08.04.2014

Unbeschränkte Bürgschaft Frankreichs zugunsten von La Poste stellt unzulässige staatliche Beihilfe dar

Die implizite unbeschränkte Bürgschaft des französischen Staates zugunsten von La Poste stellt eine unzulässige staatliche Beihilfe dar. Es besteht eine Vermutung, dass eine solche Bürgschaft eine Verbesserung der finanziellen Position des Unternehmens durch eine Verminderung der von ihm zu tragenden Belastungen zur Folge hat.

EuGH 3.4.2014, C-559/12 P
Der Sachverhalt:
Bis zu ihrer Umwandlung in eine Aktiengesellschaft mit staatlichem Kapital im März 2010 war die französische La Poste einem öffentlichen Industrie- und Handelsunternehmen (EPIC) gleichgestellt, d.h. einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, die über eine vom Staat gesonderte Rechtspersönlichkeit, Finanzautonomie sowie besondere Zuständigkeiten kraft Zuweisung verfügte, jedoch nicht den Zahlungsunfähigkeits- und Konkursverfahren des allgemeinen Rechts unterlag.

Im Januar 2010 stellte die Kommission per Beschluss fest, dass zugunsten von La Poste eine unbeschränkte Bürgschaft des französischen Staates bestehe, da bestimmte untrennbar mit ihrem Status als öffentliches Unternehmen verbundene Besonderheiten vorlägen. La Poste unterliege insoweit nicht den Vorschriften des allgemeinen Rechts über die Sanierung und Abwicklung von Unternehmen in Schwierigkeiten, und ein Gläubiger von La Poste habe immer die Sicherheit, dass seine Forderung beglichen werde. Die unbeschränkte Bürgschaft Frankreichs für La Poste stelle daher eine staatliche Beihilfe dar, die mit dem Binnenmarkt unvereinbar sei.

Das EuG wies die von Frankreich erhobene Nichtigkeitsklage u.a. mit der Begründung ab, eine solche unbeschränkte Bürgschaft stelle einen Vorteil für La Poste dar. Das von Frankreich eingelegte Rechtsmittel hatte vor dem EuGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Die Rüge Frankreichs, das EuG sei zum einen davon ausgegangen, dass die Kommission die Beweislast für das Bestehen der Bürgschaft umkehren könne, und dass es zum anderen die Regeln über das erforderliche Beweismaß missachtet habe, überzeugt nicht. Das EuG hat keinen Rückgriff auf negative Vermutungen und keine Beweislastumkehr seitens der Kommission anerkannt. Vielmehr hat die Kommission das Vorliegen einer unbeschränkten Staatsbürgschaft zugunsten von La Poste positiv geprüft, indem sie mehrere übereinstimmende Gesichtspunkte heranzog, die den Nachweis der Gewährung einer solchen Bürgschaft ermöglichen.

Das EuG hat darüber hinaus zu Recht entschieden, dass die Kommission für den Nachweis des Bestehens einer impliziten Bürgschaft die Methode des Bündels von ernsthaften, genauen und übereinstimmenden Indizien anwenden kann, um festzustellen, ob nach innerstaatlichem Recht eine Verpflichtung des Staates besteht, zur Deckung der Verluste eines zahlungsunfähigen EPIC eigene Mittel einzusetzen, und ob damit ein hinreichend konkretes wirtschaftliches Risiko einer Belastung des Staatshaushalts besteht.

Auch mit dem Vorwurf, das EuG habe einen Rechtsfehler begangen, indem es festgestellt hat, dass die Kommission das Vorliegen eines Vorteils aus der angeblichen Staatsbürgschaft rechtlich hinreichend nachgewiesen habe, kann Frankreich nicht durchdringen. Es besteht eine einfache Vermutung dahingehend, dass eine implizite unbeschränkte Staatsbürgschaft für ein Unternehmen, das nicht den gewöhnlichen Sanierungs- und Abwicklungsverfahren unterliegt, eine Verbesserung seiner finanziellen Position durch eine Verminderung der in der Regel von ihm zu tragenden Belastungen zur Folge hat. Eine solche Staatsbürgschaft verschafft nämlich diesem Unternehmen einen unmittelbaren Vorteil und stellt eine staatliche Beihilfe dar, da sie ohne Gegenleistung gewährt wird und den Begünstigten in die Lage versetzt, Gelder zu günstigeren finanziellen Konditionen aufzunehmen, als sie normalerweise auf den Finanzmärkten verfügbar sind.

Somit genügt es zum Nachweis des Vorteils, den eine solche Bürgschaft dem begünstigten Unternehmen verschafft, dass die Kommission das Bestehen der Bürgschaft selbst nachweist; die tatsächlichen Auswirkungen der Bürgschaft, die ab dem Zeitpunkt ihrer Gewährung erzeugt werden, brauchen nicht nachgewiesen zu werden. Das Gericht hat daher zu Recht festgestellt, dass die Kommission die Beweislast und das Beweismaß, das für den Nachweis eines Vorteils aus der impliziten unbeschränkten Staatsbürgschaft erforderlich ist, beachtet hatte, und dass aufgrund einer solchen Bürgschaft der Kreditnehmer "einen niedrigeren Zinssatz erhalten [kann] oder weniger Sicherheiten zu leisten [braucht]".

Linkhinweis:

Für den auf den Webseiten des EuGH veröffentlichten Volltext der Entscheidung klicken Sie bitte hier.

EuGH PM Nr. 48 vom 3.4.2014
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