schaden beseitigt hätte. Der wesentliche Unterschied zwischen dem einfachen Schadensersatz und dem Schadensersatz statt der Leistung liege darin, dass letzterer grundsätzlich erst nach erfolglosem Ablauf einer Frist zur Nacherfüllung verlangt werden könne. Für die Abgrenzung zwischen beiden Schadensarten sei daher maßgeblich, ob der betreffende Schaden durch die Nacherfüllung beseitigt würde. Sei dies der Fall, liege ein Schadensersatz statt der Leistung vor, da dem Verkäufer die Gelegenheit gegeben werden müsse, den Vertrag doch noch zu erfüllen. Dieser Ansicht folgt auch der Senat.

Der Kläger konnte den geltend gemachten Anspruch auf Ersatz der Kosten des Deckungskaufs auch nicht auf § 280 Abs. 1, 3, § 281 BGB stützen. Zwar lagen die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch statt der Leistung zunächst vor, weil die Beklagte die Vertragserfüllung nach den Fest-stellungen des Berufungsgerichts endgültig verweigert hatte und es deshalb keiner Fristsetzung mehr bedurfte. Zudem hat der Gläubiger die Wahl, ob er Schadensersatz statt der Leistung verlangt oder auf Vertragserfüllung besteht. Er kann aber - selbstverständlich - nicht beides verlangen. Deshalb erlischt der Anspruch des Gläubigers auf die Leistung, wenn er statt der Leistung Schadensersatz verlangt. Umgekehrt schließt auch die Erfüllung, auf die der Kläger die Beklagte erfolgreich in Anspruch genommen hat, einen Anspruch auf Erstattung von (Mehr-)Kosten eines zuvor getätigten eigenen Deckungsgeschäftes aus.

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