02.09.2014

Prokurist hat keine Vertretungsmacht zur Anmeldung der Änderung der Geschäftsanschrift beim Handelsregister

Die Prokura umfasst nicht die Vertretungsmacht zur Anmeldung der Änderung der Geschäftsanschrift beim Handelsregister. Die im Register geführte Geschäftsanschrift ist für die Gesellschaft von weitreichender organisatorischer Bedeutung und ihre Anmeldung betrifft daher ein Grundlagengeschäft, für das dem Prokuristen die Befugnis fehlt.

OLG Karlsruhe 7.8.2014, 11 Wx 17/14
Der Sachverhalt:
Die Beteiligte ist eine seit 1993 im Handelsregister eingetragene GmbH mit Sitz in H. Ihr Prokurist beantragte unter Beifügung einer notariellen Unterschriftsbeglaubigung, im Handelsregister einzutragen, dass die inländische Geschäftsanschrift der Gesellschaft V-Straße 14 in H. lautet.

Das AG rügte, dass es dem Prokuristen an der Befugnis zur Vornahme von Handelsregisteranmeldungen für das Unternehmen seines Prinzipals fehle. Die Änderung der Geschäftsanschrift müsse entweder von den Geschäftsführern in vertretungsberechtigter Zahl (§ 78 GmbHG) oder unter Einreichung einer entsprechenden Vollmacht (§ 12 Abs. 1 S. 2 HGB) erfolgen. Bei der Änderung der inländischen Geschäftsanschrift handle es sich um ein Grundlagengeschäft. Zum Schutze der Gläubiger müsse die postalische Erreichbarkeit gewährleistet sein, deshalb genüge die Anmeldung durch einen einzelvertretungsberechtigten Prokuristen nicht.

Die gegen die Zwischenverfügung des AG gerichtete Beschwerde der Beschwerdeführerin hatte vor dem OLG keinen Erfolg.

Die Gründe:
Das AG hat die Prokura zu Recht als unzureichend für die Anmeldung der Änderung der Geschäftsanschrift gerügt.

Gem. § 8 Abs. 4 Nr. 1 GmbHG hat der Geschäftsführer die Geschäftsanschrift der GmbH zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Ändert sich die Geschäftsanschrift wie hier später, folgt die Pflicht zur Anmeldung aus § 31 Abs. 1 HGB. Die Form der Anmeldung und deren formelle Voraussetzungen richten sich nach § 12 HGB. Aus § 12 Abs. 1 S. 2 HGB, §§ 10, 378 FamFG folgt, dass grundsätzlich die Anmeldung zum Handelsregister durch einen Bevollmächtigten möglich ist. Entscheidend ist, dass die Vertretungsmacht derartige Handlungen erfasst. Die Prokura umfasst nicht die Vertretungsmacht zur Anmeldung der Änderung der Geschäftsanschrift beim Handelsregister.

Für die Frage, ob die Prokura nach § 49 Abs. 1 HGB zur vorliegenden Rechtshandlung ermächtigt, ist allein entscheidend, ob der materielle Vorgang eine Grundlagenentscheidung darstellt. Dies ist vorliegend der Fall. Der Umfang einer wirksam erteilten Prokura umfasst alle Arten gerichtlicher und außergerichtlicher Geschäfte und Rechtshandlungen, die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt (§ 49 Abs. 1 HGB). Sie bezieht sich nicht auf Rechtshandlungen, die Grundlagengeschäfte darstellen, d.h. auf Geschäfte, die sich auf die rechtliche Grundlage des kaufmännischen Unternehmens beziehen; sie ist eine Vertretungsmacht für Verkehrsgeschäfte und umfasst damit nicht das Organisationsrecht des Unternehmens.

Zutreffend hat das AG jedoch darauf abgestellt, dass die im Register geführte Geschäftsanschrift für die Gesellschaft von weitreichender organisatorischer Bedeutung ist und ihre Anmeldung daher ein Grundlagengeschäft betrifft. Dies gilt umso mehr, als die inländische Geschäftsadresse nach § 8 Abs. 4 Nr. 1 GmbHG willkürlich gewählt werden kann und ein Zusammenhang mit dem Stammsitz nicht erforderlich ist, so dass der im Handelsregister eingetragenen Geschäftsanschrift neben dem Sitz der Gesellschaft eine eigenständige Bedeutung zukommt. Die Geschäftsanschrift hat mithin keine so untergeordnete Bedeutung, als dass ihre Anmeldung beim Handelsregister als Geschäft des laufenden Betriebs eines Handelsgewerbes anzusehen wäre.

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