Verbundene Unternehmen müssen Corona-Soforthilfe zurückzahlen
OVG Münster v. 15.5.2025 - 4 A 2550/22 u.a.
Der Sachverhalt:
Die Kläger waren Betreiber verschiedener Gastronomiebetriebe. Der Kläger im Verfahren 4 A 274/23 betrieb als Einzelunternehmer vier verschiedene Gastronomiebetriebe und war zudem alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH, deren Gegenstand der Betrieb von Gaststätten war, sowie alleiniger Kommanditist einer GmbH & Co KG und alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der persönlich haftenden GmbH. Bei den Klägerinnen in den Verfahren 4 A 2550/22 und 2551/22 handelte es sich um GmbH & Co KG. Bei den Kommanditistinnen sowie Geschäftsführerinnen und Gesellschafterinnen der persönlich haftenden GmbH handelte es sich jeweils um dieselben Personen.
Alle Kläger stellten Ende März beim Land NRW für jeden Betrieb jeweils einen Antrag auf Gewährung einer NRW-Soforthilfe 2020. Dabei mussten sie u.a. versichern, dass ihr Unternehmen unabhängig ist, damit weder ein Partnerunternehmen noch ein verbundenes Unternehmen ist, sich also nicht im Mehrheitsbesitz (über 50% der Anteile oder der Stimmrechte) eines anderen Unternehmens befindet. Daraufhin wurden ihnen zunächst Soforthilfen als einmalige Pauschalen bewilligt. Später wurden die Bewilligungsbescheide zurückgenommen, weil es sich bei den Betrieben jeweils um Teilunternehmen eines verbundenen Unternehmens gehandelt habe und die Bewilligung daher durch falsche Angaben erwirkt worden sei. Die von den Klägern angerufenen VG Gelsenkirchen und Düsseldorf haben die Rücknahmebescheide aufgehoben.
Das OVG hat die Urteile geändert und die Klagen abgewiesen (Aktenzeichen: 4 A 2550/22, 4 A 2551/22 und 4 A 274/23). Die Revision wurde jeweils nicht zugelassen. Dagegen kann Nichtzulassungsbeschwerde erhoben werden, über die das BVerwG entscheidet.
Die Gründe:
Die Rücknahmebescheide sind rechtmäßig. Die Bewilligungen der NRW-Soforthilfen 2020 an die Kläger verstießen gegen das maßgebliche europäisches Beihilfenrecht. Die Kläger waren jeweils verbundene Unternehmen im Sinne des europäischen Beihilfenrechts, die Corona-Soforthilfen nicht ausschließlich unter Berücksichtigung ihrer eigenen Wirtschaftslage erhalten durften, weil sie Teil eines Unternehmensverbundes waren. Alle Betriebe waren unmittelbar oder mittelbar in der Hand einer oder zweier Personen, die so entscheidenden Einfluss auf alle Betriebe und Gesellschaften ausüben konnten.
Verstießen die Bewilligungsbescheide danach gegen europäisches Beihilfenrecht, beruhten sie zugleich auf unrichtigen Angaben, weil die Kläger entgegen der von ihnen im Antrag abgegebenen Versicherung verbundene Unternehmen waren. Auf ein Vertrauen, die Soforthilfen behalten zu dürfen, können sich die Kläger nicht berufen. Der beihilferechtliche Unternehmensbegriff war schon lange vor der Corona-Pandemie in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und in Bekanntmachungen der Europäischen Kommission geklärt. Der Europäische Gerichtshof verneint in Fällen den Vertrauensschutz, in denen die zuständigen Unionsbehörden, auf die es insoweit ankommt, zuverlässige Informationen veröffentlichen, nach denen die Rechtmäßigkeit der Beihilfen beurteilt werden kann. Das war hier der Fall unabhängig von den vom Beklagten gegebenen Informationen, denen ausreichend klar entnommen werden konnte, dass es um Zuwendungen im Sinne des europäischen Beihilfenrechts handelte.
Zwar war das Antragsformular missverständlich formuliert, sodass den Klägern angesichts der besonderen Notlage zu Beginn der Corona-Pandemie und der abweichenden Beurteilung selbst durch die Verwaltungsgerichte strafrechtlich kein Vorwurf zu machen sein dürfte, diese selbst von zahlreichen Spezialisten nicht in jeder Hinsicht zutreffend erkannten rechtlichen Zusammenhänge nicht gekannt zu haben. Dem Land NRW kann aber nicht als treuwidrig entgegengehalten werden, dass es zur Durchsetzung der unionsrechtlich maßgeblichen Genehmigung der Kommission die nach den rechtlichen Maßstäben des europäischen Beihilfenrechts objektiv unrichtige Versicherung der Kläger im Antragsformular, ihr Unternehmen sei unabhängig und weder Partnerunternehmen noch verbundenes Unternehmen, zum Anlass für die unionsrechtlich verpflichtende Rücknahme der Bewilligung genommen hat.
