Meinungsfreiheit - Armenien: Beeinträchtigung der Arbeit einer Journalistin im Rahmen einer Flugblattaktion
EGMR v. 22.5.2025 - 231/16
Der Sachverhalt:
Die Beschwerdeführerin war zum beschwerdegegenständlichen Zeitpunkt Journalistin bei einer armenischen Zeitung. Im Februar 2014 berichtete sie mit Kamera von einer öffentlichen Flugblattaktion einer oppositionellen politischen Partei in der armenischen Hauptstadt. Es kam zu Zusammenstößen mit Angehörigen der Regierungspartei. Polizisten begannen daraufhin, Anhänger beider Parteien festzunehmen. Mehrere Beamte versuchten, der Beschwerdeführerin, die sich dagegen zur Wehr setzte, ihre Kamera zu entreißen. Kurz darauf wurde die Beschwerdeführerin zusammen mit einem anderen Journalisten wegen Störung der öffentlichen Ordnung festgenommen und zu einer Polizeiwache gebracht. Dort wurde sie einer Leibesvisitation unterzogen und ihre persönlichen Gegenstände, darunter ihre Kamera und Speicherkarten, zur Überprüfung beschlagnahmt. Die Beschwerdeführerin wurde nach etwa drei Stunden freigelassen und erhielt ihre persönlichen Gegenstände zurück, gab jedoch an, dass eine Speicherkarte einbehalten geblieben sei; andere Speicherkarten seien beschädigt gewesen. Sie trug auch vor, während des Polizeieinsatzes geschlagen geworden zu sein und Verletzungen davongetragen zu haben. Ihren Presseausweis habe sie bei der Flugblattaktion an ihrer Tasche befestigt gehabt und auch auf der Polizeiwache vorgelegt.
Am folgenden Tag wurde gegen sie ein Strafverfahren wegen Rowdytums eingeleitet, welches später eingestellt wurde. Eine Strafanzeigen der Beschwerdeführerin gegen die Polizisten, die im Rahmen des Einsatzes gegen sie vorgegangen waren, blieb in mehreren Instanzen erfolglos.
Die Gründe:
Der EGMR bekräftigte eingangs, dass staatliche Maßnahmen, die Journalisten an der Ausübung ihrer Arbeit hindern oder die Ausübung ihrer Funktionen beeinträchtigen, Fragen im Zusammenhang mit Art. 10 EMRK aufwerfen können. Vorliegend habe die Beschwerdeführerin nachweislich das Geschehen mit ihrer Kamera gefilmt und gegenüber den Polizisten angegeben, dass sie Journalistin sei. Die Konfrontation mit der Polizei habe die Ausübung ihrer journalistischen Tätigkeit tatsächlich behindert. Eine Beeinträchtigung ihrer Rechte im Sinne von Art. 10 EMRK liege vor.
Es deute nichts darauf hin, dass die Beschwerdeführerin zur streitenden Menschenmenge gehört, die Straße blockiert und den Verkehr gestört, die Festnahme politischer Aktivisten behindert oder einschlägige Anordnungen der Polizei nicht befolgt hätte. Vielmehr würden Videoaufnahmen des Geschehens zeigen, dass die Polizeibeamten darauf abzielten, der Beschwerdeführerin einen Gegenstand, höchstwahrscheinlich ihre Kamera, aus den Händen zu nehmen, obwohl sie darauf bestand, dass die Kamera zurückgegeben werden müsse, da sie Journalistin sei.
Alles deute darauf hin, dass der Gegenstand der Auseinandersetzung zwischen der Beschwerdeführerin und den Polizisten tatsächlich ihre Kamera war. Die Regierung habe nicht nachgewiesen, dass das Verhalten der Polizeibeamten zur Aufrechterhaltung der Ordnung oder aus anderen legitimen Gründen gerechtfertigt war. Zwar gebe es keine Beweise, die zweifelsfrei belegen, dass die Polizisten nach der Festnahme der Beschwerdeführerin weiterhin versucht haben, ihr die Kamera wegzunehmen, oder dass sie eine ihrer Speicherkarten gestohlen und drei weitere beschädigt haben, doch bleibe die Tatsache bestehen, dass eine Journalistin festgenommen und ihre journalistische Ausrüstung vorübergehend einbehalten und durchsucht wurde, ohne dass sie sich in einer Weise verhalten hatte, die solche Maßnahmen gerechtfertigt hätte.
