16.03.2015

Unlautere Werbung mit der Empfehlung eines Arzneimittels durch einen Apothekerverband

Eine nach § 11 Abs. 1 1 Nr. 2 HWG verbotene Werbung mit der Empfehlung einer im Gesundheitswesen tätigen Person liegt auch dann vor, wenn mit dem von einem Apothekerverband verliehenen Preis "Medikament des Jahres" geworben wird. Aus Sicht Endverbrauchers gewährleistet der Bundesverband der Apotheker die fachliche Kompetenz und Unabhängigkeit seiner Mitglieder, worauf der Verbraucher auch vertraut.

OLG Frankfurt a.M. 12.2.2015, 6 U 184/14
Der Sachverhalt:
Die Antragsgegnerin ist ein Pharmaunternehmen, das insbesondere auf dem Gebiet der nicht verschreibungspflichtigen Präparate gegen Erkältungskrankheiten tätig ist. Im Januar 2014 bewarb sie in einer Zeitschrift das Fertigarzneimittel "Wick MediNait" mit der Aussage: "Erkältungsmedikament des Jahres 2014 - gewählt vom Bundesverband Deutscher Apotheker" und mit der in dem Siegel des Bundesverbandes Deutscher Apotheker niedergelegten Aussage: "Medikament des Jahres 2014 - Produktgruppe interne Mittel bei grippalen Infekten".

Der Antragsteller, ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsgemäßen Aufgaben die Durchsetzung der lautere Heilmittelwerbung sowie der Schutz des Wettbewerbs für Heilmittel und verwandte Produkte gehört, war der Ansicht, die Werbung verstoße gegen § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 HWG. Das LG untersagte der Antragsgegnerin mit einstweiliger Verfügung, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs wie in der Anzeige zu werben. Auf den Widerspruch der Antragsgegnerin bestätigte das LG die einstweilige Verfügung. Auch die gegen diese Beurteilung gerichtete Berufung der Antragsgegnerin vor dem OLG blieb erfolglos.

Die Gründe:
Der Antragsteller hat gegen die Antragsgegnerin einen Anspruch auf Unterlassung der angegriffenen Werbung aus §§ 8 Abs. 1, 2 Nr. 2, 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 HWG.

Die Werbeverbote des § 11 Abs. 1 HWG stellen Marktverhaltensregelungen i.S.d. § 4 Nr. 11 UWG dar. Sie dienen dem Schutz der Verbraucher vor einer unsachlichen Beeinflussung. Der Gesetzgeber hatte mit der Neufassung des § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 HWG die Vorgabe des Art. 90 lit. f) der Richtlinie 2001/83/EG vom 6.11.2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel nahezu wortidentisch übernommen. Mit der Richtlinie sollte nicht nur ein Mindeststandard festgelegt werden, sondern es erfolgte eine vollständige Harmonisierung des Bereichs der Arzneimittelwerbung. Die Auslegung hat daher autonom anhand des Wortlauts, des Aufbaus und der Ziele der Richtlinie zu erfolgen. Die Erwägungen des nationalen Gesetzgebers bei der Umsetzung treten demgegenüber zurück.

Der Bundesverband der Apotheker gehört zu den im Gesundheitswesen tätigen Personen gem. Art. 90 lit. f) der Richtlinie, die aufgrund ihrer Bekanntheit zum Arzneimittelverbrauch anregen können. Der Anwendungsbereich der Vorschrift ist nicht auf natürliche Personen beschränkt. Die Vorschrift will den Gefahren einer Selbstmedikation begegnen, die mit einer Werbung unter Inanspruchnahme einer fachlichen Autorität verbunden sind. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die fachliche Autorität von einer natürlichen oder juristischen Person ausgeht. Aus Sicht Endverbrauchers gewährleistet der Bundesverband der Apotheker die fachliche Kompetenz und Unabhängigkeit seiner Mitglieder, worauf der Verbraucher auch vertraut.

Die Angabe "Erkältungsmedikament des Jahres 2014 - Gewählt vom Bundesverband Deutscher Apotheker" und das Siegel des Bundesverbands Deutscher Apotheker mit der Aussage "Medikament des Jahres 2014" stellten im Kontext der angegriffenen Werbung Empfehlungen i.S.v. Art. 90 lit. f) der Richtlinie dar. Das Verbot des § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 HWG setzt auch keine von der Werbemaßnahme ausgehende unmittelbare oder zumindest mittelbare Gesundheitsgefährdung voraus. Art. 90 lit. f der Richtlinie und § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 HWG n.F. sind nach ihrem Wortlaut und ihrem Zweck als abstrakte Gefährdungsdelikte einzustufen. Einer verfassungskonformen, namentlich der Berufsausübungsfreiheit und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung tragenden Auslegung bedarf es nicht. Letztlich führte die hier vertretene Auslegung des § 11 HWG auch nicht einem Normwiderspruch zu § 5a Abs. 2 UWG, aus dem abgeleitet wird, dass bei der Werbung mit Test- oder Umfrageergebnissen die entsprechende Quelle anzugeben ist.

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