Sicherungszweckvereinbarung beim Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags keine Leistung des Darlehensgebers
BGH v. 21.10.2025 - XI ZR 133/24
Der Sachverhalt:
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des von den Klägern erklärten Widerrufs ihrer auf den Abschluss zweier Immobiliardarlehensverträge gerichteten Willenserklärungen und ihrer hilfsweise erklärten Kündigung beider Verträge. Zum Zweck einer für den 20.3.2015 vorgesehenen Umschuldung schlossen die Parteien am 21.3.2012 in einer Vertragsurkunde zwei grundpfandrechtlich besicherte Darlehensverträge über Forward-Zinszahlungsdarlehen i.H.v. 263.500 € und 76.500 € zu einem Sollzinssatz i.H.v. jeweils 3,99% p.a. ab. Die Parteien vereinbarten mtl. am 15. zu zahlende Zinsraten i.H.v. rd. 880 € bzw. 250 €, eine Zinsbindung für jeweils 15 Jahre sowie eine Vertragslaufzeit von jeweils 18 Jahren und einem Monat. Die Darlehensvaluten dienten der Finanzierung einer Immobilie der Kläger. In der Vertragsurkunde ist der effektive Jahreszins mit jeweils 4,06% angegeben. Außerdem enthält die Vertragsurkunde u.a. folgende Angaben:
"VIII. Darlehensbedingungen
6. Zeitraum der Sollzinsbindung und Art und Weise der Anpassung des gebundenen Sollzinssatzes
6.2 Die Bank wird dem Darlehensnehmer rechtzeitig vor Ablauf der Sollzinsbindung ein Angebot über einen neuen gebundenen Sollzinssatz und einen neuen Zeitraum für eine Sollzinsbindung unterbreiten. Sollte der Darlehensnehmer das Angebot der Bank nicht annehmen bzw. sollten sich Darlehensnehmer und Bank nicht über einen neuen Sollzinssatz und einen neuen Sollzinsbindungszeitraum einigen können, vereinbaren die Bank und der Darlehensnehmer bereits jetzt, dass das Darlehen mit einem nach Maßgabe von Nr. 7 der Darlehensbedingungen veränderlichen Sollzinssatz i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem am letzten Prüftermin vor dem Datum des Angebotsschreibens gültigen EZB-Zinssatz fortgeführt wird.
IX. Auszahlungsvoraussetzungen
Das Darlehen wird nach Erfüllung der unten angegebenen/angekreuzten Voraussetzungen bzw. nach Vorlage der unten angegebenen/angekreuzten Unterlagen ausgezahlt.
Nachweise zu den Sicherheiten
Bestellung der vereinbarten Sicherheiten, insbesondere ranggerechte Eintragung der Grundschuld, Vorliegen der vollstreckbaren Ausfertigung der Grundschuldbestellungsurkunde und Sicherungszweckerklärung sowie ggf. des Grundschuldbriefes."
Mit Schreiben vom 1.4.2020 erklärten die Kläger den Widerruf ihrer auf Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen und hilfsweise die Kündigung beider Verträge. Mit ihrer Klage beantragten die Kläger - soweit im Revisionsverfahren noch von Bedeutung -, festzustellen, dass sie wegen des Widerrufs, hilfsweise wegen der Kündigung, nicht mehr aus den Darlehensverträgen verpflichtet sind, Zinszahlungen und Tilgungsleistungen zu erbringen.
LG und OLG wiesen die Klage ab. Auf die Revision der Kläger hob der BGH das Urteil des OLG auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung dorthin zurück.
Die Gründe:
Das OLG ist zwar noch zutreffend davon ausgegangen, dass den Klägern bei Abschluss der Darlehensverträge gem. § 495 Abs. 1 i.V.m. § 355 BGB a.F. ein Widerrufsrecht zustand und die Widerrufsfrist nicht zu laufen begann, bevor die Kläger die Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB erhalten hatten. Dass dies vorliegend bei Abschluss der Darlehensverträge im März 2012 der Fall war, so dass der Widerruf vom 1.4.2020 verspätet war, kann mit der gegebenen Begründung jedoch nicht angenommen werden.
