09.12.2019

Skylines: Netflix-Serie verstößt nicht gegen Persönlichkeitsrechte

Die Verbreitung der Serie "Skylines" ist durch die Kunstfreiheit geschützt. Sie verletzt weder das Persönlichkeitsrecht noch das Unternehmenspersönlichkeitsrecht des Antragstellers. Die künstlerische Gestaltung der Lebensläufe der Protagonisten und der Geschäftstätigkeit der Firma sind verselbständigt und ausreichend künstlerisch transzendiert worden, so dass Kunstbild und Urbild unterscheidbar bleiben.

OLG Frankfurt a.M. v. 21.11.2019 - 16 W 56/19
Der Sachverhalt:
Der Antragsteller begehrt von der Antragsgegnerin, Netflix, dass sie die Serie "Skylines" nicht auf ihrer Internetseite netflix.de verbreitet. Der Antragsteller ist Rapper, Produzent und Inhaber des Musik-Labels Skyline Records sowie der gleichnamigen Firma. Als Künstler führt er den Namen Cousin JMF.

Die Antragsgegnerin startete Ende September 2019 mit sechs Folgen einer ersten Staffel der Serie "Skylines". Sie spielt in Frankfurt a.M. und erzählt die Geschichte eines Musik-Labels namens Skyline Records. Protagonisten sind der talentierte Hip-Hop-Musiker und Produzent Jinn, der von einem berühmten Label namens Skyline Records entdeckt und von dessen Chef Kalifa unter Vertrag genommen wird. Die Serie war seit Oktober 2018 im Internet und anderen Medien beworben worden. Drehbeginn war der 20.11.2018.

Das LG wies den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Verbreitung der Serie zurück. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Antragstellers hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Der Beschluss ist nicht anfechtbar.

Die Gründe:
Die Verbreitung der Serie ist durch die Kunstfreiheit der Antragsgegnerin geschützt.

Das Verbreitungsinteresse wiegt schwerer als das Persönlichkeitsrecht des Antragstellers und sein Unternehmerpersönlichkeitsrecht hinsichtlich des Unternehmens Skyline Records. Die künstlerische Gestaltung der Lebensläufe der Protagonisten und der Geschäftstätigkeit der Firma sind in einer Weise verselbstständigt und in der Darstellung ausreichend künstlerisch transzendiert worden, dass das Individuelle, Persönlich-Intime zu Gunsten des Allgemeinen, Zeichenhaften der Figuren und der Firma genügend objektiviert erscheint.

Die Anknüpfungspunkte der Serie an den Werdegang des Antragstellers führen nicht zu einer Verdichtung, wonach Kunstbild und Urbild der Figuren nicht mehr voneinander unterscheidbar wären. Zwar bestehen offensichtlich Übereinstimmungen zwischen dem Werdegang des Antragstellers und den der Serienprotagonisten. Diese sind jedoch nicht von solchem Gewicht, dass für den Durchschnittsbetrachter der Unterschied zwischen Fiktion und Wirklichkeit aufgehoben und auf diese Weise die Eigenschaften der dargestellten Person gerade dem Antragsteller oder des Unternehmens zugeschrieben werden.

Vielmehr liegen zu wenige konkrete Übereinstimmungen der Lebensläufe vor. Über wenige, in Künstlerkarrieren typischerweise vorkommende Umstände hinaus bestehen keine wesentlichen Übereinstimmungen mit der Biografie des Antragstellers. Auch die in der Serie benutzte Musik enthält keine den Antragsteller besonders kennzeichnende Ähnlichkeit. Soweit das äußere Erscheinungsbild des jungen Protagonisten Jinn in Kopf und an Gesichtszügen gewisse Ähnlichkeit mit dem vom Antragsteller vorgelegten ihn zeigenden Foto hat, ist dies nicht so markant, dass hierdurch der Zuschauer eindeutig den Antragsteller identifiziert. Trotz der Namensübereinstimmung mit dem Plattenlabel des Antragstellers nimmt der Zuschauer keine Übertragung der geschilderten Gegebenheiten und Eigenschaften von Protagonisten und deren Geschäftsgebaren auf.

Es wird auch nicht die Vermutung der Fiktionalität aufgehoben. Die Handlungsweisen sind vielmehr in so hohem Maß von Gewaltexzessen, extremer Brutalität und schwerwiegenden Verbrechen und kriminellen Handlungen geprägt, dass der durchschnittliche Zuschauer hierin eine in Filmwerken dieses Genres üblicherweise vorkommende filmische Übertreibung und Überzeichnung erkennt, mit der ausschließlich fiktionale Spannung erzeugt und das Interesse geweckt werden soll. Es bleibt dem Zuschauer aufgrund der gewählten filmischen Mittel jederzeit bewusst, dass hiermit nicht der Werdegang und die Geschäftspraktiken einer in Frankfurt ansässigen Plattenfirma gleichen Namens nacherzählt werden.

Der Antragsteller kann auch nicht Unterlassung wegen Verletzung seines Rechts an dem Unternehmenskennzeichen Skyline Records verlangen. Dem Begriff kommt zwar Unternehmenskennzeichenschutz und Titelschutz nach dem MarkenG zu. Es fehle jedoch für den Erlass einer einstweiligen Verfügung an für eine Eilregelung erforderlichen Dringlichkeit. Der Antragsteller hatte vielmehr schon bereits über ein Jahr vor diesem Antrag Kenntnis von der Verwendung dieser Kennzeichen.
OLG Frankfurt a.M. PM Nr. 72 vom 4.12.2019
Zurück