12.12.2023

Münchener Bier: Herkunftstäuschung und Irreführung hinsichtlich Klimaneutralität

Druckt ein Handelsunternehmen, das zwar seinen Verwaltungssitz an einer Münchener Adresse hat, dort aber kein Bier braut, auf dem Etikett des von ihm vertriebenen Bieres "Wunderbräu" diese Münchener Adresse ab, so täuscht es damit über die Herkunft des Bieres. Die Bewerbung des Bieres mit "CO2 positiv" und "klimaneutrale Herstellung" auf der Flasche ist irreführend, da die Bewertungsmaßstäbe, aufgrund derer diese Äußerungen getroffen werden, auf den Etiketten der Flaschen nicht hinreichend transparent offengelegt sind.

LG München I v. 8.12.2023 - 37 O 2041/23
Der Sachverhalt:
Der klagende Verband wendet sich gegen die Bezeichnung eines von dem beklagten Handelsunternehmen vertriebenen Bieres sowie gegen dessen Bewerbung mit den Begriffen "CO2 positiv" bzw. "klimaneutrale Herstellung" auf der Bierflasche.

Die Beklagte bezeichnet das streitgegenständliche Bier als "Wunderbräu" und zwar im Zusammenhang mit einer auf der Bierflasche wiedergegebenen Münchner Adresse, an der das Bier nicht gebraut wird. Hierin sieht der Kläger eine unlautere Herkunftstäuschung. Die Beklagte ist demgegenüber der Ansicht, die Bezeichnung Wunderbräu für sich sei nicht irreführend. Zudem habe sie ihren Verwaltungssitz an der angegebenen Münchner Adresse und es sei gesetzlich vorgeschrieben, die Adresse auf der Flasche abzudrucken.

Das LG gab der Klage statt und verurteilte die Beklagte, es zu unterlassen, das Bier als Wunderbräu zu bezeichnen, wenn dies in Zusammenhang mit der auf der Bierflasche abgedruckten Münchner Adresse geschieht, sowie das Biers mit "CO2 positiv" bzw. "klimaneutrale Herstellung" auf der Bierflasche zu bewerben. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Die Gründe:
Die Bezeichnung des Biers als Wunderbräu im Zusammenhang mit der Nennung der Münchner Adresse, an welcher das Bier nicht gebraut wird, stellt eine Herkunftstäuschung dar. Zudem sind die Bewertungsmaßstäbe, aufgrund derer die Äußerungen zur Klimaneutralität getroffen werden, auf den Etiketten der Flaschen nicht hinreichend transparent offengelegt.

Die für sich gesehen nicht eindeutige Bezeichnung Wunderbräu ist jedenfalls mit der auf dem rückwärtigen Etikett enthaltenen Adresse einer für Brauereien bekannten Straße in München irreführend. Durch die fragliche Aufschrift wird ein Bezug des Produktes mit einer Anschrift in München hergestellt, obwohl dort unstreitig nicht die Produktionsstätte, sondern allein der Sitz des Handelsunternehmens ist. Zwar mag die Bezeichnung für sich gesehen auch für die Beklagte als Vertriebsunternehmen zulässig sein und die Angabe auch insgesamt den gesetzlichen Anforderungen entsprechen. Das ändert aber nichts daran, dass die Aufschrift im Zusammenhang den Eindruck erweckt, die angegebene Anschrift bezeichne den Herkunftsort des Produktes selbst. Dies ist unzulässig. Eine Täuschung über die Herkunft des Bieres ist auch geeignet, die Entscheidung der Verbraucher zu beeinflussen.

Die weiteren, vom Kläger beanstandeten Angaben "CO2 positiv" und "klimaneutrale Herstellung" stellen ebenfalls eine unzulässige Irreführung dar. Die Argumentation der Beklagten, dass ein QR-Code auf der Flasche zu den gewünschten Informationen über die Bedeutung der beanstandeten Angaben zur Klimabilanz führe, überzeugt nicht. Gerade in der heutigen Zeit, in der Unternehmen bisweilen in den Verdacht des "Greenwashing"" geraten und Ausgleichsmaßnahmen kontrovers diskutiert werden, ist es wichtig, die Verbraucher über die Grundlagen der jeweiligen werbenden Behauptung aufzuklären. Verbraucher haben ein maßgebliches Interesse daran, inwieweit behauptete Klimaneutralität durch Einsparungen oder durch Ausgleichsmaßnahmen und wenn ja durch welche Ausgleichsmaßnahmen erreicht werden. Daher müssen den Verbrauchern die Bewertungsmaßstäbe für die werbenden Angaben "CO2 positiv" und "klimaneutrale Herstellung" auf der Bierflasche offengelegt werden.

Im vorliegenden Fall enthält die entsprechende Werbung zur Klimaneutralität und CO2 positiven Bilanz jedoch schon keinen Hinweis darauf, dass weitere Informationen auf der Homepage verfügbar sind. Der abgedruckte QR-Code ist auch nicht in so engem räumlichen Zusammenhang zu der umweltbezogenen Werbung aufgedruckt, dass es sich dem Kunden ohne weiteres erschließen würde, dass die für ihn notwendigen Informationen auf diese Weise verfügbar wären. Für einen etwaig zulässigen sog. "Medienbruch" ist eine Verweisung mit einem klaren und eindeutigen Link erforderlich. Zudem führt der fragliche QR-Code auch nicht direkt auf eine Seite zur Erläuterung der klimaschonenden Maßnahmen, sondern allgemein auf die Homepage der Beklagten, von wo aus Verbraucher sich dann zu den gewünschten Informationen erst durchklicken müssen.

Letztlich bestehen auch erhebliche Zweifel daran, ob die auf der Homepage der Beklagten aufgeführten Informationen ausreichend sind. Denn genaue Angaben zur berechneten Klimabilanz und Angaben darüber, in welchem Umfang die Klimaneutralität durch Kompensationsmaßnahmen erreicht werden sollen und in welchem Umfang durch Einsparung, finden sich dort gerade nicht.

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LG München I PM Nr. 32 vom 8.12.2023
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