Meinungsfreiheit - Armenien: Polizeilicher Übergriff auf Journalisten und Beschlagnahmung seiner Kamera
EGMR v. 3.4.2025 - 9796/17
Der Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer, zum beschwerdegegenständlichen Zeitpunkt freier Journalist, berichtete am 19. Juli 2016 über eine Demonstration in der armenischen Hauptstadt. Die Demonstration eskalierte und es kam zu Zusammenstößen mit der Polizei. Im Zuge der Geschehnisse versuchte der Beschwerdeführer, eine Gruppe von Polizeibeamten, die angeblich einen Demonstranten angegriffen hatten, mit einer Kamera aus nächster Nähe zu filmen. Die Beamten sollen ihn festgehalten, geschlagen und sein Mobiltelefon und seine Kamera beschlagnahmt haben. Die Kamera wurde dem Beschwerdeführer nach dem Eingreifen eines ranghöheren Polizeibeamten zurückgegeben. Angeblich waren seine Aufnahmen von den Protesten gelöscht worden. Anschließend begab sich der Beschwerdeführer mit einer blutenden und geschwollenen Lippe in ärztliche Behandlung. Eine Untersuchung zu dem Vorfall wurde eingeleitet und war zum Zeitpunkt des Urteils des EGMR noch nicht abgeschlossen.
Die Gründe:
Der Gerichtshof stellte einleitend fest, dass der Beschwerdeführer während der beschwerdegegenständlichen Geschehnisse zwar keinen Presseausweis bei sich getragen hatte. Sowohl er als auch ein anwesender Kollege hätten die Polizeibeamten jedoch über seine Tätigkeit als Journalist informiert. Trotz der Tumulte um sie herum hätten die Polizisten ihn bei der Ausübung seiner Arbeit nicht übersehen haben können, und tatsächlich hätten sie auch zur Kenntnis genommen, dass der Beschwerdeführer filmte. Dem EGMR sei Filmmaterial vorgelegt worden, aus dem eindeutig hervorgehe, dass der Beschwerdeführer von mindestens einem Beamten angegriffen worden war, wodurch er leichte Verletzungen davongetragen hatte. Die Echtheit des Materials sei von der armenischen Regierung nicht bestritten worden.
Zudem habe es trotz wiederholter Aufforderungen lange gedauert, bis die Ausrüstung des Beschwerdeführers zurückgegeben wurde. Dies sei auch nur nach Einschreiten eines ranghöheren Beamten erfolgt. Angesichts dessen stellte der EGMR fest, dass die Polizeibeamten die journalistische Arbeit des Beschwerdeführers beeinträchtigt hatten. Die Erwägungen seien bereits hinreichend, um zu dem Schluss zu gelangen, dass der Übergriff auf ihn und die Beschlagnahme seiner Kamera die Ausübung seines Rechts auf Empfang und Weitergabe von Informationen erheblich beeinträchtigt hatten.
Der EGMR hielt es daher nicht für erforderlich festzustellen, ob die Beamten auch die Videoaufnahmen von der Kamera gelöscht oder das Mobiltelefon beschlagnahmt hatten.
Die Beamten hätten keine plausible Begründung für ihr Vorgehen gegen den Beschwerdeführer, der weder gewalttätig noch bewaffnet gewesen sei und keine Bedrohung dargestellt habe, vorgebracht. Die Regierung habe nicht nachgewiesen, dass das Vorgehen der Beamten in diesem Fall einem rechtmäßigen und legitimen Ziel gedient hatte. Daher sei diese Beeinträchtigung nicht in einer demokratischen Gesellschaft notwendig gewesen.
Der EGMR bejahte einstimmig eine Verletzung von Art. 10 EMRK.
Sebastian Ramelli, LL.M. (Institut für Europäisches Medienrecht e.V. Saarbrücken)
Der Beschwerdeführer, zum beschwerdegegenständlichen Zeitpunkt freier Journalist, berichtete am 19. Juli 2016 über eine Demonstration in der armenischen Hauptstadt. Die Demonstration eskalierte und es kam zu Zusammenstößen mit der Polizei. Im Zuge der Geschehnisse versuchte der Beschwerdeführer, eine Gruppe von Polizeibeamten, die angeblich einen Demonstranten angegriffen hatten, mit einer Kamera aus nächster Nähe zu filmen. Die Beamten sollen ihn festgehalten, geschlagen und sein Mobiltelefon und seine Kamera beschlagnahmt haben. Die Kamera wurde dem Beschwerdeführer nach dem Eingreifen eines ranghöheren Polizeibeamten zurückgegeben. Angeblich waren seine Aufnahmen von den Protesten gelöscht worden. Anschließend begab sich der Beschwerdeführer mit einer blutenden und geschwollenen Lippe in ärztliche Behandlung. Eine Untersuchung zu dem Vorfall wurde eingeleitet und war zum Zeitpunkt des Urteils des EGMR noch nicht abgeschlossen.
Die Gründe:
Der Gerichtshof stellte einleitend fest, dass der Beschwerdeführer während der beschwerdegegenständlichen Geschehnisse zwar keinen Presseausweis bei sich getragen hatte. Sowohl er als auch ein anwesender Kollege hätten die Polizeibeamten jedoch über seine Tätigkeit als Journalist informiert. Trotz der Tumulte um sie herum hätten die Polizisten ihn bei der Ausübung seiner Arbeit nicht übersehen haben können, und tatsächlich hätten sie auch zur Kenntnis genommen, dass der Beschwerdeführer filmte. Dem EGMR sei Filmmaterial vorgelegt worden, aus dem eindeutig hervorgehe, dass der Beschwerdeführer von mindestens einem Beamten angegriffen worden war, wodurch er leichte Verletzungen davongetragen hatte. Die Echtheit des Materials sei von der armenischen Regierung nicht bestritten worden.
Zudem habe es trotz wiederholter Aufforderungen lange gedauert, bis die Ausrüstung des Beschwerdeführers zurückgegeben wurde. Dies sei auch nur nach Einschreiten eines ranghöheren Beamten erfolgt. Angesichts dessen stellte der EGMR fest, dass die Polizeibeamten die journalistische Arbeit des Beschwerdeführers beeinträchtigt hatten. Die Erwägungen seien bereits hinreichend, um zu dem Schluss zu gelangen, dass der Übergriff auf ihn und die Beschlagnahme seiner Kamera die Ausübung seines Rechts auf Empfang und Weitergabe von Informationen erheblich beeinträchtigt hatten.
Der EGMR hielt es daher nicht für erforderlich festzustellen, ob die Beamten auch die Videoaufnahmen von der Kamera gelöscht oder das Mobiltelefon beschlagnahmt hatten.
Die Beamten hätten keine plausible Begründung für ihr Vorgehen gegen den Beschwerdeführer, der weder gewalttätig noch bewaffnet gewesen sei und keine Bedrohung dargestellt habe, vorgebracht. Die Regierung habe nicht nachgewiesen, dass das Vorgehen der Beamten in diesem Fall einem rechtmäßigen und legitimen Ziel gedient hatte. Daher sei diese Beeinträchtigung nicht in einer demokratischen Gesellschaft notwendig gewesen.
Der EGMR bejahte einstimmig eine Verletzung von Art. 10 EMRK.