Der EGMR bejahte einstimmig eine Verletzung von Art. 10 EMRK.
Sebastian Ramelli, LL.M. (Institut für Europäisches Medienrecht e.V. Saarbrücken)
Die Beschwerdeführerin war zum beschwerdegegenständlichen Zeitpunkt Journalistin bei einer armenischen Zeitung. Im Februar 2014 berichtete sie mit Kamera von einer öffentlichen Flugblattaktion einer oppositionellen politischen Partei in der armenischen Hauptstadt. Es kam zu Zusammenstößen mit Angehörigen der Regierungspartei. Polizisten begannen daraufhin, Anhänger beider Parteien festzunehmen. Mehrere Beamte versuchten, der Beschwerdeführerin, die sich dagegen zur Wehr setzte, ihre Kamera zu entreißen. Kurz darauf wurde die Beschwerdeführerin zusammen mit einem anderen Journalisten wegen Störung der öffentlichen Ordnung festgenommen und zu einer Polizeiwache gebracht. Dort wurde sie einer Leibesvisitation unterzogen und ihre persönlichen Gegenstände, darunter ihre Kamera und Speicherkarten, zur Überprüfung beschlagnahmt. Die Beschwerdeführerin wurde nach etwa drei Stunden freigelassen und erhielt ihre persönlichen Gegenstände zurück, gab jedoch an, dass eine Speicherkarte einbehalten geblieben sei; andere Speicherkarten seien beschädigt gewesen. Sie trug auch vor, während des Polizeieinsatzes geschlagen geworden zu sein und Verletzungen davongetragen zu haben. Ihren Presseausweis habe sie bei der Flugblattaktion an ihrer Tasche befestigt gehabt und auch auf der Polizeiwache vorgelegt.
Am folgenden Tag wurde gegen sie ein Strafverfahren wegen Rowdytums eingeleitet, welches später eingestellt wurde. Eine Strafanzeigen der Beschwerdeführerin gegen die Polizisten, die im Rahmen des Einsatzes gegen sie vorgegangen waren, blieb in mehreren Instanzen erfolglos.
Die Gründe:
Der EGMR bekräftigte eingangs, dass staatliche Maßnahmen, die Journalisten an der Ausübung ihrer Arbeit hindern oder die Ausübung ihrer Funktionen beeinträchtigen, Fragen im Zusammenhang mit Art. 10 EMRK aufwerfen können. Vorliegend habe die Beschwerdeführerin nachweislich das Geschehen mit ihrer Kamera gefilmt und gegenüber den Polizisten angegeben, dass sie Journalistin sei. Die Konfrontation mit der Polizei habe die Ausübung ihrer journalistischen Tätigkeit tatsächlich behindert. Eine Beeinträchtigung ihrer Rechte im Sinne von Art. 10 EMRK liege vor.
Es deute nichts darauf hin, dass die Beschwerdeführerin zur streitenden Menschenmenge gehört, die Straße blockiert und den Verkehr gestört, die Festnahme politischer Aktivisten behindert oder einschlägige Anordnungen der Polizei nicht befolgt hätte. Vielmehr würden Videoaufnahmen des Geschehens zeigen, dass die Polizeibeamten darauf abzielten, der Beschwerdeführerin einen Gegenstand, höchstwahrscheinlich ihre Kamera, aus den Händen zu nehmen, obwohl sie darauf bestand, dass die Kamera zurückgegeben werden müsse, da sie Journalistin sei.
Alles deute darauf hin, dass der Gegenstand der Auseinandersetzung zwischen der Beschwerdeführerin und den Polizisten tatsächlich ihre Kamera war. Die Regierung habe nicht nachgewiesen, dass das Verhalten der Polizeibeamten zur Aufrechterhaltung der Ordnung oder aus anderen legitimen Gründen gerechtfertigt war. Zwar gebe es keine Beweise, die zweifelsfrei belegen, dass die Polizisten nach der Festnahme der Beschwerdeführerin weiterhin versucht haben, ihr die Kamera wegzunehmen, oder dass sie eine ihrer Speicherkarten gestohlen und drei weitere beschädigt haben, doch bleibe die Tatsache bestehen, dass eine Journalistin festgenommen und ihre journalistische Ausrüstung vorübergehend einbehalten und durchsucht wurde, ohne dass sie sich in einer Weise verhalten hatte, die solche Maßnahmen gerechtfertigt hätte.
Der EGMR bejahte einstimmig eine Verletzung von Art. 10 EMRK.