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OVG Münster PM vom 16.5.2025
Die Kläger waren Betreiber verschiedener Gastronomiebetriebe. Der Kläger im Verfahren 4 A 274/23 betrieb als Einzelunternehmer vier verschiedene Gastronomiebetriebe und war zudem alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH, deren Gegenstand der Betrieb von Gaststätten war, sowie alleiniger Kommanditist einer GmbH & Co KG und alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der persönlich haftenden GmbH. Bei den Klägerinnen in den Verfahren 4 A 2550/22 und 2551/22 handelte es sich um GmbH & Co KG. Bei den Kommanditistinnen sowie Geschäftsführerinnen und Gesellschafterinnen der persönlich haftenden GmbH handelte es sich jeweils um dieselben Personen.
Alle Kläger stellten Ende März beim Land NRW für jeden Betrieb jeweils einen Antrag auf Gewährung einer NRW-Soforthilfe 2020. Dabei mussten sie u.a. versichern, dass ihr Unternehmen unabhängig ist, damit weder ein Partnerunternehmen noch ein verbundenes Unternehmen ist, sich also nicht im Mehrheitsbesitz (über 50% der Anteile oder der Stimmrechte) eines anderen Unternehmens befindet. Daraufhin wurden ihnen zunächst Soforthilfen als einmalige Pauschalen bewilligt. Später wurden die Bewilligungsbescheide zurückgenommen, weil es sich bei den Betrieben jeweils um Teilunternehmen eines verbundenen Unternehmens gehandelt habe und die Bewilligung daher durch falsche Angaben erwirkt worden sei. Die von den Klägern angerufenen VG Gelsenkirchen und Düsseldorf haben die Rücknahmebescheide aufgehoben.
Das OVG hat die Urteile geändert und die Klagen abgewiesen (Aktenzeichen: 4 A 2550/22, 4 A 2551/22 und 4 A 274/23). Die Revision wurde jeweils nicht zugelassen. Dagegen kann Nichtzulassungsbeschwerde erhoben werden, über die das BVerwG entscheidet.
Die Gründe:
Die Rücknahmebescheide sind rechtmäßig. Die Bewilligungen der NRW-Soforthilfen 2020 an die Kläger verstießen gegen das maßgebliche europäisches Beihilfenrecht. Die Kläger waren jeweils verbundene Unternehmen im Sinne des europäischen Beihilfenrechts, die Corona-Soforthilfen nicht ausschließlich unter Berücksichtigung ihrer eigenen Wirtschaftslage erhalten durften, weil sie Teil eines Unternehmensverbundes waren. Alle Betriebe waren unmittelbar oder mittelbar in der Hand einer oder zweier Personen, die so entscheidenden Einfluss auf alle Betriebe und Gesellschaften ausüben konnten.
Verstießen die Bewilligungsbescheide danach gegen europäisches Beihilfenrecht, beruhten sie zugleich auf unrichtigen Angaben, weil die Kläger entgegen der von ihnen im Antrag abgegebenen Versicherung verbundene Unternehmen waren. Auf ein Vertrauen, die Soforthilfen behalten zu dürfen, können sich die Kläger nicht berufen. Der beihilferechtliche Unternehmensbegriff war schon lange vor der Corona-Pandemie in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und in Bekanntmachungen der Europäischen Kommission geklärt. Der Europäische Gerichtshof verneint in Fällen den Vertrauensschutz, in denen die zuständigen Unionsbehörden, auf die es insoweit ankommt, zuverlässige Informationen veröffentlichen, nach denen die Rechtmäßigkeit der Beihilfen beurteilt werden kann. Das war hier der Fall unabhängig von den vom Beklagten gegebenen Informationen, denen ausreichend klar entnommen werden konnte, dass es um Zuwendungen im Sinne des europäischen Beihilfenrechts handelte.
Zwar war das Antragsformular missverständlich formuliert, sodass den Klägern angesichts der besonderen Notlage zu Beginn der Corona-Pandemie und der abweichenden Beurteilung selbst durch die Verwaltungsgerichte strafrechtlich kein Vorwurf zu machen sein dürfte, diese selbst von zahlreichen Spezialisten nicht in jeder Hinsicht zutreffend erkannten rechtlichen Zusammenhänge nicht gekannt zu haben. Dem Land NRW kann aber nicht als treuwidrig entgegengehalten werden, dass es zur Durchsetzung der unionsrechtlich maßgeblichen Genehmigung der Kommission die nach den rechtlichen Maßstäben des europäischen Beihilfenrechts objektiv unrichtige Versicherung der Kläger im Antragsformular, ihr Unternehmen sei unabhängig und weder Partnerunternehmen noch verbundenes Unternehmen, zum Anlass für die unionsrechtlich verpflichtende Rücknahme der Bewilligung genommen hat.
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