Vertragsstrafe aufgrund einer Unterlassungserklärung wegen Formulierungen in einer Entgeltinformation?
LG Stuttgart v. 13.1.2025, 53 O 161/24
Der Sachverhalt:
Am 11.3.2016 hatte sich die Beklagte in einer strafbewehrten Unterlassungserklärung gegenüber dem klagenden Verbraucherschutzverband nach § 4 Abs. 2 UKlaG verpflichtete, die Klausel
"Lastschrifteinlösung (Buchungsposten) 0,30"
und/oder eine inhaltsgleiche Klausel nur noch mit dem Klammerzusatz zu verwenden:
"Wird nur erhoben, wenn die Buchungen vereinbarungsgemäß und im Auftrag des Kunden erfolgen. Für fehlerhafte Buchungen sowie Korrektur- und Stornobuchungen wird kein Entgelt erhoben."
Die Beklagte verpflichtete sich zudem zur Zahlung einer Vertragsstrafe von 5.001 € für jede Zuwiderhandlung.
Im September 2020 sah der Kläger in den Formulierungen der Beklagten in einer Entgeltinformation eine Zuwiderhandlung. Er war der Ansicht, die Vertragsstrafe sei verwirkt. Der Verstoß liege darin, dass die Beklagte die beanstandeten Sekundärklauseln nicht mit einem klarstellenden Zusatz versehen habe. Nach der kundenfeindlichsten Auslegung bepreise die Beklagte Storno- und Berichtigungsbuchungen, ferner auch solche Buchungen, die auf ihr Fehlverhalten zurückzuführen seien. Bei der Entgeltinformation handele es sich auch um verwendete Allgemeine Geschäftsbedingungen, in ihnen werde der Begriff "Lastschrift" nicht definiert.
Das LG hat die Zahlungsklage abgewiesen.
Die Gründe:
Die Beklagte hat die mit der Klage begehrte Vertragsstrafe nicht gem. § 339 Satz 2 BGB verwirkt. Ein Verstoß gegen die strafbewehrte Unterlassungserklärung lag seitens der Beklagten nicht vor.
Die Auslegung der hier maßgeblichen Erklärung nach §§ 133, 157 BGB ergab, dass die Beklagte sich verpflichtet hatte, eine Klausel zu unterlassen, nach der Lastschrifteinlösungen nicht nur dann Gebühren auslösen, wenn sie im Auftrag des Kunden oder dessen Interesse korrekt ausgeführt werden, sondern auch dann, wenn es sich um von der Beklagten veranlasste Storno- oder Korrekturbuchungen handelt, oder der Kunde dies jedenfalls so verstehen kann (vgl. OLG Stuttgart, Urt. v. 10.7.2024 - 9 UKl 2/24).
Infolgedessen hat die Beklagte nicht gegen die Unterlassungsverpflichtung verstoßen. Sie hat mit der § 8 Abs. 1 Satz 1 ZKG entsprechenden Definition des Lastschriftbegriffs im "Glossar der hier verwendeten Begriffe", auf das sie zu Beginn der Entgeltinformation verweist, zumindest eine dem vorbehaltenen Klammerzusatz gleichwertige Erläuterung einbezogen. Die Definition im Glossar stimmte zwar im Wortlaut nicht mit dem Vorbehalt der Unterlassungserklärung überein. Die Auslegungen sowohl der Unterlassungserklärung als auch der - im Sinne des im zugehörigen Glossar definierten Begriffe verstandenen - Entgeltinformation führte aber zur inhaltlichen Übereinstimmung.
Der nach dem Verständnis der Parteien mit der Unterlassungserklärung angestrebte Erfolg bezog sich insoweit unzweifelhaft darauf, dass Kreditinstitute Entgelte nur für Storno- und Korrekturbuchungen fordern dürfen, die auf Veranlassung des Kunden fehlerfrei durchgeführt werden. Erkennbar keine Entgelte dürfen Kreditinstitute dagegen für Storno- und Korrekturbuchungen fordern, die sie im eigenen Interesse oder aufgrund gesetzlicher Verpflichtung vornehmen (vgl. BGH, Urt. v. 27.1.2015 - XI ZR 174/13 und v. 28.7.2015 - VI ZR 434/14). Diesem Ziel wurde durch die Bezugnahme auf das Glossar ausreichend Rechnung getragen. Ihm kam dieselbe Funktion wie dem in der Unterlassungserklärung ausdrücklich vorbehaltenen Klammerzusatz zu.