Entgegen der Ansicht der Revision hat das OLG allerdings im Hinblick auf den Sicherungszweckvertrag zu Recht einen Verstoß gegen die Verpflichtung aus § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 8 Abs. 1 Satz 1 EGBGB a.F. verneint. Danach hat der Darlehensgeber, wenn er zum Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags verlangt, dass der Darlehensnehmer einen weiteren Vertrag abschließt, dies anzugeben. Insoweit ergibt sich bereits aus der Gesetzessystematik, dass bei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen keine Mitteilungspflicht bzgl. der grundpfandrechtlichen Sicherungsvereinbarung besteht. Nach Art. 247 § 7 Nr. 2 EGBGB a.F. muss ein Verbraucherdarlehensvertrag Angaben über die vom Darlehensgeber verlangten Sicherheiten enthalten. Diese Regelung gilt nach Art. 247 § 9 Abs. 1 Satz 1 EGBGB a.F. nicht für Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge. Ein Sicherungszweckvertrag zwischen Darlehensnehmer und Darlehensgeber hat zudem keine Leistung des Darlehensgebers oder eines Dritten zum Gegenstand. Vielmehr verpflichtet sich der Darlehensnehmer in einem solchen Vertrag selbst dazu, dem Darlehensgeber die darin vereinbarten Sicherheiten zu stellen. Unabhängig davon wird der Sicherungszweckvertrag vorliegend im Darlehensvertrag unter "IX. Auszahlungsvoraussetzungen" erwähnt.
Rechtsfehlerhaft ist das OLG demgegenüber davon ausgegangen, dass der Verstoß der Beklagten gegen ihre Verpflichtung aus § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 9 Abs. 1 Satz 1 EGBGB a.F., § 3 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB, den effektiven Jahreszins anzugeben, einen Belehrungsfehler darstellt, der das Anlaufen der Widerrufsfrist nicht hindert. Zu Unrecht beanstandet die Revision jedoch, dass das OLG der Berechnung des effektiven Jahreszinses auch für die Zeit nach Ablauf der Sollzinsbindung den anfänglichen Sollzinssatz von 3,99% p.a. und nicht nach § 6 Abs. 5 PAngV in der bis zum 20.3.2016 geltenden Fassung (a.F.) die Annahme aus Ziffer II Buchst. j der Anlage zu § 6 PAngV a.F. zugrunde gelegt hat. Aufgrund dessen kann dahingestellt bleiben, ob Ziffer II Buchst. j der Anlage zu § 6 PAngV a.F. hier bereits deshalb keine Anwendung findet, weil vorliegend wegen der vereinbarten Forward-Zeit die Sollzinsbindung erst mit der für die Darlehensrückzahlung bestimmten Zeit endet. Nach dieser Vorschrift wird bei Verträgen, bei denen die Sollzinsbindung vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit endet und nach deren Ende ein neuer, veränderlicher Sollzinssatz vereinbart wird, der in regelmäßigen Abständen nach einem vereinbarten Index oder Referenzzinssatz angepasst wird, angenommen, dass der Sollzinssatz nach Ablauf der Sollzinsbindung dem Sollzinssatz entspricht, der sich aus dem Wert des vereinbarten Indexes oder Referenzzinssatzes zum Zeitpunkt der Berechnung des effektiven Jahreszinses ergibt.
Aus dem Wortlaut dieser Regelung ergibt sich jedoch nicht eindeutig, ob sie nur dann maßgeblich sein soll, wenn schon bei Abschluss des Vertrags feststeht, dass nach Ablauf der Sollzinsbindung ein variabler Sollzins zur Anwendung kommt, oder ob diese Annahme auch dann der Effektivzinsberechnung zugrundezulegen ist, wenn im Vertrag nur vorgesehen ist, dass nach Ablauf der Sollzinsbindung zunächst über einen neuen Festzins verhandelt werden soll, als Rückfalloption für den Fall einer fehlenden Einigung jedoch ein variabler Sollzinssatz vereinbart ist. Deshalb wurde die Anlage zu § 6 PAngV a.F. mit Wirkung vom 1.1.2013 dahingehend ergänzt, dass die Annahme aus Ziffer II Buchst. j dieser Anlage der Berechnung des effektiven Jahreszinses nur dann zugrunde gelegt werden darf, wenn feststeht, dass nach Ablauf der Sollzinsbindung ein variabler Sollzins zur Anwendung kommt. Damit sollte verhindert werden, dass bei entsprechender Zinslage der effektive Jahreszins mit einem Wert angegeben wird, der unter dem anfänglichen Nominalzins liegt. Im Hinblick auf diese Ergänzung, die der Klarstellung des Anwendungsbereichs der Vorschrift dient, kann der Darlehensgeber bei einem - wie hier nach der Annahme des OLG - schon vor dem 1.1.2013 abgeschlossenen Darlehensvertrag, bei dem die Sollzinsbindung vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit endet und bei dem nicht feststeht, ob nach deren Ende ein neuer, veränderlicher Sollzinssatz vereinbart wird, gem. § 6 Abs. 4 PAngV a.F. der Berechnung des effektiven Jahreszinses den anfänglichen Sollzinssatz - von hier 3,99% - zugrunde legen.
