16.05.2014

Verfahrensmängel führen nicht zwangsläufig zur Nichtigkeit von Beschlüssen

Verstöße gegen Form, Frist und Inhalt der Einberufung einer Gesellschafterversammlung können bei Personengesellschaften zur Nichtigkeit des Beschlusses führen, wenn der "Dispositionsschutz" verletzt wird. Der Verfahrensmangel führt aber nur zur Nichtigkeit des Beschlusses, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass sein Zustandekommen durch den Fehler beeinflusst ist.

BGH 11.3.2014, II ZR 24/13
Der Sachverhalt:
Die Parteien waren Gesellschafter einer Partnerschaftsgesellschaft für Steuerberatung, einer Anwaltssozietät in Form einer GbR und einer Holding-GbR. Letztere war Alleinaktionärin der Allgemeinen Wirtschaftstreuhand und Steuerberatungsgesellschaft AG. Am 12.3.2009 hatten die Beklagten zu Gesellschafterversammlungen der Steuerberatungsgesellschaft, der Anwaltssozietät und der Holding-GbR auf den 6.4.2009 eingeladen. Die Einladung für die Holding-GbR ging am Freitag, dem 13.3.2009 um 19.20 Uhr per Fax im Büro des Klägers ein. In den Gesellschafterversammlungen am 6.4.2009 wurde mit den Stimmen der Beklagten der Ausschluss des Klägers aus den jeweiligen Gesellschaften beschlossen. Der Kläger rügte in der Gesellschafterversammlung der Holding-GbR, dass die im Gesellschaftsvertrag vorgesehene Ladungsfrist von drei Wochen nicht eingehalten worden sei.

Am folgenden Tag fassten die Beklagten einen Auflösungsbeschluss für die Steuerberatungsgesellschaft und die Anwaltssozietät. Für den 29.4.2009 beriefen sie eine neue Gesellschafterversammlung der Holding-GbR ein. Die Ladung erreichte den Kläger per Fax am 7.4.2009 um 17.52 Uhr. In der Gesellschafterversammlung wurde u.a. erneut der Ausschluss des Klägers beschlossen.

Der Kläger beantragte festzustellen, dass die Beschlüsse vom 6.4.2009, die Auflösungsbeschlüsse vom 7.4.2009 und die Beschlüsse vom 29.4.2009 nicht wirksam gefasst worden seien. Das LG stellte fest, dass der Beschluss der Holding-GbR am 6.4.2009, den Kläger aus wichtigem Grund aus der Gesellschaft auszuschließen, nicht wirksam gefasst worden sei. Das KG stellte zudem die Nichtigkeit des Ausschlussbeschlusses vom 29.4.2009 in der Holding-GbR fest. Auf die Revision der Beklagten hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das KG zurück, soweit zum Nachteil der Beklagten erkannt worden war.

Gründe:
Zu Unrecht hatte das Berufungsgericht die Nichtigkeit der gefassten Beschlüsse allein aufgrund der Nichteinhaltung der Einladungsfrist festgestellt.

Verstöße gegen Form, Frist und Inhalt der Einberufung einer Gesellschafterversammlung können bei Personengesellschaften zur Nichtigkeit des Beschlusses führen, wenn der mit den gesellschaftsvertraglichen oder gesetzlichen Ladungsbestimmungen verfolgte Zweck, dem einzelnen Gesellschafter die Vorbereitung auf die Tagesordnungspunkte und die Teilnahme an der Versammlung zu ermöglichen, vereitelt wird. Wird dieser "Dispositionsschutz" verletzt, liegt ein zur Nichtigkeit der in der Versammlung gefassten Beschlüsse führender schwerwiegender Mangel vor. Der Verfahrensmangel führt aber nur zur Nichtigkeit des Beschlusses, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass sein Zustandekommen durch den Fehler beeinflusst ist.

Das Berufungsgericht hatte sich darauf beschränkt, bereits aus der Nichteinhaltung der Einladungsfrist auf eine Verletzung des Dispositionsschutzes zu schließen. Dass die Nichteinhaltung der Ladungsfrist geeignet war, den Dispositionsschutz zu verletzen, genügte für die Annahme der Kausalität des Verfahrensmangels für das Zustandekommen des Beschlusses aber noch nicht. Damit, ob nicht auszuschließen ist, dass die Beschlüsse bei ordnungsgemäßer Einberufung der Versammlung gleichfalls zustande gekommen wären, hatte sich das Berufungsgericht nicht befasst.

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