15.12.2025

Unzulässige Werbung einer niederländischen Versandapotheke mittels Rabattcode

Die Werbung einer niederländischen Versandapotheke mittels eines 25 € Gutscheins für die digitale Einlösung eines E-Rezeptes durch in Deutschland gesetzlich Krankenversicherte in der Apotheken-App, der im Rahmen desselben Bestellvorgangs verrechnet wird und der (auch) für den Erwerb nicht verschreibungspflichtiger Medikamente verwendet werden kann, wobei ein den Rechnungsbetrag übersteigender Gutscheinwert verfällt, stellt eine unzulässige Werbegabe nach § 7 Abs. 1 HWG und damit eine unlautere geschäftliche Handlung dar.

OLG Karlsruhe v. 9.12.2025 - 14 U 49/25
Der Sachverhalt:
Streitgegenständlich ist ein lauterkeitsrechtlicher Unterlassungsanspruch, den die Verfügungsklägerin im Wege der einstweiligen Verfügung gegenüber der Verfügungsbeklagten geltend macht. Die Verfügungsklägerin ist die Interessenvertretung der niedergelassenen Apotheken im Kammerbezirk N. Die Verfügungsbeklagte ist eine Versandapotheke mit Sitz in den Niederlanden, die in Deutschland verschreibungspflichtige Arzneimittel, nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sowie Kosmetik- und Körperpflegeprodukte vertreibt.

Die Verfügungsbeklagte verschickte am im Januar 2025 eine Werbe-E-Mail, in der sie einen 25 € Rabattcode anbot. Mit anwaltlichem Schreiben mahnte die Verfügungsklägerin die Verfügungsbeklagte aufgrund dieser ihrer Ansicht nach wettbewerbswidrigen Werbung ab. In der Folge stellte die Verfügungsklägerin einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, wonach es der Verfügungsbeklagten untersagt werden sollte, zu Zwecken des Wettbewerbs gegenüber Endverbrauchern mit einem 25-Euro-Gutschein als Gegenleistung für die Einlösung eines E-Rezepts der GKV über die D-App zu werben.

Das LG erließ die einstweilige Verfügung antragsgemäß. Die hiergegen gerichtet Berufung der Verfügungsbeklagten hatte vor dem OLG keinen Erfolg.

Die Gründe:
Der Verfügungsklägerin steht ein Verfügungsgrund zu. Der mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung geltend gemachte Anspruch auf Unterlassung der streitgegenständlichen Werbemaßnahme ist gem. §§ 8 Abs. 1, 3 Abs. 1, 3a UWG i.V.m. § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG begründet.

Ein Verfügungsgrund ist gegeben. Der Verfügungsklägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus §§ 8 Abs. 1, 3 Abs. 1, 3a UWG in Verbindung mit § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG zu. Die beanstandete Werbemaßnahme stellt eine geschäftliche Handlung gem. § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG dar, da es sich um das Verhalten einer Person zu Gunsten des eigenen Unternehmens handelt, das mit der Förderung des Absatzes von Waren unmittelbar und objektiv zusammenhängt. Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig, § 3 Abs. 1 UWG. Gem. § 3a UWG handelt unlauter, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen.

Das in § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG geregelte grundsätzliche Verbot des Anbietens, Ankündigens und Gewährens von Werbegaben stellt eine Marktverhaltensregelung i.S.d. § 3a UWG dar. Es soll durch eine weitgehende Eindämmung der Wertreklame im Bereich der Heilmittel der abstrakten Gefahr begegnen, dass Verbraucher bei der Entscheidung, ob und ggf. welche Heilmittel sie in Anspruch nehmen, durch die Aussicht auf Werbegaben unsachlich beeinflusst werden. Die angegriffene Werbemaßnahme ist produktbezogen und damit vom Anwendungsbereich des Heilmittelwerbegesetzes erfasst. 

Der ausgelobte 25 € Gutschein stellt eine (grundsätzlich unzulässige) Werbegabe i.S.d. § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG dar. Der Begriff der Werbegabe in § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG ist mit Blick auf den Zweck der dortigen Regelung, durch eine weitgehende Eindämmung von Werbegeschenken im Heilmittelbereich der abstrakten Gefahr einer hiervon ausgehenden unsachlichen Beeinflussung zu begegnen, weit auszulegen. Er erfasst grundsätzlich jede aus der Sicht des Empfängers nicht berechnete geldwerte Vergünstigung. Eine Werbegabe setzt demnach voraus, dass die Zuwendung aus der Sicht des Empfängers unentgeltlich gewährt wird; er muss diese als ein Geschenk ansehen. Dies ist bei einem Wertgutschein zweifelsfrei der Fall. Ein Ausnahmefall i.S.d. § 7 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 HWG liegt nicht vor.

Nach alldem ist festzuhalten, dass die Werbung einer niederländischen Versandapotheke mittels eines 25 € Gutscheins für die digitale Einlösung eines E-Rezeptes durch in Deutschland gesetzlich Krankenversicherte in der Apotheken-App, der im Rahmen desselben Bestellvorgangs verrechnet wird und der (auch) für den Erwerb nicht verschreibungspflichtiger Medikamente verwendet werden kann, wobei ein den Rechnungsbetrag übersteigender Gutscheinwert verfällt, eine unzulässige Werbegabe nach § 7 Abs. 1 HWG und damit eine unlautere geschäftliche Handlung darstellt.

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