08.01.2018

Widerruf eines zum Autokauf abgeschlossenen Darlehensvertrags

Die zweiwöchige Frist für den Widerruf eines Darlehensvertrags, den ein Autokäufer zwecks Finanzierung bei der Hausbank des Fahrzeugherstellers abgeschlossen hat, beginnt nicht zu laufen, wenn in dem Vertrag nicht hinreichend erläutert wird, wie eine sogenannte Vorfälligkeitsentschädigung berechnet wird und wenn der Verbraucher nicht in der gebotenen Weise über ein gesetzliches Kündigungsrecht aufgeklärt wird.

LG Berlin 5.12.2017, 4 O 150/16
Der Sachverhalt:
Der Kläger kaufte im Sommer 2014 einen VW Touran zum Preis von 22.800 €. Einen Teilbetrag i.H.v. 8.000 € zahlte er direkt an das Autohaus. Den restlichen Kaufpreis von 14.800 € finanzierte er über einen Darlehensvertrag, den er mit einer Bank des Herstellers und auf Vermittlung des Autohauses abschloss. Den Unterlagen für den Darlehensvertrag waren die Europäischen Standardinformationen für Verbraucherkredite und eine Widerrufsbelehrung beigefügt.

Mit Schreiben vom 30.3.2016 widerrief der Kläger seine Willenserklärung auf Abschluss des Darlehensvertrages und forderte die Bank unter Fristsetzung auf, den Vertrag rückabzuwickeln. Da die Bank dies ablehnte, erhob er Klage. Er macht u.a. die Rückzahlung von ca. 17.300 € geltend, nämlich der geleisteten Anzahlung von 8.000 € sowie von gezahlten Raten i.H.v. insgesamt ca. 9.300 €. Der Kläger ist der Auffassung, er müsse keine Entschädigung dafür zahlen, dass er das Fahrzeug inzwischen drei Jahre genutzt habe.

Das LG gab der Klage teilweise statt und verurteilte die Beklagte rd. 12.400 € an den Kläger zurückzuzahlen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Die Gründe:
Der Widerruf muss zwar grundsätzlich innerhalb von zwei Wochen erklärt werden. Die Widerrufsfrist hat jedoch nicht zu laufen begonnen, da dem Kläger als Verbraucher nicht die erforderlichen Pflichtangaben zur Verfügung gestellt worden sind.

Zum einen ist der Kläger nicht klar und verständlich über alle Möglichkeiten aufgeklärt worden, den Vertrag durch Kündigung zu beenden. Es fehlt der Hinweis darauf, dass der Verbraucher den Vertrag als sog. Dauerschuldverhältnis aus wichtigem Grund kündigen kann. Die gegenteilige Auffassung, wonach über dieses besondere Kündigungsrecht nicht aufgeklärt werden müsse, überzeugt nicht. Vielmehr ist eine Auslegung geboten, die sich an europäischem Recht orientiert und die Verbraucherkreditrichtlinie 2008/48/EG berücksichtigt.

Im Übrigen sind auch die Angaben darüber, wie die sog. Vorfälligkeitsentschädigung berechnet wird, die die Bank im Falle einer vorzeitigen Kündigung als Ausgleich für dadurch entgehende Zinsen erhält, nicht ausreichend. Zwar muss die Bank nicht die finanzmathematische Formel detailliert angeben; es muss aber zumindest erkennbar sein, welche Methode die Bank zur Berechnung anwenden will. Dies lässt sich den Angaben nicht entnehmen.

Als Folge des wirksam erklärten Widerrufs kann der Kläger die geleistete Anzahlung und die gezahlten Raten i.H.v. insgesamt rd. 17.300 € zurückverlangen. Von diesem Betrag sind jedoch die nach dem Darlehensvertrag geschuldeten Zinsen i.H.v. rd. 1.000 € abzuziehen. Darüber hinaus ist der Rückzahlungsbetrag um eine Wertentschädigung für die mit dem Fahrzeug zurückgelegten Kilometer zu verringern, da es sich um einen mit dem Darlehensvertrag verbundenen Kaufvertrag handelt.

Der Kläger hat nicht nur geprüft, ob das Fahrzeug ordnungsgemäß funktioniert und die vereinbarten Eigenschaften aufweist, sondern er hat das Fahrzeug dauerhaft genutzt. Ein Kunde soll zwar nicht von seinem Widerrufsrecht abgehalten werden, wenn er befürchten muss, dass er schon dann einen Wertersatz leisten muss, wenn er die Ware nur prüft, wie ihm das auch in einem Ladengeschäft möglich ist. Nutzt er die Ware jedoch in einem Umfang, der über die Möglichkeiten bei einem Ladengeschäft (bei einem Autokauf z.B. durch Probefahrt mit einem roten Kennzeichen) hinausgeht, muss er Wertersatz leisten.

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KG Berlin PM Nr. 74 vom 5.12.2017
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