07.09.2016

Verkauf von Computern mit vorinstallierter Software keine unlautere Geschäftspraxis

Der Verkauf eines Computers mit vorinstallierter Software stellt an sich keine unlautere Geschäftspraxis dar. Ferner ist das Fehlen einer Preisangabe für die einzelnen vorinstallierten Programme keine irreführende Geschäftspraxis.

EuGH 7.9.2016, C-310/15
Der Sachverhalt:
Im Jahr 2008 kaufte der Kläger in Frankreich einen Laptop der Marke Sony mit vorinstallierter Software (Betriebssystem Microsoft Windows Vista und verschiedene Softwareanwendungen). Bei der ersten Nutzung dieses Computers lehnte er es ab, den "Endbenutzer-Lizenzvertrag" (EULA) des Betriebssystems zu unterzeichnen, und verlangte von der beklagten Sony Europe Limited die Erstattung des den Kosten der vorinstallierten Software entsprechenden Teils des Kaufpreises. Die Beklagte lehnte dies ab, schlug dem Kläger aber vor, den Verkauf für ungültig zu erklären und ihm den vollständigen Kaufpreis i.H.v. rd. 550 € gegen Rückgabe der gekauften Ware zu erstatten.

Der Kläger lehnte dieses Angebot ab und erhob Klage. Er verlangt von der Beklagten Zahlung einer pauschalen Entschädigung für die vorinstallierte Software i.H.v. 450 € sowie Schadensersatz wegen unlauterer Geschäftspraktiken i.H.v. 2.500 €. Dabei bezog er sich auf die Richtlinie 2005/29/EG, nach der unlautere Geschäftspraktiken, die das wirtschaftliche Verhalten der Verbraucher ändern und den Erfordernissen der beruflichen Sorgfaltspflicht widersprechen, wie insbesondere irreführende und aggressive Geschäftspraktiken, verboten sind.

Der mit dieser Sache befasste französische Kassationsgerichtshof möchte vom EuGH wissen, ob eine Geschäftspraxis, die im Verkauf eines Computers mit vorinstallierter Software besteht, ohne dass der Verbraucher die Möglichkeit hat, dasselbe Computermodell ohne vorinstallierte Software zu beziehen, eine unlautere Geschäftspraxis darstellt. Weiterhin fragt er, ob im Rahmen eines Kopplungsangebots in Form des Verkaufs eines Computers mit vorinstallierter Software das Fehlen einer Preisangabe für die einzelnen Programme eine irreführende Geschäftspraxis darstellt.

Die Gründe:
Der Verkauf eines Computers mit vorinstallierter Software stellt an sich keine unlautere Geschäftspraxis im Sinne der Richtlinie 2005/29 dar, wenn ein solches Angebot nicht den Erfordernissen der beruflichen Sorgfaltspflicht widerspricht und es das wirtschaftliche Verhalten der Verbraucher nicht beeinflusst. Es ist Sache des nationalen Gerichts, dies unter Berücksichtigung der konkreten Umstände der Rechtssache zu beurteilen.

Der Verkauf bereits ausgestatteter Computer ist geeignet, den Erfordernissen der beruflichen Sorgfaltspflicht zu entsprechen, da der Verkauf von Computern mit vorinstallierter Software durch Sony die Erwartungen eines wesentlichen Teils der Verbraucher erfüllt, die den Erwerb eines so ausgestatteten und sofort nutzbaren Computers dem getrennten Kauf von Computer und Software vorziehen. Der Kläger wurde auch von dem Sony-Händler vor dem Computerkauf über die vorinstallierte Software und die genauen Merkmale dieser einzelnen Anwendungen gebührend informiert. Im Übrigen hat die Beklagte dem Kläger nach dem Kauf bei der ersten Nutzung des Computers die Möglichkeit gegeben hat, den EULA zu unterzeichnen oder den Kauf zu widerrufen. Es ist wiederum Sache des nationalen Gerichts, dies zu prüfen.

Die vor Abschluss eines Vertrags über dessen Bedingungen und die Folgen des Vertragsschlusses übermittelten Informationen sind für die Verbraucher von grundlegender Bedeutung. Das nationale Gericht hat zu klären, ob die Fähigkeit des Verbrauchers, eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, spürbar beeinträchtigt wurde, wenn er vor dem Kauf informiert wurde, dass das Computermodell nicht ohne vorinstallierte Software vertrieben wird, und er sich daher frei entscheiden konnte, ein mit ähnlichen technischen Merkmalen ausgestattetes Computermodell einer anderen Marke zu wählen, das ohne Software verkauft wird.

Eine Geschäftspraxis gilt im Übrigen als irreführend, wenn sie wesentliche Informationen vorenthält, die der durchschnittliche Verbraucher benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, und ihn somit zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst oder zu veranlassen geeignet ist, die er sonst nicht getroffen hätte. Im Rahmen eines Kopplungsangebots, das im Verkauf eines Computers mit vorinstallierter Software besteht, ist das Fehlen einer Preisangabe für die einzelnen Programme weder geeignet, den Verbraucher daran zu hindern, eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, noch geeignet, ihn zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Da der Preis der einzelnen Programme somit keine wesentliche Information darstellt, kann das Fehlen einer Preisangabe keine irreführende Geschäftspraxis sein.

Linkhinweis:

Für den auf den Webseiten des EuGH veröffentlichten Volltext der Entscheidung klicken Sie bitte hier.

EuGH PM Nr. 86 vom 7.9.2016
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