30.07.2014

Porsche muss Anleger keinen Schadensersatz zahlen

Ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB unter dem Gesichtspunkt eines Betruges kam schon mangels Stoffgleichheit nicht in Betracht. Eine Haftung gem. § 826 BGB wegen einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung war zum einen wegen des Fehlens einer sittenwidrigen Handlung der Beklagten und zum anderen wegen der fehlenden Kausalität zwischen den Mitteilungen und der Entscheidung des Klägers, das Börsengeschäft zu tätigen, zu verneinen.

LG Braunschweig 30.7.2014, 5 O 401/13 u.a.
Sachverhalt:
In dem Verfahren Az.: 5 O 401/13 waren die Pressemitteilungen der beklagten Porsche Automobil Holding S. E. im Zeitraum März 2008 bis Oktober 2008 maßgeblich. Der Kläger war der Ansicht, die Beklagte habe bereits in der Zeit vor dem 26.10.2008 die Absicht gehabt, durch den Erwerb von 75 % des Aktienbestandes die VW-AG zu übernehmen, weshalb die Mitteilung vom 26.10.2008 zu spät veröffentlicht worden war. Aufgrund der bis dahin erfolgten Mitteilungen im März und September 2008 sei von einer Übernahmeabsicht nicht auszugehen gewesen.

Als der Kläger am 24.10.2008 seine Finanztransaktion getätigt habe, sei er von sinkenden Kursen ausgegangen. Nach der Veröffentlichung der Mitteilung der Beklagten am 26.10.2008 seien die Kurse der VW-Stammaktie am 27.10.2008 stark gestiegen. Aufgrund des Kursanstiegs habe er zur Schließung seiner Position einen viel höheren Preis pro Aktie aufwenden müssen. Dadurch sei ihm ein finanzieller Verlust i.H.v. 131.986 € entstanden. Diesen forderte er von der Beklagten ersetzt.

Die Beklagte verwies darauf, dass die Mitteilung vom 26.10.2008 der aktuellen Beschlusslage des Unternehmens entsprochen habe und sie daher richtig gewesen sei. Außerdem stellte sie einen ursächlichen Zusammenhang zwischen den Mitteilungen und der Transaktion des Klägers in Abrede.

Das LG wies die Klage ab. Gegen das Urteil kann allerdings noch das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden.

Gründe:
Der Kläger hat weder einen Anspruch aus deliktsrechtlicher Haftung der Beklagten gem. § 823 Abs. 2 BGB unter dem Gesichtspunkt eines Betruges, noch aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gem. § 826 BGB.

Ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB kam schon mangels Stoffgleichheit nicht in Betracht. So bestand kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem angeblichen Schaden des Klägers und eventuell erzielten Gewinnen der Beklagten beim Handel mit Optionen von VW-Stammaktien. Auch eine analoge Anwendung der §§ 37 b, 37 c WpHG (Schadensersatz wegen Veröffentlichung unwahrer Insiderinformationen) schied aus, weil die Vorschriften sich lediglich auf die Veröffentlichungspflicht des Emittenten gem. § 15 WpHG bezieht, nicht aber auf andere Marktteilnehmer. Das in § 20a WpHG geregelte Verbot der Marktmanipulation ist nach BGH-Rechtsprechung kein Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB.

Eine Haftung gem. § 826 BGB wegen einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung war zum einen wegen des Fehlens einer sittenwidrigen Handlung der Beklagten und zum anderen wegen der fehlenden Kausalität zwischen den Mitteilungen und der Entscheidung des Klägers, das Börsengeschäft zu tätigen, zu verneinen. Die ad-hoc-Mitteilung vom 3.3.2008 (Erklärung, der Aufsichtsrat habe "grünes Licht" für die Erhöhung der Beteiligung an der Volkswagen AG auf über 50 % gegeben) war bereits deshalb nicht unrichtig, weil dieses der Beschlusslage der Beklagten entsprochen hatte. Die weitere Mitteilung, "eine Fusion sei nicht geplant", ließ zwar mehrere Interpretationsmöglichkeiten zu und war daher mehrdeutig. Wegen der verschiedenen Interpretationsmöglichkeiten war die Mitteilung aber nicht grob falsch und daher nicht sittenwidrig.

Bei den Mitteilungen vom 16.9.2008 (Zukauf von VW-Aktien um 4,89 % auf 35,14 %) und 26.10.2008 (laut Pressemitteilung vom 26.10.2008 gab die Beklagte schließlich an, die Mehrheit von 75 % anzustreben. Sie wies dabei auf die von ihr gehaltenen VW-Stammaktien und Optionen - insgesamt 74,1 % hin) schied eine Sittenwidrigkeit aus, weil die Mitteilungen inhaltlich richtig waren. Schließlich war auch erst ein formeller Vorstandsbeschluss erforderlich, der vor dem 26.10.2008 nicht vorgelegen hatte.

Hintergrund:
In dem Verfahren Az.: 5 O 2433/12 hat die Kammer die Parteien in einem Hinweisbeschluss darüber informiert, dass aufgrund des aktuellen Sachvortrags des Klägers zu der Frage des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung durch die Beklagte eine Zuständigkeit des LG Hannover als Kartellgericht in Betracht kommt.

Der Kläger hatte ausgeführt, die Beklagte habe im Oktober 2008 dem Markt nahezu sämtliche handelbaren Aktien entzogen und den Umfang handelbarer Aktien auf unter 5 % verknappt. Auf diese Weise habe die sie die Kontrolle über Angebot und Nachfrage nach VW-Aktien und so eine marktbeherrschende Stellung übernommen. Diese marktbeherrschende Stellung habe die Beklagte dadurch missbraucht, dass sie durch die Veröffentlichung der Pressemitteilung vom 26.10.2008 gezielt den Aktienkurs der VW-Stammaktie in die Höhe getrieben habe.

In Anbetracht dieses Vortrags kam die Prüfung eines möglichen Schadensersatzanspruchs gem. § 33 Abs. 3 S. 1 GWB in Betracht. Dabei handelt es sich aber um eine Kartellrechtstreitigkeit nach § 87 S. 1 GWB. Für derartige Streitigkeiten besteht gem. § 89 Abs. 1 GWB i.V.m. § 7 Abs. 1 Nr. 1 Niedersächsische Zuständigkeitsverordnung-Justiz eine ausschließliche Zuständigkeit des LG Hannover.

LG Braunschweig PM v. 30.7.2014
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