29.08.2025

Wirecard-Aktionärin hat keinen Anspruch auf Schadensersatz gegenüber der BaFin

Eine Wirecard-Aktionärin hat keinen Schadensersatzanspruch wegen Amtspflichtverletzung gegen die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Es liegt keine schuldhafte Amtspflichtverletzung vor. Darüber hinaus fehlt es an der Kausalität und dem Zurechnungszusammenhang zwischen der behaupteten Amtspflichtverletzung und dem geltend gemachten Schaden.

OLG Düsseldorf v. 27.8.2025 - I-18 U 108/24
Der Sachverhalt:
Die Klägerin erwarb im Jahr 2016 100 Aktien der Wirecard AG, im Jahr 2019 weitere 40. Nachdem die Insolvenz von Wirecard bekannt wurde, veräußerte die Klägerin am 19.8.2020 ihre Aktien mit hohem Wertverlust. 

Mit ihrer Klage fordert sie für die im Jahr 2019 zugekauften Aktien von der beklagten BaFin Schadensersatz wegen Amtspflichtverletzungen. Sie macht geltend, die BaFin habe durch den fehlerhaften Erlass eines Leerverkaufsverbots sowie durch eine Strafanzeige gegen Redakteure der Financial Times bei ihr den Eindruck erweckt, die Vorwürfe gegen Wirecard aus Artikeln der Financial Times stünden im Zusammenhang mit einer Short-Selling-Attacke und seien nicht glaubhaft. Unter diesem Eindruck habe sie die weiteren 40 Akten 2019 zugekauft und auch in der Folgezeit der negativen Berichterstattung keine wesentliche Beachtung mehr geschenkt.

Das LG wies die Klage ab. Die Berufung der Klägerin hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Die Revision wurde nicht zugelassen, die Klägerin kann jedoch innerhalb eines Monats ab Zustellung des Urteils Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH einlegen.

Die Gründe:
Das LG hat zu Recht das Vorliegen einer schuldhaften Amtspflichtverletzung verneint. Es fehlt darüber hinaus an der Kausalität und dem Zurechnungszusammenhang zwischen der behaupteten Amtspflichtverletzung und dem geltend gemachten Schaden.

So war die Anordnung eines Leerverkaufsverbots (Art. 20 VO (EU) Nr. 236/2012, Leerverkaufs-VO) wegen einer möglichen bevorstehenden Short-Selling-Attacke aus der maßgeblichen ex-ante-Perspektive vertretbar. Bei der Wirecard AG handelte es sich um ein Unternehmen im DAX 30 mit hoher Marktkapitalisierung, dessen Kurs erheblich (40 %) eingebrochen war und das zu den größten und liquidesten Unternehmen des deutschen Aktienmarktes gehörte. Nachdem die Wirecard AG bereits in den Jahren 2008 und 2016 unstreitig das Ziel von Short-Selling-Attacken war, war es vertretbar anzunehmen, dass wegen der mehrfachen negativen Berichtserstattung und dem starken Anstieg von Netto-Leerverkaufspositionen im Anschluss an die Berichterstattung der Financial Times eine weitere Short-Attacke gegen die Wirecard AG bevorstand. Eine Amtspflichtverletzung liegt auch nicht darin, dass die BaFin Strafanzeige gegen Journalisten der Financial Times erstattet hat, da sie hierzu bei Vorliegen eines entsprechenden Verdachts verpflichtet war.

Schließlich waren die behaupteten Pflichtverletzungen auch nicht kausal für den Schadenseintritt. Der Vortrag der Klägerin, dass bei einem Unterlassen der streitgegenständlichen Maßnahmen eine Abwärtsspirale des Kurses der Aktie ausgelöst worden wäre und die Banken die Wirecard AG bereits im Frühjahr 2019 nicht weiter finanziert hätten, ist ausschließlich spekulativ. Auch fehlt es am Zurechnungszusammenhang. Hierfür ist entscheidend, dass das Leerverkaufsverbot lediglich eine Beruhigungsfunktion hat und die BaFin dadurch genauso wenig wie mit der Strafanzeige gegen Journalisten eine Aussage über die Validität der Vorwürfe gegen Wirecard getroffen hat.

Mehr zum Thema:

Kurzbeitrag
OLG Stuttgart: Keine Schadensersatzansprüche früherer Wirecard-Aktionäre gegen BaFin
ZIP 2025, R5
ZIP0074636

Rechtsprechung
Keine Haftung der BaFin im Wirecard-Skandal
BGH vom 10.01.2024 - III ZR 57/23
AG 2024, 366
AG0066270

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OLG Düsseldorf PM Nr. 26 vom 27.8.2025