24.10.2013

Patentrecht: Zur Bestimmung des herauszugebenden Anteils des Verletzergewinns

Bei der Bestimmung des herauszugebenden Anteils des Verletzergewinns, der durch die Benutzung der erfindungsgemäßen Lehre vermittelt worden ist, ist regelmäßig auch zu berücksichtigen, ob und inwieweit die erfindungsgemäße Ausgestaltung für die Abnehmer des Patentverletzers erkennbar waren oder ihnen gegenüber werblich herausgestellt wurden. Dies gilt auch für die mit der Ausgestaltung unmittelbar oder mittelbar verbundenen technischen oder wirtschaftlichen Vorteile.

BGH 3.9.2013, X ZR 130/12
Der Sachverhalt:
Die Klägerin verlangt als Inhaberin des mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 361 155 (Klagepatents) von den Beklagten als Gesamtschuldnern Schadensersatz wegen Patentverletzung in Höhe des Verletzergewinns. Das Klagepatent betrifft die Kombination einer zweiradrahmenseitigen Kabelschlosshalterung mit einem von dieser betriebsmäßig trennbaren Kabelschloss.

LG und OLG gaben der Klage teilweise statt und bemaßen den auf der Benutzung der Erfindung beruhenden Anteil des Verletzergewinns i.H.v. rd. 480.000 €, den die Beklagten durch Umsätze i.H.v. rd. 1 Mio. € mit der Verletzungsform erzielt haben, mit 10 Prozent; die weitergehende Klage wiesen sie ab. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Entgegen der Auffassung der Beschwerde wirft der Rechtsstreit nicht die Grundsatzfrage auf, ob bei der Bemessung des herauszugebenden Verletzergewinns nur solche Merkmale der Erfindung und in der Erfindung begründete funktionelle Vorteile des Erzeugnisses berücksichtigt werden dürfen, die der Kunde vor dem Kauf erkennen kann und die deshalb seine Kaufentscheidung beeinflussen.

Einen solchen Rechtssatz hat das OLG seiner Entscheidung nicht zugrunde gelegt. Es hat vielmehr ausgeführt, dass für die Schätzung des Kausalanteils insbes. die Bedeutung ins Gewicht falle, die die technische Lehre des Klagepatents für die Verletzungsform gehabt habe. In diesem Zusammenhang hat es angenommen, dass die Erfindung nur eine Detailverbesserung des Kabelschlosses und seiner Halterung darstelle und keine wesentlichen Verbesserungen gegenüber dem Stand der Technik bereitstelle. Es hat sodann den Berufungsangriff für unbegründet erachtet, der sich dagegen richte, dass das LG im Rahmen seiner Gesamtabwägung auch darauf abstelle, ob und in welchem Umfang die Beklagten die technische Gestaltung von Fahrradschloss und Halterung eigens werblich herausgestellt hätten.

Durch die Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass für die Bestimmung des Anteils des herauszugebenden Verletzergewinns bei einer Patentverletzung wertend zu bestimmen ist, ob und in welchem Umfang der erzielte Gewinn auf den durch die Benutzung der Erfindung vermittelten technischen Eigenschaften des Produkts oder anderen für die Kaufentscheidung der Abnehmer erheblichen Faktoren beruht. Dabei ist die Höhe des herauszugebenden Gewinns vom Tatrichter unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu schätzen. Mit diesen Grundsätzen steht das etwa zeitgleich mit der Veröffentlichung der Entscheidung "Flaschenträger" (BGH 24.7.2013, X ZR 51/11) verkündete Berufungsurteil in Einklang.

Es bedarf daher keiner Klärung in einem Revisionsverfahren, dass das OLG bei der Bestimmung des auf die Verletzung des Klagepatents entfallenden Gewinnanteils berücksichtigen durfte, dass die durch das Klagepatent unter Schutz gestellten technischen Details der Schnittstelle zwischen Fahrradschloss und Schlosshalterung sowie die damit verbundenen Vorteile für die Käufer der Verletzungsform aufgrund der Verpackungsgestaltung nicht wahrnehmbar waren und von den Beklagten auch sonst weder unmittelbar noch mittelbar werblich herausgestellt wurden. Denn ein solcher Umstand lässt Rückschlüsse darauf zu, inwieweit die Marktchancen des vom Verletzer vertriebenen Produkts gerade durch die erfindungsgemäße Ausgestaltung des Erzeugnisses und die hierdurch vermittelten technischen oder wirtschaftlichen Vorteile beeinflusst wurden.

Nicht in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung hätte es nur gestanden, wenn das OLG insoweit allein auf die Wahrnehmbarkeit der durch das Klagepatent unter Schutz gestellten Details der Schnittstelle zwischen Fahrradschloss und Schlosshalterung abgestellt hätte; denn gerade bei einem an private Endabnehmer veräußerten Erzeugnis können allein mit einer solchen Erwägung die in der Regel komplexen und vielgestaltigen Gründe für den Markterfolg eines Produkts nicht angemessen erfasst werden. Dies ist jedoch nicht der Fall, weil das OLG bei der grundsätzlich gebotenen Würdigung aller Umstände des Einzelfalls vor allem auch auf die Bedeutung der technischen Lehre des Klagepatents und die damit verbundenen technischen Vorzüge für die Verletzungsform sowie auf die Erwartungen des Marktes abgestellt hat.

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