20.11.2023

Warenautomatenkiosk als Verkaufsstelle

Ein als solcher bezeichneter "Automatenkiosk", bei dem ohne den Einsatz von Verkaufspersonal in einem dafür vorgesehenen, allgemein zugänglichen Ladenlokal Waren aus einem Sortiment von mehreren hundert Artikeln mittels mehrerer funktional miteinander verbundener automatischer Ausgabegeräte kaufweise an Personen abgegeben werden, die zuvor mithilfe eines dort befindlichen "Bestellterminals" den Kaufvorgang eingeleitet und den Kaufpreis entrichtet haben, ist eine Verkaufsstelle i.S.d. § 2 Abs 1 des Hamburgischen Gesetzes zur Regelung der Ladenöffnungszeiten. Das Feilhalten von Waren i.S.d. § 2 Abs 1 Nr 2 des Hamburgischen Gesetzes zur Regelung der Ladenöffnungszeiten erfordert keinen direkten Kontakt von Kunden zu einer Verkaufsperson.

VG Hamburg v. 3.11.2023 - 7 E 3608/23
Der Sachverhalt:
Die antragstellende GmbH betreibt eine Verkaufsstelle mit einem sog. Warenautomatenkiosk. Wesentlich für das Betriebskonzept ist, dass ohne den Einsatz von Verkaufspersonal in einem dafür vorgesehenen, allgemein zugänglichen Geschäftsraum Waren mittels mehrerer funktional miteinander verbundener automatischer Ausgabegeräte kaufweise an Personen abgegeben werden. Diese müssen zuvor mithilfe eines dort befindlichen "Bestellterminals" den Kaufvorgang eingeleitet und den Kaufpreis entrichtet haben. Das Sortiment umfasst, soweit ersichtlich, jeweils eine Mehrzahl an Erfrischungs- und alkoholischen (Misch-)Getränken, Snacks, Fertiggerichten, nikotinhaltigen Genussmitteln, Hygieneartikeln und der sexuellen Stimulation dienlichen Gegenständen.

Die Antragsgegnerin ordnete die Schließung der Filiale an Sonn- und Feiertagen an. Hiergegen wendet sich die Antragsstellerin mit ihrem Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes.

Das VG wies den Antrag ab.

Die Gründe:
Die Öffnung des streitgegenständlichen "Automatenkiosks" an Sonn- und Feiertagen verstößt gegen § 3 Abs. 2 Nr. 1 des Hamburgischen Gesetzes zur Regelung der Ladenöffnungszeiten (HmbLadÖffG). Dort ist geregelt, dass Verkaufsstellen - vorbehaltlich der hier nicht einschlägigen Ausnahmen nach §§ 4-8 HmbLadÖffG - an Sonn- und Feiertagen für den geschäftlichen Verkehr mit Kunden geschlossen sein müssen. Denn der unter der Marke "X" betriebene "Automatenkiosk" ist eine Verkaufsstelle i.S.d. Gesetzes.

Verkaufsstellen i.S.d. sind nach der Begriffsbestimmung in § 2 Abs. 1 HmbLadÖffG insbesondere (Nr. 1) Ladengeschäfte aller Art, Apotheken, Tankstellen und Bahnhofsverkaufsstellen, und (Nr. 2) sonstige Verkaufsstände und -buden, Kioske, Basare und ähnliche Einrichtungen gewerblicher Art, falls in ihnen ebenfalls von einer festen Stelle aus ständig Waren zum Verkauf an jedermann feilgehalten werden. Diese Begriffsdefinition kennzeichnet die aufgezählten Erscheinungsformen von Verkaufsstellen durch die Voranstellung des Worts "insbesondere" zunächst als Regelbeispiele und unterstreicht damit, dass es nicht in erster Linie auf die Zuordnung einer Einrichtung zu einem der genannten Phänomene, sondern auf die Erfüllung der in § 2 Abs. 1 Nr. 2 a.E. HmbLadÖffG genannten abstrakten Merkmale - das ständige Feilhalten von Waren zum Verkauf an jedermann von einer festen Stelle in einer (wie die Regelbeispiele gegenständlichen) Einrichtung - ankommen muss.

Dem tendenziell illustrativen Charakter der Aufzählung entspricht es, dass die genannten Begriffe Verkaufsstellen nach unterschiedlichen Ordnungskategorien gruppieren (teilweise sortimentsbezogen, teilweise nach der räumlichen Gestaltung) und sich die Begriffe dabei überschneiden (Ladengeschäfte aller Art und Apotheken bzw. Verkaufsstände und Basare) oder aber als tautologische Klarstellung erscheinen (Bahnhofsverkaufsstellen). Dieses Verständnis der Vorschrift - Nennung der materiellen Tatbestandsmerkmale am Ende eines Regelbeispielkatalogs - war bereits für die gleichermaßen aufgebaute Definition der Verkaufsstelle in § 1 LSchlG anerkannt. Es findet sich schließlich auch in der Begründung des Senats der Antragsgegnerin zum (unverändert beschlossenen) Entwurf des Ladenöffnungsgesetzes, wonach "[d]urch den Verzicht auf eine" - gemeint ist wohl: abschließende, katalogartige - "Legaldefinition den Veränderungen im Wirtschaftsleben durch Zuordnung unter den abstrakten Begriff Rechnung getragen" werde. Auch die Gesetzesbegründung hebt hervor, prägend sei "das Vorliegen einer auf Dauer angelegten festen Einrichtung, in der der Verkauf von Waren an Jedermann in Betracht kommt".

Diese tatbestandlichen Merkmale einer Verkaufsstelle i.S.v. § 2 Abs. 1 HmbLadÖffG erfüllt der streitgegenständliche "Automatenkiosk", insbesondere werden in ihm auch ohne Verkaufspersonen Waren "feilgehalten"; den vom Ladenöffnungsgesetz womöglich nicht erfassten Warenautomaten ist er hingegen nicht zuzuordnen, sondern ist den in § 2 Abs. 1 HmbLadÖffG ausdrücklich genannten Regelbeispielen jedenfalls hinreichend ähnlich. Damit sind nicht nur die Stetigkeit, die Verwendung einer örtlich festen Verkaufsvorrichtung und der grundsätzlich unbeschränkte Kundenkreis im Einzelhandel zu bejahen, sondern auch das tatbestandlich erforderliche Feilhalten von Waren. Mit diesem Rechtsbegriff knüpft der hamburgische Gesetzgeber, wie die Antragstellerin zu Recht hervorhebt, an das Ladenschlussgesetz des Bundes an. Im ladenschlussrechtlichen Sinne wird eine Ware feilgehalten, wenn sie äußerlich erkennbar zum sofortigen Verkauf bereitgestellt wird, was hier der Fall ist. Dass das Feilhalten, wie die Antragstellerin meint, darüber hinaus einen direkten Kontakt zwischen dem Kunden und einer Verkaufsperson - also nicht nur den unmittelbaren Kundenkontakt zur Verkaufsstelle - voraussetzt, ist hingegen nicht anzunehmen.

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