Allerdings ist die Angabe des effektiven Jahreszinses nach den von der Beklagten mit einer Gegenrüge angegriffenen Feststellungen des OLG fehlerhaft, weil der effektive Jahreszins danach jeweils 4,07% beträgt und damit um 0,01 Prozentpunkte über den Angaben in der Vertragsurkunde liegt. Dieser Fehler hindert entgegen der Auffassung des OLG das Anlaufen der Widerrufsfrist. Ist der effektive Jahreszins zu niedrig angegeben, so vermindert sich der dem Verbraucherdarlehensvertrag zugrunde gelegte Sollzinssatz um den Prozentsatz, um den der effektive Jahreszins zu niedrig angegeben ist (§ 494 Abs. 3 BGB). Gem. § 494 Abs. 7 Satz 2 BGB a.F. (bis zum 20.3.2016 gem. § 356b Abs. 3 BGB in der bis dahin geltenden Fassung) beginnt die Widerrufsfrist erst, wenn der Darlehensnehmer die Abschrift des Vertrags, in der die Vertragsänderung nach § 494 Abs. 3 BGB berücksichtigt ist, erhalten hat. Dass dies geschehen wäre, macht die - insoweit darlegungs- und beweisbelastete - Beklagte nicht geltend.
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Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des von den Klägern erklärten Widerrufs ihrer auf den Abschluss zweier Immobiliardarlehensverträge gerichteten Willenserklärungen und ihrer hilfsweise erklärten Kündigung beider Verträge. Zum Zweck einer für den 20.3.2015 vorgesehenen Umschuldung schlossen die Parteien am 21.3.2012 in einer Vertragsurkunde zwei grundpfandrechtlich besicherte Darlehensverträge über Forward-Zinszahlungsdarlehen i.H.v. 263.500 € und 76.500 € zu einem Sollzinssatz i.H.v. jeweils 3,99% p.a. ab. Die Parteien vereinbarten mtl. am 15. zu zahlende Zinsraten i.H.v. rd. 880 € bzw. 250 €, eine Zinsbindung für jeweils 15 Jahre sowie eine Vertragslaufzeit von jeweils 18 Jahren und einem Monat. Die Darlehensvaluten dienten der Finanzierung einer Immobilie der Kläger. In der Vertragsurkunde ist der effektive Jahreszins mit jeweils 4,06% angegeben. Außerdem enthält die Vertragsurkunde u.a. folgende Angaben:
"VIII. Darlehensbedingungen
6. Zeitraum der Sollzinsbindung und Art und Weise der Anpassung des gebundenen Sollzinssatzes
6.2 Die Bank wird dem Darlehensnehmer rechtzeitig vor Ablauf der Sollzinsbindung ein Angebot über einen neuen gebundenen Sollzinssatz und einen neuen Zeitraum für eine Sollzinsbindung unterbreiten. Sollte der Darlehensnehmer das Angebot der Bank nicht annehmen bzw. sollten sich Darlehensnehmer und Bank nicht über einen neuen Sollzinssatz und einen neuen Sollzinsbindungszeitraum einigen können, vereinbaren die Bank und der Darlehensnehmer bereits jetzt, dass das Darlehen mit einem nach Maßgabe von Nr. 7 der Darlehensbedingungen veränderlichen Sollzinssatz i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem am letzten Prüftermin vor dem Datum des Angebotsschreibens gültigen EZB-Zinssatz fortgeführt wird.
