27.02.2015

Weitergabe von Arzneimitteln zwischen Inlands-Apotheke und Apotheke im EU-Ausland kann zulässig sein

Eine inländische Apotheke darf auf Bestellung ihrer Kunden Arzneimittel von einer Apotheke aus dem EU-Ausland (hier: Ungarn) beziehen und die bestellten Medikamente mit Rechnung der Bezugsapotheke an die Kunden abgeben. Dieses Kooperationsmodel verstößt nicht gegen die Verpflichtung, die Apotheke persönlich und eigenverantwortlich zu leiten.

BVerwG 26.2.2015, 3 C 30.13
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist selbstständige Apothekerin. Sie hatte ihren Kunden seit 2008 angeboten, Medikamente kostengünstiger bei einer Apotheke in Budapest zu bestellen. Im Fall einer Bestellung beschaffte sie die Arzneimittel über Großhändler in Deutschland und ließ sie an die ungarische Apotheke und von dort wieder zurück an ihre Apotheke liefern. Vor der Aushändigung an die Kunden überprüfte sie die Medikamente im Hinblick auf die Unversehrtheit der Verpackung, das Verfallsdatum sowie mögliche Wechselwirkungen. Die Kunden erhielten eine Rechnung der ungarischen Apotheke.

Im Juli 2009 untersagte das zuständige Landratsamt der Klägerin u.a., die aus Ungarn bezogenen Arzneimittel mit Rechnung der Budapester Apotheke abzugeben. Zur Begründung hieß es, dass die Klägerin nach den Vorschriften des Apothekengesetzes und der Apothekenbetriebsordnung zur persönlichen und eigenverantwortlichen Leitung ihrer Apotheke verpflichtet sei. Sie dürfe deshalb Medikamente nur auf eigene Rechnung abgeben.

Das VG gab der hiergegen gerichteten Klage teilweise statt; der VGH hob das Verbot insgesamt auf. Das BVerwG wies die Revision des Landratsamtes zurück.

Die Gründe:
Die angefochtene Untersagung war rechtswidrig.

Die von der Klägerin praktizierte Abgabe von Arzneimitteln auf Rechnung einer fremden Apotheke verstieß nicht gegen die Verpflichtung, die Apotheke persönlich und eigenverantwortlich zu leiten. Nach den Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts hat die Klägerin ihre pharmazeutische Verantwortung durchaus wahrgenommen, indem sie die aus Ungarn bezogenen Medikamente auf Eignung, Qualität und Unbedenklichkeit überprüft sowie die Kunden erforderlichenfalls hinsichtlich Wirkungen und Wechselwirkungen informiert und beraten hatte.

Unerheblich war auch, dass der Vertrag, den die Kunden über den Kauf der Arzneimittel abgeschlossen hatten, mit der Apotheke in Budapest zustande gekommen war. Die rechtliche Verantwortung der Klägerin blieb davon unberührt. Sie hatte nicht nur öffentlich-rechtlich für eine ordnungsgemäße und sichere Arzneimittelabgabe einzustehen, sondern trug aus dem mit den Kunden geschlossenen Dienstleistungsvertrag auch entsprechende vertragliche Verpflichtungen.

Letztlich beschränkte das Kooperationsmodell die Klägerin auch nicht in ihrer wirtschaftlichen und unternehmerischen Unabhängigkeit. Denn ein Verstoß gegen das Verbot, Arzneimittel von einer anderen Apotheke zu beziehen, lag ebenfalls nicht vor. Nach der Apothekenbetriebsordnung gilt das Verbot nämlich nicht für Arzneimittel, die im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs beschafft werden. Das war hier der Fall, da die Abgabe von Arzneimitteln an den Endverbraucher zum Kerngeschäft einer Apotheke gehört und die Weitergabe der Arzneimittel von der ungarischen Apotheke an die Klägerin nur auf vorherige Kundenbestellung erfolgte.

Linkhinweis:

Auf den Webseiten des BVerwG finden Sie den Volltext der Pressemitteilung.

BVerwG PM Nr. 14 vom 26.2.2015
Zurück