23.11.2023

Verwendung einer Weingut-Bezeichnung auch bei Kelterung bei anderem Weinerzeuger zulässig

Ein Weinerzeuger darf seinen eigenen Weinbaubetrieb auch dann angeben, wenn die Kelterung in den Betriebsräumen eines anderen Weinerzeugers erfolgt. Dies setzt allerdings voraus, dass während der erforderlichen Zeit nur der namensgebende Weinerzeuger die angemietete Kelteranlage nutzt und die Kelterung unter seiner Leitung und seiner engen und ständigen Überwachung stattfindet.

EuGH v. 23.11.2023 - C-354/22
Der Sachverhalt:
Die Klägerin, ein Weinerzeuger aus der Moselregion, verwendet die Angaben "Weingut" und "Gutsabfüllung" für Wein, den sie aus Trauben erzeugt, die von Rebflächen stammen, die sie etwa 70 km von ihrem eigenen Betrieb entfernt gepachtet hat. Aufgrund eines Vertrags werden die angepachteten Rebflächen von ihrem Eigentümer nach den Vorgaben der Klägerin als namensgebenden Weinerzeugerin angebaut. Nach der Weinlese steht eine angemietete Kelteranlage für einen Zeitraum von 24 Stunden ausschließlich für die Verarbeitung der Trauben von den gepachteten Rebflächen nach den önologischen Vorgaben der Klägerin zur Verfügung. Diese befördert anschließend den hergestellten Wein zu ihren Betriebsräumen.

Nach Auffassung des beklagten Landes Rheinland-Pfalz darf die Klägerin die fraglichen Angaben nicht für den in den Betriebsräumen des anderen Weinerzeugers hergestellten Wein verwenden. Damit bestimmte Angaben, die wie beispielsweise "Weingut" auf einen namensgebenden Weinbaubetrieb verweisen, verwendet werden dürfen, verlangt das Unionsrecht nämlich, dass das Weinbauerzeugnis ausschließlich aus Trauben gewonnen wird, die von Rebflächen dieses Betriebs stammen, und die Weinbereitung vollständig in diesem Betrieb erfolgt.

Das mit der Sache befasset BVerwG hat das Verfahren ausgesetzt und dem EuGH Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt.

Die Gründe:
Nach dem Unionsrecht sind die fraglichen Angaben, die eine höhere Qualität gewährleisten sollen, Weinbauerzeugnissen mit geschützter Ursprungsbezeichnung (g. U.) oder geschützter geografischer Angabe (g. g. A.) vorbehalten. Das Verwaltungsgericht hat zu prüfen, ob die Rebflächen, die in 70 km Entfernung von dem namensgebenden Weinbaubetrieb angepachtet wurden, von dessen g. U. oder g. g. A. erfasst sind.

Der Begriff des Betriebs und damit die Verwendung der fraglichen Angaben ist nicht auf die Flächen beschränkt, die im Eigentum des namensgebenden Weinerzeugers stehen oder sich in deren Nähe befinden. Sie können sich auch auf Rebflächen erstrecken, die an einem anderen Ort gepachtet sind, sofern die Arbeiten der Bewirtschaftung und Ernte der Trauben unter der tatsächlichen Leitung, der engen und ständigen Überwachung und der Verantwortung des namensgebenden Weinerzeugers erfolgen.

Wenn diese Voraussetzungen bei der Kelterung in einer für einen kurzen Zeitraum bei einem anderen Betrieb angemieteten Kelteranlage erfüllt sind und diese Kelteranlage für die erforderliche Zeit ausschließlich dem namensgebenden Weinbaubetrieb zur Verfügung gestellt wird, dann kann davon ausgegangen werden, dass die Weinbereitung vollständig im namensgebenden Weinbaubetrieb erfolgt ist.

Dieselben Voraussetzungen gelten darüber hinaus dann, wenn Mitarbeiter des die Kelteranlage vermietenden Weinbaubetriebs die Kelterung durchführen. Dieser Vorgang muss nach den eigenen Vorgaben des namensgebenden Weinbaubetriebs erfolgen. Dieser Betrieb darf sich nicht darauf beschränken, auf etwaige Anweisungen des die Kelteranlage vermietenden Weinbaubetriebs zu verweisen.

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EuGH PM Nr. 178 vom 23.11.2023
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