IX. Auszahlungsvoraussetzungen
Das Darlehen wird nach Erfüllung der unten angegebenen/angekreuzten Voraussetzungen bzw. nach Vorlage der unten angegebenen/angekreuzten Unterlagen ausgezahlt.
Nachweise zu den Sicherheiten
Bestellung der vereinbarten Sicherheiten, insbesondere ranggerechte Eintragung der Grundschuld, Vorliegen der vollstreckbaren Ausfertigung der Grundschuldbestellungsurkunde und Sicherungszweckerklärung sowie ggf. des Grundschuldbriefes."
Mit Schreiben vom 1.4.2020 erklärten die Kläger den Widerruf ihrer auf Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen und hilfsweise die Kündigung beider Verträge. Mit ihrer Klage beantragten die Kläger - soweit im Revisionsverfahren noch von Bedeutung -, festzustellen, dass sie wegen des Widerrufs, hilfsweise wegen der Kündigung, nicht mehr aus den Darlehensverträgen verpflichtet sind, Zinszahlungen und Tilgungsleistungen zu erbringen.
LG und OLG wiesen die Klage ab. Auf die Revision der Kläger hob der BGH das Urteil des OLG auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung dorthin zurück.
Die Gründe:
Das OLG ist zwar noch zutreffend davon ausgegangen, dass den Klägern bei Abschluss der Darlehensverträge gem. § 495 Abs. 1 i.V.m. § 355 BGB a.F. ein Widerrufsrecht zustand und die Widerrufsfrist nicht zu laufen begann, bevor die Kläger die Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB erhalten hatten. Dass dies vorliegend bei Abschluss der Darlehensverträge im März 2012 der Fall war, so dass der Widerruf vom 1.4.2020 verspätet war, kann mit der gegebenen Begründung jedoch nicht angenommen werden.
Entgegen der Ansicht der Revision hat das OLG allerdings im Hinblick auf den Sicherungszweckvertrag zu Recht einen Verstoß gegen die Verpflichtung aus § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 8 Abs. 1 Satz 1 EGBGB a.F. verneint. Danach hat der Darlehensgeber, wenn er zum Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags verlangt, dass der Darlehensnehmer einen weiteren Vertrag abschließt, dies anzugeben. Insoweit ergibt sich bereits aus der Gesetzessystematik, dass bei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen keine Mitteilungspflicht bzgl. der grundpfandrechtlichen Sicherungsvereinbarung besteht. Nach Art. 247 § 7 Nr. 2 EGBGB a.F. muss ein Verbraucherdarlehensvertrag Angaben über die vom Darlehensgeber verlangten Sicherheiten enthalten. Diese Regelung gilt nach Art. 247 § 9 Abs. 1 Satz 1 EGBGB a.F. nicht für Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge. Ein Sicherungszweckvertrag zwischen Darlehensnehmer und Darlehensgeber hat zudem keine Leistung des Darlehensgebers oder eines Dritten zum Gegenstand. Vielmehr verpflichtet sich der Darlehensnehmer in einem solchen Vertrag selbst dazu, dem Darlehensgeber die darin vereinbarten Sicherheiten zu stellen. Unabhängig davon wird der Sicherungszweckvertrag vorliegend im Darlehensvertrag unter "IX. Auszahlungsvoraussetzungen" erwähnt.
