25.04.2013

Spanien darf von in Spanien tätigen Kreditinstituten unmittelbar Übermittlung von Daten im Hinblick auf Geldwäsche und Terrorismus verlangen

Das Unionsrecht steht der spanischen Regelung nicht entgegen, wonach Kreditinstitute, die in Spanien tätig sind, ohne dort ansässig zu sein, den spanischen Behörden unmittelbar die für die Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung notwendigen Daten übermitteln müssen. In Ermangelung eines wirksamen Mechanismus, der eine vollständige und lückenlose Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten gewährleistet, die eine wirksame Bekämpfung dieser Straftaten erlaubt, ist diese Regelung eine verhältnismäßige Maßnahme.

EuGH 25.4.2013, C-212/11
Hintergrund:
Die Richtlinie 2005/60/EG zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung erlegt insbes. den Kreditinstituten bestimmte Auskunftspflichten auf. Zu diesem Zweck verlangt sie, dass jeder Mitgliedstaat eine zentrale Meldestelle einrichtet, deren Aufgabe es ist, Informationen entgegenzunehmen, anzufordern, zu analysieren und an die zuständigen Behörden weiterzugeben, die potenzielle Fälle von Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung betreffen. Die Richtlinie sieht vor, dass diese Informationen der zentralen Meldestelle des Mitgliedstaats übermittelt werden, in dessen Hoheitsgebiet sich das Institut befindet.

Der Sachverhalt:
Die spanische Regelung verpflichtet die in Spanien tätigen Kreditinstitute unabhängig vom Ort ihrer Niederlassung, der spanischen zentralen Meldestelle Kontenbewegungen mitzuteilen, die Beträge betreffen, die 30.000 € übersteigen und aus Steuerparadiesen und unkooperativen Gebieten einschließlich Gibraltar stammen oder in diese fließen. Jyske, eine Tochtergesellschaft der dänischen NS Jyske Bank, ist ein in Gibraltar ansässiges Kreditinstitut, das in Spanien im Rahmen des freien Dienstleistungsverkehrs, d.h. ohne dort über eine Niederlassung zu verfügen, tätig war.

Im Januar 2007 verlangte die spanische zentrale Meldestelle von Jyske, ihr bestimmte Informationen zu liefern. Sie war nämlich im Hinblick auf eine Reihe von Anhaltspunkten der Auffassung, dass die sehr große Gefahr bestehe, dass Jyske im Zuge ihrer Tätigkeiten in Spanien zur Geldwäsche benutzt werde. Hierzu seien in Gibraltar Gesellschaftsstrukturen geschaffen worden, mit denen verhindert werden solle, dass die Identität des wahren Eigentümers der in Spanien, im Wesentlichen an der Costa del Sol, erworbenen Immobilien sowie die Herkunft der für diesen Erwerb verwendeten Mittel bekannt würden.

Im Juni 2007 übermittelte Jyske einen Teil der erbetenen Informationen, weigerte sich jedoch unter Berufung auf die in Gibraltar geltenden Bestimmungen über das Bankgeheimnis, Angaben über die Identität ihrer Kunden zu machen. Deshalb sprach der spanische Ministerrat, der der Auffassung war, dass Jyske gegen ihre Auskunftspflichten nach der spanischen Regelung verstoßen habe, gegen sie zwei öffentliche Verwarnungen aus und setzte zwei Geldbußen i.H.v. insgesamt 1,7 Mio. € fest. Jyske ist der Ansicht, dass die Richtlinie ihr nur gegenüber der zentralen Meldestelle Gibraltars eine Auskunftspflicht auferlege und dass daher die spanischen Rechtsvorschriften nicht in Einklang mit der Richtlinie stünden.

Die Bank rief deshalb den Obersten Gerichtshof in Spanien an. Dieser beschloss, den EuGH zu dieser Angelegenheit zu befragen.

