04.09.2012

Zu den Offenlegungspflichten kapitalmarktorientierter Unternehmen

Wegen der Vorbehaltsregelung des § 37 v Abs. 1 S. 1 letzter Hs. WpHG ist die BaFin nicht ermächtigt, gegen Unternehmen, die als Inlandsemittenten nach HGB publizitätspflichtig sind, zur Erfüllung der Offenlegungspflichten nach § 37 v Abs. 1 S. 1 WpHG einzuschreiten. Die Vorschrift ist insoweit angesichts des eindeutigen Wortlautes und der Gesetzesbegründung auch nicht einer abweichenden europarechtskonformen Auslegung zugänglich.

OLG Frankfurt a.M. 28.6.2012, WpÜG 8/11
Der Sachverhalt:
Die Beschwerdeführerin ist ein Unternehmen mit Sitz in Deutschland, dessen Aktien an einer inländischen Börse zum Handel im regulierten Markt zugelassen sind. Nachdem die BaFin festgestellt hatte, dass die Beschwerdeführerin ihre Verpflichtungen zur Finanzberichterstattung als kapitalmarktorientiertes Unternehmen für die Geschäftsjahre 2008 und 2009 nicht ordnungsgemäß erfüllt hatte, ordnete sie nach vorausgegangener Anhörung im September 2009 an, dass die Beschwerdeführerin die dort näher bezeichneten zehn Finanzberichterstattungspflichten nach §§ 37v - 37z WpHG fristgerecht zu erfüllen und deren Erfüllung nachzuweisen habe.

Gegen diesen Grundverwaltungsakt legte die Beschwerdeführerin keinen Widerspruch ein, so dass er bestandskräftig wurde. Die Beschwerdeführerin zahlte das auferlegte Zwangsgeld, und nachdem sie die Pflichten weiterhin nicht erfüllt hatte, setzte die BaFin weitere Zwangsgelder fest, die die Beschwerdeführerin allesamt zahlte. Erst gegen den Festsetzungsbescheid aus Dezember 2010 legte sie fristgerecht Widerspruch ein. Die BaFin wies den Widerspruch jedoch ab.

Gegen den Zwangsgeldfestsetzungsbescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids legte die Beschwerdeführerin Beschwerde ein, mit der sie im Wesentlichen geltend machte, aus dem Wortlaut des § 37v WpHG ergebe sich, dass die dortigen Regelungen subsidiär gegenüber den Regelungen des § 325 HGB seien, so dass zuständige Aufsichts- und Vollstreckungsbehörde das Bundesamt für Justiz und nicht die BaFin sei. Das OLG hob daraufhin den Zwangsgeldfestsetzungsbescheid auf, soweit darin wegen Zuwiderhandlung gegen die Vorschrift des § 37v Abs. 1 S. 1 WpHG ein Zwangsgeld von 24.000 € festgesetzt worden war.

Die Gründe:
Die angefochtene Verfügung hinsichtlich der Festsetzung des ersten Zwangsgeldes i.H.v. 24.000 € wegen Nichterfüllung der Verpflichtung, den Jahresfinanzbericht für das Geschäftsjahr 2008 zu erstellen und der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen, war aufzuheben, weil insoweit ein Ermessensfehler vorlag.

Die BaFin hatte nicht nur bei Erlass der Grundverfügung aus September 2009, sondern auch noch im Zeitpunkt der Festsetzung des Zwangsgeldes nicht erkannt, dass es für den Erlass des diesbezüglichen Teils der Grundverfügung nach § 37v Abs. 1 S. 1 WpHG an einer wirksamen Ermächtigungsgrundlage fehlte. Der Vorbehalt im letzten Hs. des § 37v Abs. 1 S. 1 WpHG nimmt ausdrücklich solche Unternehmen von der Verpflichtung aus, die nach den handelsrechtlichen Vorschriften zur Offenlegung der in § 37v Abs. 2 WpHG genannten Rechnungslegungsunterlagen verpflichtet sind. Hierzu zählen alle Kapitalgesellschaften, die ihren Sitz in der Bundesrepublik Deutschland haben, da diese nach § 325 HGB zur Offenlegung eines Jahresabschlusses verpflichtet sind. Damit unterfallen bereits nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut die schon nach HGB publizitätspflichtigen Kapitalgesellschaften mit Sitz in Deutschland nicht der Verpflichtung des § 37v Abs. 1 S. 1 WpHG.

Darüber hinaus ergab sich auch aus der Gesetzesbegründung, dass die nach HGB offenlegungspflichtigen Unternehmen von der Verpflichtung des § 37v Abs. 1 S. 1 WpHG nicht erfasst werden. Infolgedessen sprachen sowohl der Wortlaut als auch die Gesetzesbegründung dafür, dass der Anwendungsbereich des § 37v Abs. 1 S. 1 WpHG sich auf Unternehmen beschränkt, die ihren Satzungssitz nicht in Deutschland haben und deshalb nicht nach HGB publizitätspflichtig sind. Über diese gesetzliche Kompetenzabgrenzung hatte die BaFin sich mit den Erlass der Grundverfügung aus September 2009 hinweggesetzt. Entgegen ihrer Auffassung konnte diese eindeutig vorgegebene gesetzliche Zuständigkeitsregelung auch nicht im Wege einer europarechtskonformen Auslegung außer Kraft gesetzt werden.

Linkhinweis:

Hessenrecht Landesrechtsprechungsdatenbank
Zurück