04.02.2025

Prämienanpassungen in der privaten Krankenversicherung

Die Mitteilung der maßgeblichen Gründe für die Neufestsetzung der Prämie erfordert die Angabe der Rechnungsgrundlage, deren nicht nur vorübergehende Veränderung die Neufestsetzung nach § 203 Abs. 2 Satz 1 VVG veranlasst hat. Dagegen muss der Versicherer nicht mitteilen, in welcher Höhe sich diese Rechnungsgrundlage verändert hat.

OLG München v. 29.1.2025, 25 U 1023/24 e
Der Sachverhalt:
Die Parteien stritten darüber, ob Prämienanpassungen in der privaten Krankenversicherung wirksam sind und ob dem Kläger ein Rückforderungsanspruch wegen überzahlter Prämien zusteht. Das LG hat die Klage abgewiesen. Es war der Ansicht, im Tarif VC2 hätten im Jahr 2019 und zum 1.1.2022 keine einseitigen Prämienanpassungen stattgefunden; die übrigen Prämienanpassungen (im Tarif VC2 zum 1.1.2021 und zum 1.1.2023 sowie im Tarif KH zum 1.1.2022) seien formell wirksam und auch als materiell wirksam anzusehen, weil sich der Kläger wegen Beweisvereitelung nicht darauf berufen dürfe, die Beklagte habe den ihr obliegenden Beweis nicht geführt.

Das OLG beabsichtigt die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Gründe:
Die Berufung des Klägers ist unzulässig, soweit sie Prämienanpassungen im Tarif VC2 im Jahr 2019 und zum 1.1.2022 betrifft. Im Übrigen ist die zulässige Berufung offensichtlich unbegründet.

In formeller Hinsicht waren die Anpassungen von Anfang an wirksam. Die Mitteilung der maßgeblichen Gründe für die Neufestsetzung der Prämie erfordert die Angabe der Rechnungsgrundlage, deren nicht nur vorübergehende Veränderung die Neufestsetzung nach § 203 Abs. 2 Satz 1 VVG veranlasst hat. Dagegen muss der Versicherer nicht mitteilen, in welcher Höhe sich diese Rechnungsgrundlage verändert hat (BGH, Urt. v. 16.12.2020 - IV ZR 294/19).

Nach § 203 Abs. 5 VVG müssen nicht alle Gründe der Beitragserhöhung genannt werden, sondern nur die für die Prämienanpassung entscheidenden Umstände. In diesem Sinne entscheidend ist nur, ob eine Veränderung der erforderlichen gegenüber den kalkulierten Versicherungsleistungen oder Sterbewahrscheinlichkeiten die in § 155 Abs. 3 und 4 VAG oder in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen geregelten Schwellenwerte überschreitet oder nicht.

Daran gemessen waren die streitgegenständlichen Prämienanpassungen ausreichend begründet und formell wirksam. Für den Versicherungsnehmer war so ohne weiteres erkennbar, dass die Rechnungsgrundlage Versicherungsleistungen die Prämienanpassung ausgelöst hat und die Anpassung weder im freien Belieben des Versicherers lag noch durch das Verhalten des Versicherten ausgelöst wurde, sondern aufgrund klar vordefinierter Kriterien, die bei der vorgeschriebenen Prüfung in Bezug auf den streitgegenständlichen Tarif erfüllt worden waren. Es konnte nicht allein aus der Formulierung "nach derzeitigem Erkenntnisstand" darauf geschlossen werden, die Änderung der Leistungsausgaben sei nur vorübergehend gewesen. Denn diese Formulierung war in ihrem Kontext zu sehen, in dem explizit auch erläutert wird: "Ist die Abweichung nicht nur vorübergehend, passen wir die Beiträge an". Es handelte sich letztlich um einen Hinweis darauf, dass die Beitragsanpassung auf einer konkreten Prüfung zu einem bestimmten Zeitpunkt beruht (OLG München, Hinweis vom 29.1.2024 - 39 U 3618/23 e).

Mehr zum Thema:

Aufsatz
Manfred Wandt
Grundsätzliches zur Auslegung von § 163 VVG und Zulässigkeit von Anpassungsklauseln für den Rentenfaktor in der Rentenversicherung
VersR 2024, 673
VERSR0067123

Rechtsprechung (Vorinstanz)
Wirksamkeit einer Regelung in AVB zur einseitigen Herabsetzung des Rentenfaktors
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VersR 2023, 1215
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