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Landesrechtsprechung Baden-Württemberg
Am 11.3.2016 hatte sich die Beklagte in einer strafbewehrten Unterlassungserklärung gegenüber dem klagenden Verbraucherschutzverband nach § 4 Abs. 2 UKlaG verpflichtete, die Klausel
"Lastschrifteinlösung (Buchungsposten) 0,30"
und/oder eine inhaltsgleiche Klausel nur noch mit dem Klammerzusatz zu verwenden:
"Wird nur erhoben, wenn die Buchungen vereinbarungsgemäß und im Auftrag des Kunden erfolgen. Für fehlerhafte Buchungen sowie Korrektur- und Stornobuchungen wird kein Entgelt erhoben."
Die Beklagte verpflichtete sich zudem zur Zahlung einer Vertragsstrafe von 5.001 € für jede Zuwiderhandlung.
Im September 2020 sah der Kläger in den Formulierungen der Beklagten in einer Entgeltinformation eine Zuwiderhandlung. Er war der Ansicht, die Vertragsstrafe sei verwirkt. Der Verstoß liege darin, dass die Beklagte die beanstandeten Sekundärklauseln nicht mit einem klarstellenden Zusatz versehen habe. Nach der kundenfeindlichsten Auslegung bepreise die Beklagte Storno- und Berichtigungsbuchungen, ferner auch solche Buchungen, die auf ihr Fehlverhalten zurückzuführen seien. Bei der Entgeltinformation handele es sich auch um verwendete Allgemeine Geschäftsbedingungen, in ihnen werde der Begriff "Lastschrift" nicht definiert.
Das LG hat die Zahlungsklage abgewiesen.
Die Gründe:
Die Beklagte hat die mit der Klage begehrte Vertragsstrafe nicht gem. § 339 Satz 2 BGB verwirkt. Ein Verstoß gegen die strafbewehrte Unterlassungserklärung lag seitens der Beklagten nicht vor.
Die Auslegung der hier maßgeblichen Erklärung nach §§ 133, 157 BGB ergab, dass die Beklagte sich verpflichtet hatte, eine Klausel zu unterlassen, nach der Lastschrifteinlösungen nicht nur dann Gebühren auslösen, wenn sie im Auftrag des Kunden oder dessen Interesse korrekt ausgeführt werden, sondern auch dann, wenn es sich um von der Beklagten veranlasste Storno- oder Korrekturbuchungen handelt, oder der Kunde dies jedenfalls so verstehen kann (vgl. OLG Stuttgart, Urt. v. 10.7.2024 - 9 UKl 2/24).
Infolgedessen hat die Beklagte nicht gegen die Unterlassungsverpflichtung verstoßen. Sie hat mit der § 8 Abs. 1 Satz 1 ZKG entsprechenden Definition des Lastschriftbegriffs im "Glossar der hier verwendeten Begriffe", auf das sie zu Beginn der Entgeltinformation verweist, zumindest eine dem vorbehaltenen Klammerzusatz gleichwertige Erläuterung einbezogen. Die Definition im Glossar stimmte zwar im Wortlaut nicht mit dem Vorbehalt der Unterlassungserklärung überein. Die Auslegungen sowohl der Unterlassungserklärung als auch der - im Sinne des im zugehörigen Glossar definierten Begriffe verstandenen - Entgeltinformation führte aber zur inhaltlichen Übereinstimmung.
Der nach dem Verständnis der Parteien mit der Unterlassungserklärung angestrebte Erfolg bezog sich insoweit unzweifelhaft darauf, dass Kreditinstitute Entgelte nur für Storno- und Korrekturbuchungen fordern dürfen, die auf Veranlassung des Kunden fehlerfrei durchgeführt werden. Erkennbar keine Entgelte dürfen Kreditinstitute dagegen für Storno- und Korrekturbuchungen fordern, die sie im eigenen Interesse oder aufgrund gesetzlicher Verpflichtung vornehmen (vgl. BGH, Urt. v. 27.1.2015 - XI ZR 174/13 und v. 28.7.2015 - VI ZR 434/14). Diesem Ziel wurde durch die Bezugnahme auf das Glossar ausreichend Rechnung getragen. Ihm kam dieselbe Funktion wie dem in der Unterlassungserklärung ausdrücklich vorbehaltenen Klammerzusatz zu.
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