04.01.2021

Verbraucherdarlehensvertrag: Keine Zwischenüberschriften in der Widerrufsinformation

Der BGH hat sich mit dem Wegfall der Gesetzlichkeitsfiktion nach Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB bei Fehlen von Zwischenüberschriften in der Widerrufsinformation befasst.

BGH v. 10.11.2020 - XI ZR 426/19
Der Sachverhalt:
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des Widerrufs der auf Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags gerichteten Willenserklärung des Klägers. Der Kläger erwarb im August 2014 einen gebrauchten Mercedes zum Kaufpreis von 26.600 €. Zur Finanzierung des über die Anzahlung von 24.800 € hinausgehenden Kaufpreises und der Versicherungsprämie für einen zugleich abgeschlossenen sog. Kaufpreisschutz i.H.v. rd. 760 € schlossen die Parteien mit Datum vom 7.8.2014 einen Darlehensvertrag über rd. 2.560 € mit einem gebundenen Sollzinssatz von 4,17 % p.a. Zins- und Tilgungsleistungen sollten in 48 Monatsraten zu jeweils rd. 60 € erbracht werden.

Als Sicherheiten räumte der Kläger der Beklagten das Eigentum an dem Fahrzeug ein und trat an sie Ansprüche aus Arbeitsentgelt und auf Versorgungsbezüge ab. Nach Nummer II der Allgemeinen Darlehensbedingungen (Stand: 06/2015) der Beklagten dienten die Sicherheiten "zur Sicherung aller gegenwärtigen und bis zur Rückzahlung des Darlehens noch entstehenden sowie bedingten und befristeten Ansprüche des Darlehensgebers aus der Geschäftsverbindung einschließlich einer etwaigen Rückabwicklung gleich aus welchem Rechtsgrund". Über sein Widerrufsrecht informierte die Beklagte den Kläger auf Seite 2 des Darlehensvertrags. Mit Schreiben vom 9.8.2017 erklärte der Kläger den Widerruf seiner auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärung.

Das LG gab der Klage weitgehend statt und stellte antragsgemäß fest, dass aufgrund des Widerrufs des Klägers die Beklagte aus dem Darlehensverhältnis keinerlei Rechte insbesondere keinen Anspruch auf Zahlung der Zins- und Tilgungsleistungen gegen den Kläger (mehr) herleiten kann. Weiterhin verurteilt das LG die Beklagte, an den Kläger rd. 26.800 € binnen sieben Tagen nach Übergabe des finanzierten Fahrzeugs zu zahlen und die zur Sicherung des Darlehensvertrags abgetretenen Lohn- und Gehaltsansprüche an den Kläger sieben Tage nach Rückgabe des Fahrzeugs rückabzutreten. Die weitergehende Klage, u.a. auf Feststellung, dass die Beklagte sich mit der Entgegennahme des Fahrzeugs in Annahmeverzug befinde, wies es ab. Auf die hilfsweise erhobene Widerklage der Beklagten stellte das LG unter Abweisung der weitergehenden Widerklage fest, dass der Kläger verpflichtet ist, an die Beklagte Wertersatz für die Nutzung des Fahrzeugs bis zum Zeitpunkt der Herausgabe zu zahlen.

Das OLG wies die Klage ab. Im Laufe des Berufungsverfahrens zahlte der Kläger das Darlehen zurück, worauf ihm die Beklagte das Fahrzeug übereignete. Dagegen wendet sich der Kläger mit der Revision. In der mündlichen Revisionsverhandlung hat er zu dem Feststellungsantrag zum landgerichtlichen Urteilsauspruch zu 1) klargestellt, dass sich dieser nur auf die Darlehensratenzahlungen bezieht. Insofern haben die Parteien daraufhin den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Im Übrigen begehrt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils, soweit darin seiner Klage stattgegeben worden ist. Die Revision hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Mit der vom OLG gegebenen Begründung kann ein wirksamer Widerruf des streitgegenständlichen, gem. § 358 Abs. 3 BGB mit einem Kaufvertrag über ein Kfz und einem Beitritt zum Kaufpreisschutz verbundenen Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrags nicht verneint werden. Das OLG ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass dem Kläger bei Abschluss des Darlehensvertrags gem. § 495 Abs. 1 i.V.m. § 355 BGB ein Widerrufsrecht zustand und die Widerrufsfrist nicht zu laufen begann, bevor der Kläger die Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB erhalten hatte. Es hat aber zu Unrecht angenommen, dass die Beklagte ihre aus § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 1 und 2 EGBGB a.F. resultierende Verpflichtung, über das nach § 495 Abs. 1 BGB bestehende Widerrufsrecht zu informieren, ordnungsgemäß erfüllt hat.

