18.08.2025

Sterne-Bewertung in der Gastronomie: Wann muss der Hostdienstleister die Bewertung löschen?

Ein Hostingdiensteanbieter erlangt von einem persönlichkeitsrechtswidrigen Inhalt nur dann in zumutbarer Weise durch die Meldung eines Betroffenen Kenntnis, wenn der Betroffene dazu das vom Hostingdiensteanbieter eingerichtete und den Anforderungen des § 16 Abs. 1 und 2 DSA entsprechende Melde- und Abhilfeverfahren nutzt. Formlose Mitteilungen des Betroffenen an den Hostingdiensteanbieter sind unzureichend.

LG Berlin II v. 7.8.2025 - 27 O 262/25 eV
Der Sachverhalt:
Die Antragstellerin betreibt eine gastronomische Einrichtung und nimmt die Antragsgegnerin als Hostdienstleisterin im einstweiligen Verfügungsverfahren auf Untersagung der weiteren Veröffentlichung der von Dritten vorgenommenen "Sterne"-Bewertungen ihres Unternehmens in Anspruch.

Das LG hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.

Die Gründe:
Der Antrag ist unbegründet, da es der Antragstellerin an einem Verfügungsanspruch fehlt. Der Antragstellerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog i.v.m. Art. 2 Abs 1, 19 Abs. 3 GG nicht zu. Die Antragsgegnerin haftet der Antragstellerin nicht als mittelbare Störerin auf Unterlassung der streitgegenständlichen Äußerungen.

Ein Hostprovider wie die Antragsgegnerin ist zur Vermeidung einer Haftung als mittelbarer Störer grundsätzlich nicht verpflichtet, die von den Nutzern in das Netz gestellten Beiträge vor der Veröffentlichung auf eventuelle Rechtsverletzungen zu überprüfen. Der Hostprovider ist aber verantwortlich, sobald er in zumutbarer Weise Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt. Weist ein Betroffener den Hostprovider auf eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts - hier des Unternehmenspersönlichkeitsrechts - durch den Nutzer seines Angebots hin, kann eine Verpflichtung des Hostproviders zur künftigen Verhinderung derartiger Störungen im Einzelfall gegeben sein, sie ist aber nicht zwingend. Denn sie setzt voraus, dass es dem Hostprovider unschwer möglich ist, die behauptete Persönlichkeitsrechtsverletzung tatsächlich und rechtlich zu überprüfen.

Gemessen daran war es der Antragsgegnerin bislang nicht unschwer möglich, die streitigen Äußerungen tatsächlich und rechtlich zu überprüfen. Denn die Antragstellerin hat bislang davon abgesehen, der Antragsgegnerin Kenntnis über das gemäß Art. 16 Abs. 1 und 2 der Verordnung (EU) 2022/2065 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Oktober 2022 über einen Binnenmarkt für digitale Dienste und zur Änderung der Richtlinie 2000/31/EG (Digital Services Act, im Folgenden "DSA") für Hostingdienstanbieter verpflichtende - und von der Antragsgegnerin auch eingerichtete - Melde- und Abhilfeverfahren über die ihrer Auffassung nach persönlichkeitsrechtswidrigen Inhalte zu machen. Gemäß Art. 16 Abs. 3 DSA ist von einer tatsächlichen Kenntnis oder einem Bewusstsein in Bezug auf die betreffende Einzelinformation bei Meldungen des Betroffenen aber ausschließlich dann auszugehen, wenn die Meldung des Betroffenen "nach diesem Artikel" - und damit unter Nutzung des vom Hostingdienstanbieter gemäß § 16 Abs. 1 und 2 DSA geschaffenen Melde- und Abhilfeverfahrens - erfolgt.

Davon abweichende Formen der Kenntnisverschaffung durch den Betroffenen sind ungeeignet, dem Hostingdienstanbieter in zumutbarer Weise Kenntnis von der angeblichen Persönlichkeitsrechtsverletzung zu verschaffen.

Aus den Erwägungsgründen zur DSA folgt nichts anderes, auch wenn dort an unterschiedlicher Stelle Formen einer außerhalb des durch Art. 16 DSA geschaffenen Melde- und Abhilfeverfahrens erlangten Kenntnis Erwähnung finden (a.A. LG Berlin II v. 16.7.2025 - 2 O 268/25 eV).

Das von der Antragsgegnerin eingerichtete Melde- und Abhilfeverfahren wird den Anforderungen des Art. 16 Abs. 1 und 2 DSA gerecht. Denn es ist leicht zugänglich und benutzerfreundlich gestaltet:

Der Antragstellerin war es wie jedem anderen Betroffenen persönlichkeitsrechtswidriger Inhalte zunächst möglich, den im - online ohne Weiteres auffindbaren - Impressum der Antragsgegnerin beschriebenen und durch eine Verlinkung zum Antragsformular unmittelbar eröffneten Weg zur Meldung persönlichkeitsrechtswidriger Inhalte zu beschreiten. Dabei bedarf es keiner abschließenden Entscheidung der Kammer, ob sich das Impressum der Antragsgegnerin in der Nähe der beanstandeten Bewertung befunden hat. Denn Art. 16 Abs. 1 und 2 DSA stellt für die Einhaltung des vom Hostingdienstanbieters einzurichtenden Melde- und Abhilfeverfahrens lediglich auf eine leichte Zugänglichkeit und Benutzerfreundlichkeit ab, nicht hingegen auf eine räumliche Nähe oder sogar auf eine Verlinkung der Bewertung mit einer auf elektronischem Wege eröffneten Weg zur Meldung eines persönlichkeitsrechtswidrigen Inhalts.

Mehr zum Thema:

Link zum Volltext der Entscheidung des LG Berlin II

Literatur:
Löschung unberechtigter Bewertungen in Internetportalen
Isabella Klotz, ITRB 2025, 138
(Beitrag aufrufbar im Beratermodul IT-Recht)

Beratermodul IT-Recht
Otto Schmidt Answers optional dazu buchen und die KI 4 Wochen gratis nutzen! Die Answers-Lizenz gilt für alle Answers-fähigen Module, die Sie im Abo oder im Test nutzen. Bearbeiten Sie zahlreiche bewährte Formulare mit LAWLIFT! 4 Wochen gratis nutzen!

 

Otto-Schmidt-Verlag