18.06.2025

Meinungsfreiheit - Serbien: Verurteilung eines Anwalts zu Geldstrafe wegen Beleidigung von Richtern

Äußerungen, die darauf abzielen, ein Gericht herabzuwürdigen und die Professionalität des betroffenen Richters anzugreifen, sind nicht von der Meinungsfreiheit geschützt. (Backović gegen Serbien (Nr. 2))

EGMR v. 8.4.2025 - 47600/17
Der Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer ist Anwalt in Serbien. In einem Gerichtsverfahren über die Wiedereinsetzung von ihm und anderen Betroffenen als Stadträte seiner Heimatstadt, in dem er als Rechtsbeistand fungierte, war er zu einer Geldstrafe von 100.000 serbischen Dinar (damals etwa 910 Euro) wegen Beleidigung des Gerichts verurteilt worden. Dies hatte seine Ursache in der von ihm verwendeten Terminologie in seinen Schriftsätzen im Berufungsverfahren. Darin nannte er unter anderem die erstinstanzlichen Richter "juristische Genies und Rechtsgiganten" und bezeichnete deren Feststellungen als "völligen Unsinn", aus "Bosheit ... oder aus Unkenntnis geschrieben", der "keiner weiteren Kommentierung" bedürfe. Die Geldstrafe wurde später auf 50.000 Dinar herabgesetzt. Eine anschließende Verfassungsbeschwerde wurde zurückgewiesen.

Die Gründe:
Der EGMR schloss sich den Parteien darin an, dass die Geldbuße einen Eingriff in die Meinungsfreiheit des Beschwerdeführers dargestellt habe. Dieser Eingriff habe eine rechtliche Grundlage unter anderem in der serbischen Verfassung gehabt und das legitime Ziel, die Autorität der Justiz zu wahren, verfolgt.

Mit Blick auf die beschwerdegegenständlichen Äußerungen des Beschwerdeführers stellte der Gerichtshof fest, dass diese die Professionalität der Richterschaft lächerlich gemacht hätten. Der Beschwerdeführer habe unterstellt, dass das Verhalten der Richter einen Missbrauch darstelle. Da die erstinstanzliche Entscheidung in einem Einzelrichterverfahren ergangen sei, hätten die Äußerungen zudem einen personenbezogenen Aspekt gehabt, der sich ausschließlich gegen den im Fall des Beschwerdeführers zuständigen Richter gerichtet habe.

Die Äußerungen hätten darauf abgezielt, das erstinstanzliche Gericht herabzuwürdigen und die Professionalität des betroffenen Richters anzugreifen. Die Entscheidung, den Beschwerdeführer mit einer Geldstrafe zu belegen, sei einer wirksamen gerichtlichen Überprüfung unterzogen worden. Zudem habe die Geldstrafe am unteren Ende des zulässigen Strafrahmens gelegen.
Die von den nationalen Gerichten für die Geldstrafe angeführten Gründe seien relevant und hinreichend und die Maßnahme nicht unverhältnismäßig gewesen.

Der EGMR verneinte mit 5:2 Stimmen eine Verletzung von Art. 10 EMRK. Zwei Richter äußerten eine gemeinsame abweichende Meinung.
Sebastian Ramelli, LL.M. (Institut für Europäisches Medienrecht e.V. Saarbrücken)