02.02.2024

Vermeintliche Geldwäsche: Bank muss Kosten des Eilverfahrens auf Entsperrung des Kontos tragen

Einer Bank als Verpflichtete i.S.d. Geldwäschegesetzes sind entgegen § 48 GwG die Kosten eines zivilrechtlichen Eilverfahrens auf Entsperrung eines Kontos ausnahmsweise aufzuerlegen, wenn sie nach einer ursprünglichen Geldwäscheverdachtsmeldung i.S.d. § 43 Abs. 1 GwG die Regelungen des Geldwäschegesetzes in erheblichem Ausmaß missachtet. Das ist etwa anzunehmen, wenn sie die Frist von drei Werktagen aus § 46 Abs. 1 Nr. 2 GwG, bis zu der eine Transaktion durchzuführen ist, vollends missachtet und das Konto unberechtigterweise über einen Zeitraum von mehreren Wochen sperrt.

OLG Frankfurt a.M. v. 22.1.2024 - 2-01 T 26/23 u.a.
Der Sachverhalt:
Die Antragstellerin ist eine Privatperson und türkische Staatsangehörige. Sie führte ein Konto bei der Antragsgegnerin, einer privaten deutschen Geschäftsbank. Auf dem Konto ging ihr Gehalt ein, es wurden von dort Abbuchungen für Versicherungen und Miete getätigt sowie andere für die Lebensführung notwendige Ausgaben. Mit Schreiben vom 12.8.2022 kündigte die Antragsgegnerin das Konto ordentlich ohne Angabe von Gründen zum 19.10.2022. Zeitgleich sperrt sie das Konto.

Die Antragstellerin wusste nicht, dass der Kontosperrung eine Geldwäscheverdachtsmeldung zugrunde lag. Anlass dafür war eine aus der Türkei veranlasste Einzahlung auf ihrem Konto über 21.900 €. Auf Nachfrage der Antragsgegnerin hatte die Antragstellerin angegeben, diese Summe stamme aus einem Immobilienverkauf in der Türkei. Der überwiegende Teil des Erlöses sei auf einem anderen Konto in der Türkei gutschrieben worden, weil die Antragstellerin dort nun eine kleinere Wohnung kaufen wolle. Einen Nachweis über den Immobilienverkauf hatte sie der Antragsgegnerin indes noch nicht vorgelegt.

Das AG hat eine einstweilige Verfügung ohne vorherige Anhörung am 2.9.2022 erlassen und die Antragsgegnerin darin befristet zum 2.10.2022 verpflichtet, sämtliche auf dem streitgegenständlichen Konto bestehende Sperren zu beseitigen. Nachdem die Kontosperre zwischenzeitlich aufgehoben worden war, haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt. Das AG hat die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens der Antragstellerin auferlegt. Schließlich sei die Verdachtsmeldung nach § 43 Abs. 1 GwG nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig erfolgt.

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat das OLG die Entscheidung abgeändert die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens der Antragsgegnerin auferlegt.

Die Gründe:
Ohne den Eintritt des erledigenden Ereignisses wäre bei summarischer Prüfung nach dem bis dahin zu berücksichtigenden Sach- und Streitstand die Antragsgegnerin aller Voraussicht nach unterlegen gewesen.

Das erledigende Ereignis war der Wegfall der Kontosperre. Der Erlass einer einstweiligen Verfügung war dringend geboten, weil die Antragstellerin keine Möglichkeit hatte, auf ihr Konto zuzugreifen und ihr keine für den Lebensbedarf erforderlichen Mittel zur Verfügung standen. Auch ein Verfügungsanspruch war gegeben. Die Antragstellerin hatte aufgrund des bis zum Ablauf der Kündigungsfrist fortbestehenden Kontoführungsvertrages gem. § 675f Abs. 1 und 2 BGB einen Anspruch gegen die Antragsgegnerin auf Ausführung autorisierter Zahlungsaufträge i.S.d. § 675j BGB, wozu die von der Kontosperre betroffenen Transaktionen wie Bargeldabhebungen, Lastschrifteneinzüge, Kartenzahlungen oder Überweisungen zählen. Die Antragsgegnerin war zur Ausführung der von der Antragstellerin begehrten Abhebungen und Verfügungen verpflichtet.

Die Antragsgegnerin konnte sich zum Zeitpunkt der Aufhebung der Kontosperre nicht darauf berufen, dass ihr die Durchführung der Zahlungsaufträge verwehrt war, weil sie damit gegen "sonstige Rechtsvorschriften" i.S.d. § 675o Abs. 1 BGB verstoßen hätte. Insbesondere griff vorliegend jedenfalls zu diesem Zeitpunkt nicht mehr die Regelung des § 46 Abs. 1 Nr. 1 und 2 GwG. Als Rechtsgrundlage für eine Kontosperre kam zwar neben § 46 GwG die Vorschrift des § 40 GwG in Betracht, wonach die FIU als Sofortmaßnahme die Durchführung einer Transaktion untersagen kann. Das ist allerdings offenkundig vorliegend nicht geschehen.

Die Antragsgegnerin konnte sich auch nicht auf eine Haftungsfreistellung gem. § 48 GwG berufen. Der vorliegende Fall erforderte nämlich eine einschränkende Auslegung dieser Norm. Danach sind einer Bank als Verpflichtete i.S.d. Geldwäschegesetzes entgegen § 48 GwG die Kosten eines zivilrechtlichen Eilverfahrens auf Entsperrung eines Kontos ausnahmsweise aufzuerlegen, wenn die Bank nach einer ursprünglichen Geldwäscheverdachtsmeldung i.S.d. § 43 Abs. 1 GwG die Regelungen des Geldwäschegesetzes in erheblichem Ausmaß missachtet. Das ist etwa anzunehmen, wenn die Bank - wie hier - die Frist von drei Werktagen aus § 46 Abs. 1 Nr. 2 GwG, bis zu der eine Transaktion durchzuführen ist, vollends missachtet und das Konto unberechtigterweise über einen Zeitraum von mehreren Wochen sperrt.

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Aufsatz:
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Georg Bitter / Marcel Jochum, ZIP 2023, 277

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