11.09.2020

Zinsanpassungsklauseln der Erzgebirgssparkasse unwirksam

Das OLG Dresden hat sein Urteil im Musterfeststellungsklageverfahren der Verbraucherzentrale Sachsen e.V. gegen die Erzgebirgssparkasse gefällt. Danach ist die von der Sparkasse verwendete Zinsanpassungsklauseln unwirksam.

OLG Dresden v. 9.9.2020 - 5 MK 2/19
Der Sachverhalt:
Das Verfahren betrifft eine Musterfeststellungsklage der Verbraucherzentrale Sachsen e.V. gegen die beklagte Erzgebirgssparkasse. Die Beklagte, ging aus einer Verschmelzung der Kreissparkasse Aue-Schwarzenberg, der Sparkasse Erzgebirge und der Sparkasse Mittleres Erzgebirge hervor, wobei letztere wiederum aus der Verschmelzung der Kreissparkasse Aue und Schwarzenberg und Letztere aus der Verschmelzung der Kreissparkassen Annaberg und Stollberg hervorgegangen ist. Der Kläger begehrt die Feststellung der tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen der Zinsberechnung bei von der Beklagten ausgereichten Sparverträgen "S-Prämiensparen flexibel".

Der Kläger ist der Ansicht, dass die Beklagte bisher die Zinsen aus Sparverträgen falsch berechnet habe. Den Sparverträgen sei eine variable Verzinsung der Spareinlage immanent. Die Anfangszinssätze hingen von dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses ab. Bei Vertragsschluss wurde keine ausdrückliche Zinsanpassungsklausel vereinbart. Zusätzlich zu diesem variablen Zins verpflichtete sich die Beklagte zur Zahlung einer auf die Jahressparleistung bezogenen, verzinslichen "S-Prämie". Diese beginnt nach dem 3. Sparjahr und steigt auf nach dem 15. Sparjahr zu erreichende 50 % der im zurückliegenden Sparjahr erbrachten Einzahlungen an.

Daraus sollen sich für die jeweiligen Sparer abhängig von der Laufzeit des Vertrages und der Höhe der eingezahlten Beiträge Ansprüche auf die Kapitalisierung erheblicher Zinsbeträge ergeben. Der Kläger meint, es sei keine wirksame Zinsänderungsklausel in den Vertrag einbezogen worden. Der Beklagten stehe damit auch kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht zur Seite. Die so entstehende Regelungslücke sei durch eine ergänzende Vertragsauslegung zu schließen. Er legt seiner Berechnung der Zinsforderung die Zinsreihe der Deutschen Bundesbank für Umlaufrenditen inländischer Inhaberschuldverschreibungen/Hypothekenpfandbriefe mit einer mittleren Restlaufzeit von 10 Jahren auf der Basis des gleitenden Durchschnitts zugrunde.

Das OLG gab der Klage überwiegend statt. Die Revision zum BGH wurde zugelassen.

Die Gründe:
Der Senat geht - auch wenn er nicht darüber entscheiden musste, weil dies von der Beklagten auch so anerkannt worden ist - davon aus, dass die Zinsanpassungsklausel nicht wirksam ist. Die dadurch entstehende Regelungslücke in den Sparverträgen muss in den individuellen Klagen der einzelnen Verbraucher auf der Grundlage eines angemessenen in öffentlich zugänglichen Medien abgebildeten Referenzzinsatzes, der dem konkreten Geschäft möglichst nahe kommt, gefüllt werden.

Die Anträge, die Grundsätze der Zinsanpassung verbindlich zu definieren, hatten keinen Erfolg, weil die besonderen Bedingungen eines jeden einzelnen Vertrages zu berücksichtigen sind. Daher verbietet sich eine generalisierende Feststellung. Dagegen wurde die Auffassung des Klägers bestätigt, dass die Verjährung erst mit der Beendigung des Sparvertrages beginnt. Das hat zur Folge, dass die Zinsneuberechnung bis in das Jahr 1994 zurückgehen kann.

Hintergrund:
Mehr als 1800 Verbraucher haben ihre Ansprüche über das Klageregister für die vorliegende Verbandsklage angemeldet. Den Rechtsstreit über die Höhe des individuellen Anspruchs müssen die Verbraucher später selbst führen. Über zwei parallel gelagerten Fall hatte das OLG bereits im April und Juni dieses Jahres verhandelt und die Zinsanpassungsklauseln ebenso als unwirksam angesehen
OLG Dresden PM vom 9.9.2020
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