23.09.2019

Teilgewinnabführungsvertrag: Veräußerung von betriebsnotwendigem Vermögen

Die Veräußerung von betriebsnotwendigem Vermögen durch eine GmbH, die aufgrund eines Teilgewinnabführungsvertrags verpflichtet ist, 20 % ihres Jahresüberschusses abzuführen, an eine Gesellschaft mit im Wesentlichen gleichen Gesellschaftern gegen eine angemessene Gegenleistung begründet nicht ohne Weiteres eine den Vorwurf der Sittenwidrigkeit begründende Verletzung der Leistungstreuepflicht.

BGH v. 16.7.2019 - II ZR 426/17
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ging im Wege einer Umwandlung aus der LPG hervor. Sie schloss 1992/1993 mit der DG-Bank in Bezug auf Altverbindlichkeiten der LPG eine Rangrücktrittsvereinbarung. Die Beklagte, die als GmbH im Zuge der Umstrukturierung gegründet worden war und die von der Klägerin verschiedene Wirtschaftsgüter der ehemaligen LPG zur landwirtschaftlichen Produktion übernahm, trat den Altverbindlichkeiten durch eine Erklärung von Oktober 1992 in der Weise bei, dass sie sich gegenüber der Klägerin zur Abführung ihres Jahresüberschusses i.H.v. bis zu 20 % verpflichtete.

Die Beklagte verkaufte und übereignete vor ihrem im Januar 2016 in das Handelsregister eingetragenen Formwechsel zur Aktiengesellschaft landwirtschaftliche Nutzflächen an die L-GmbH und die A-GmbH, deren Gesellschafter bei deren Errichtung weitgehend mit den Gesellschaftern der Beklagten identisch waren. Die Klägerin meint, die Grundstückskaufträge seien einschließlich der Auflassungen wegen Sittenwidrigkeit nichtig, weil die Beklagte versuche, sich durch den Abschluss der Verträge und die Übertragung der Grundstücke auf Parallelgesellschaften aus ihrer Verpflichtung zur Teilgewinnabführung zu lösen.

LG und OLG gaben der auf Feststellung der Nichtigkeit der Kaufverträge und Auflassungen gerichteten Klage statt und untersagte es der Beklagten, die Grundstücke an die L-GmbH und die A-GmbH zu veräußern, solange die Beklagte zur Teilgewinnabführung an die Klägerin verpflichtet ist. Auf die Revision der Beklagten hob der BGH das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.

Die Gründe:
Die Beurteilung des OLG, die Kaufverträge von März 2014 und Juni 2014 nebst Auflassungen seien wegen Sittenwidrigkeit nach § 138 Abs. 1 BGB unwirksam, hält mit den bisherigen Feststellungen einer rechtlichen Prüfung nicht stand.

Die Feststellungen des OLG lassen schon einen Verstoß gegen die der Beklagten gegen die ihr aus dem Teilgewinnabführungsvertrag obliegenden Leistungstreuepflicht nicht hinreichend klar erkennen. Dabei mag dem OLG im Ausgangspunkt noch darin gefolgt werden, dass die Veräußerung der Grundstücke der Beklagten die Grundlage für die Erwirtschaftung von Gewinnen aus der Unterhaltung eines landwirtschaftlichen Betriebs entzogen hat. Zu einer Verletzung von Pflichten aus der Teilgewinnabführungsvereinbarung führt dieses Verhalten jedoch nur dann, wenn die Gegenleistungen, die nach dem für das Revisionsverfahren als wahr zu unterstellenden Vortrag der Beklagten angemessen waren, nicht ihrerseits für die Erwirtschaftung von Gewinnen eingesetzt werden sollten oder solche für die Zukunft erwarten ließen.

Die Annahme des OLG, dass Gewinne zukünftig nur noch von den Käufergesellschaften erwirtschaftet werden, gründet nicht auf konkrete Tatsachenfeststellungen. Aus den vom OLG in Bezug genommenen Kaufverträgen ergibt sich zwar, dass die Kaufpreise zu einem wesentlichen Anteil durch die Übernahme von Verbindlichkeiten der Klägerin erbracht wurden. Dies besagt für sich genommen aber noch nichts zu der Frage, welche Auswirkungen die Grundstücksveräußerungen auf die Ertragssituation der Beklagten hatten bzw. haben werden. Hiervon ausgehend lassen sich auch die objektiven Nachteile, die die Klägerin durch den Verkauf der Grundstücke erlitten hat und zukünftig erleiden wird, nicht auch nur näherungsweise beziffern und nachvollziehen.

Überdies begründet die Verletzung von Pflichten aus der Teilgewinnabführungsvereinbarung nicht ohne weiteres eine den Vorwurf der Sittenwidrigkeit begründende Verletzung der Leistungstreuepflicht. Das OLG hat an anderer Stelle selbst den engen Zusammenhang zwischen der Gewinnabführungsverpflichtung einerseits und der Bewältigung der Altschuldenproblematik andererseits hervorgehoben. Ausgehend von der Behauptung der Beklagten, dass die Klägerin ungeachtet der Teilgewinnabführung der Beklagten die abgeführten Beträge nicht zur Tilgung der Altschulden eingesetzt habe, hängt die Beurteilung der Sittenwidrigkeit nicht nur von den formalen Regelungen in der Rangrücktrittsvereinbarung über die Pflicht der Klägerin zur Tilgung der Altschulden ab, sondern auch von der Frage, welchen Anteil der Altschulden die Beklagte bei wirtschaftlicher Betrachtung im Hinblick auf die von ihr übernommenen Wirtschaftsgüter zu tragen hat und welcher Anteil angesichts der bisherigen Gewinnabführungen bereits getragen wurde.

Linkhinweis:
  • Der Volltext der Entscheidung ist auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
  • Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.
BGH online
Zurück