Die Gründe:
Nach der Richtlinie ist es nicht ausdrücklich verboten, zu verlangen, dass in Spanien tätige Kreditinstitute die zur Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung erbetenen Auskünfte unmittelbar an die spanische zentrale Meldestelle übermitteln. Insoweit steht die Richtlinie grundsätzlich der spanischen Regelung nicht entgegen, sofern diese dazu dient, unter Beachtung des Unionsrechts die wirksame Bekämpfung dieser Straftaten zu verbessern. Diese Regelung kann die durch die Richtlinie eingeführten Grundsätze in Bezug auf die Meldepflichten der ihr unterliegenden Einrichtungen mithin nicht beeinträchtigen und der Wirksamkeit der bestehenden Formen der Zusammenarbeit und des Informationsaustauschs zwischen den zentralen Meldestellen nicht abträglich sein.

Grundsätzlich stellt die Regelung zwar eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs dar, da sie Schwierigkeiten und zusätzliche Kosten verursacht. Außerdem kann sie zu den bereits in dem Mitgliedstaat, in dem sich das betreffende Institut befindet, durchgeführten Kontrollen hinzutreten und es auf diese Weise von der Ausführung dieser Tätigkeiten abschrecken. Diese Beschränkungen können jedoch durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses wie die Bekämpfung der Geldwäsche und die Terrorismusfinanzierung gerechtfertigt sein. Das nationale Gericht wird daher zu prüfen haben, ob die in Rede stehende Regelung geeignet ist, die Verwirklichung dieses Zieles zu erreichen, und insbes., ob sie es Spanien ermöglicht, verdächtige Finanztransaktionen zu überwachen und wirksam zu unterbinden sowie ggf. gegen die Verantwortlichen vorzugehen und diese zu bestrafen.

Die Regelung ermöglicht es Spanien, die Gesamtheit der im Inland von den Kreditinstituten durchgeführten Finanztransaktionen zu überwachen. Diese Maßnahme erweist sich als geeignet, das verfolgte Ziel zuverlässig und kohärent zu erreichen. Das nationale Gericht wird nun zu prüfen haben, ob diese Regelung in nichtdiskriminierender Weise angewandt wird und ob sie verhältnismäßig, also geeignet ist, die Verwirklichung des mit ihr verfolgten Ziels zu gewährleisten, und nicht über das hinausgeht, was zu dessen Erreichung erforderlich ist. Unverhältnismäßig wäre die Regelung etwa, wenn die Zusammenarbeit zwischen den zentralen Meldestellen der verschiedenen Mitgliedstaaten der spanischen zentralen Meldestelle bereits ermöglichen würde, die angeforderten Informationen über die zentrale Meldestelle desjenigen Mitgliedstaats zu erhalten, in dem sich das Kreditinstitut befindet.

Der Mechanismus der Zusammenarbeit zwischen den zentralen Meldestellen weist jedoch Lücken auf. Insbes. gibt es erhebliche Ausnahmen von der Verpflichtung die angeforderten Informationen zu übermitteln. Eine zentrale Meldestelle kann nämlich die Weitergabe von Informationen verweigern, die eine strafrechtliche Ermittlung in dem Mitgliedstaat stören könnten, oder wenn die Weitergabe eindeutig in einem Missverhältnis zu den legitimen Interessen einer Person oder des betreffenden Mitgliedstaats stehende Wirkungen hervorriefe oder wenn sie gegen die Grundprinzipien des innerstaatlichen Rechts verstieße. Letztlich stellt diese Regelung daher, wenn es zum maßgeblichen Zeitpunkt an einem wirksamen Mechanismus fehlt, der eine vollständige und lückenlose Zusammenarbeit der zentralen Meldestellen gewährleistet und eine ebenso wirksame Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung erlaubt, eine verhältnismäßige Maßnahme dar.

Linkhinweis:

Für den auf den Webseiten des EuGH veröffentlichten Volltext der Entscheidung klicken Sie bitte hier.

EuGH PM Nr. 54 vom 25.4.2013
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