Rechtsfehlerhaft ist das OLG demgegenüber davon ausgegangen, dass der Verstoß der Beklagten gegen ihre Verpflichtung aus § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 9 Abs. 1 Satz 1 EGBGB a.F., § 3 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB, den effektiven Jahreszins anzugeben, einen Belehrungsfehler darstellt, der das Anlaufen der Widerrufsfrist nicht hindert. Zu Unrecht beanstandet die Revision jedoch, dass das OLG der Berechnung des effektiven Jahreszinses auch für die Zeit nach Ablauf der Sollzinsbindung den anfänglichen Sollzinssatz von 3,99% p.a. und nicht nach § 6 Abs. 5 PAngV in der bis zum 20.3.2016 geltenden Fassung (a.F.) die Annahme aus Ziffer II Buchst. j der Anlage zu § 6 PAngV a.F. zugrunde gelegt hat. Aufgrund dessen kann dahingestellt bleiben, ob Ziffer II Buchst. j der Anlage zu § 6 PAngV a.F. hier bereits deshalb keine Anwendung findet, weil vorliegend wegen der vereinbarten Forward-Zeit die Sollzinsbindung erst mit der für die Darlehensrückzahlung bestimmten Zeit endet. Nach dieser Vorschrift wird bei Verträgen, bei denen die Sollzinsbindung vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit endet und nach deren Ende ein neuer, veränderlicher Sollzinssatz vereinbart wird, der in regelmäßigen Abständen nach einem vereinbarten Index oder Referenzzinssatz angepasst wird, angenommen, dass der Sollzinssatz nach Ablauf der Sollzinsbindung dem Sollzinssatz entspricht, der sich aus dem Wert des vereinbarten Indexes oder Referenzzinssatzes zum Zeitpunkt der Berechnung des effektiven Jahreszinses ergibt.
Aus dem Wortlaut dieser Regelung ergibt sich jedoch nicht eindeutig, ob sie nur dann maßgeblich sein soll, wenn schon bei Abschluss des Vertrags feststeht, dass nach Ablauf der Sollzinsbindung ein variabler Sollzins zur Anwendung kommt, oder ob diese Annahme auch dann der Effektivzinsberechnung zugrundezulegen ist, wenn im Vertrag nur vorgesehen ist, dass nach Ablauf der Sollzinsbindung zunächst über einen neuen Festzins verhandelt werden soll, als Rückfalloption für den Fall einer fehlenden Einigung jedoch ein variabler Sollzinssatz vereinbart ist. Deshalb wurde die Anlage zu § 6 PAngV a.F. mit Wirkung vom 1.1.2013 dahingehend ergänzt, dass die Annahme aus Ziffer II Buchst. j dieser Anlage der Berechnung des effektiven Jahreszinses nur dann zugrunde gelegt werden darf, wenn feststeht, dass nach Ablauf der Sollzinsbindung ein variabler Sollzins zur Anwendung kommt. Damit sollte verhindert werden, dass bei entsprechender Zinslage der effektive Jahreszins mit einem Wert angegeben wird, der unter dem anfänglichen Nominalzins liegt. Im Hinblick auf diese Ergänzung, die der Klarstellung des Anwendungsbereichs der Vorschrift dient, kann der Darlehensgeber bei einem - wie hier nach der Annahme des OLG - schon vor dem 1.1.2013 abgeschlossenen Darlehensvertrag, bei dem die Sollzinsbindung vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit endet und bei dem nicht feststeht, ob nach deren Ende ein neuer, veränderlicher Sollzinssatz vereinbart wird, gem. § 6 Abs. 4 PAngV a.F. der Berechnung des effektiven Jahreszinses den anfänglichen Sollzinssatz - von hier 3,99% - zugrunde legen.
Allerdings ist die Angabe des effektiven Jahreszinses nach den von der Beklagten mit einer Gegenrüge angegriffenen Feststellungen des OLG fehlerhaft, weil der effektive Jahreszins danach jeweils 4,07% beträgt und damit um 0,01 Prozentpunkte über den Angaben in der Vertragsurkunde liegt. Dieser Fehler hindert entgegen der Auffassung des OLG das Anlaufen der Widerrufsfrist. Ist der effektive Jahreszins zu niedrig angegeben, so vermindert sich der dem Verbraucherdarlehensvertrag zugrunde gelegte Sollzinssatz um den Prozentsatz, um den der effektive Jahreszins zu niedrig angegeben ist (§ 494 Abs. 3 BGB). Gem. § 494 Abs. 7 Satz 2 BGB a.F. (bis zum 20.3.2016 gem. § 356b Abs. 3 BGB in der bis dahin geltenden Fassung) beginnt die Widerrufsfrist erst, wenn der Darlehensnehmer die Abschrift des Vertrags, in der die Vertragsänderung nach § 494 Abs. 3 BGB berücksichtigt ist, erhalten hat. Dass dies geschehen wäre, macht die - insoweit darlegungs- und beweisbelastete - Beklagte nicht geltend.
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