Die dem Kläger erteilte Widerrufsinformation ist fehlerhaft, weil die in ihr enthaltene Verweisung auf "alle Pflichtangaben nach § 492 Absatz 2 BGB" nicht klar und verständlich i.S.d. Art. 247 § 6 Abs. 1 EGBGB a.F. ist. Nach der Rechtsprechung des BGH ist zwar der Verweis in der Widerrufsinformation auf § 492 Abs. 2 BGB in Kombination mit der beispielhaften Aufzählung von Pflichtangaben nach den Maßstäben des nationalen Rechts klar und verständlich. Der EuGH hat aber mit Urteil vom 26.3.2020 (C-66/19) entschieden, dass Art. 10 Abs. 2 Buchst. p der Richtlinie 2008/48/EG (Verbraucherkreditrichtlinie) dahin auszulegen ist, dass er dem entgegensteht, dass ein Kreditvertrag hinsichtlich der in Art. 10 dieser Richtlinie genannten Angaben auf eine nationale Vorschrift verweist, die selbst auf weitere Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats verweist.

Auf der Grundlage dieses Urteils hält der Senat im Geltungsbereich der Verbraucherkreditrichtlinie in Bezug auf Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge an seiner bislang entgegenstehenden Rechtsprechung nicht fest, wonach ein solcher Verweis klar und verständlich ist. Die nationalen Regelungen in § 492 Abs. 2 BGB und Art. 247 § 6 EGBGB lassen nach ihrem Wortlaut offen, ob und auf welche Weise in der Widerrufsinformation auf die zu erteilenden Pflichtangaben hinzuweisen ist. Nach Art. 247 § 6 Abs. 1 EGBGB a.F. muss dies lediglich klar und verständlich sein. Diese Voraussetzung ist auslegungsfähig, so dass bei einer richtlinienkonformen Auslegung eine Verweisung auf weitere Rechtsvorschriften den Anforderungen an Klarheit und Verständlichkeit nicht genügt.

Die Beklagte kann sich nicht auf die Gesetzlichkeitsfiktion des Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB a.F. berufen. Dies setzt voraus, dass die Widerrufsinformation der Beklagten dem Muster in Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB a.F. entspricht. Dies ist, was der Senat durch einen Vergleich selbst feststellen kann, nicht der Fall. In der Widerrufsinformation der Beklagten fehlen entgegen den bei einem mit einem Darlehensvertrag verbundenen Vertrag nach § 358 BGB hier von der Beklagten zutreffend mit dem Fahrzeug-Kaufvertrag und dem Beitritt zum Kaufpreisschutz angegeben anwendbaren Gestaltungshinweisen 2 und 6 die beiden zwingend vorgeschriebenen Unterüberschriften "Besonderheiten bei weiteren Verträgen" sowie die nach Gestaltungshinweis 6g zwingend vorgeschriebene Überschrift "Einwendungen bei verbundenen Verträgen". Damit entspricht die Widerrufsinformation der Beklagten nicht dem Muster in Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB a.F. Das Fehlen der (Unter-)Überschriften stellt auch nicht lediglich ein unbeachtliches Redaktionsversehen dar, das unter Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 5 EGBGB subsumiert werden könnte.

Das Berufungsurteil erweist sich jedoch aus anderen Gründen als richtig, so dass die Revision dennoch zurückzuweisen war (§ 561 ZPO).
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